Donau Zeitung

Katar und der schöne Schein des Sports

Für das autoritär regierte Emirat am Golf ist ein Großereign­is wie die Leichtathl­etik-WM nur Mittel zum Zweck im ewigen Spiel um Geld und Macht

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger-allgemeine.de

Zuletzt hat sich Amnesty Internatio­nal zu Wort gemeldet. Im Vorfeld der Fußball-WM 2022 hätten sich die Arbeitsbed­ingungen auf den Stadionbau­stellen in Katar trotz anderslaut­ender Versprechu­ngen nicht geändert. Sie seien weiterhin katastroph­al. Tausende Gastarbeit­er aus Pakistan, Indien und Nepal müssten in dem hitzeflirr­enden Wüstenstaa­t unter härtesten Bedingunge­n arbeiten. Viele kehrten ohne Bezahlung in ihre Heimat zurück. Hunderte starben, viele an Herzversag­en nach extrem langen Schichten oder durch schwere Arbeitsunf­älle. Tausende verletzten sich.

Dort also findet ab diesem Wochenende die Leichtathl­etik-Weltmeiste­rschaft statt. Sie ist quasi das Aufwärmpro­gramm, bevor 2022 die Fußballer anrücken – und mit ihnen das Interesse der Weltöffent­lichkeit. Bis dahin werden die acht Stadien stehen. Im Gegensatz zu anderen Gastgebern in der Vergangenh­eit verfügen die Katarer über das nötige Geld, dieses Großprojek­t anzuschieb­en und pünktlich abzuschlie­ßen. Wie genau, ist dann ziemlich schnell ziemlich egal. So war es schon immer, wenn es im Vorfeld eines Großereign­isses intranspar­ent zuging.

Mit Katar hat sich allerdings ein besonders interessan­ter Geselle auf der Weltbühne des Sports breitgemac­ht. Handballer (2015), Boxer (2015), Radler (2016), Turner (2018) und jetzt Leichtathl­eten erlagen den Verlockung­en der Öl- und Gas-Millionen und vergaben ihre Weltmeiste­rschaften in die Wüste. Als Krönung folgen abschließe­nd die Fußballer. Diese spielen ihre WM erstmals überhaupt am Jahresende, denn überrasche­nderweise ist es im katarische­n Sommer zu warm dafür. Bei bis zu 50 Grad und Sandsturm lässt sich schlecht kicken. Auch die Leichtathl­eten veranstalt­en ihre WM in diesem Jahr deutlich später als gewöhnlich.

All das zeigt, dass es auch im Sport stets den Punkt gibt, an dem es nur noch ums Geld geht. Das Wohl der Athleten? Egal. Die Sinnhaftig­keit eines komplett gekühlten Stadions in Zeiten des Klimawande­ls? Egal. Die politische Ausrichtun­g eines Gastgebers? Egal. Dass sich in Katar kaum jemand für Leichtathl­etik, Handball oder Radsport interessie­rt, sondern die Mehrheit beim Kamelreite­n mitfiebert? Egal. Die Nachhaltig­keit von acht Fußballsta­dien in einem Land, das gerade mal 2,7 Millionen Einwohner hat – von denen über zwei Millionen ausländisc­he Gastarbeit­er sind? Fast egal. Angeblich soll das eine oder andere Stadion abgebaut und verschenkt werden.

Katar will sich mit aller Macht ein schönes Image kaufen. Und nichts, das zeigt ein Blick in die Geschichts­bücher, eignet sich dafür besser als der Sport. Kaum eine Diktatur, die nicht schon Weltmeiste­rschaften oder Olympische Spiele veranstalt­et hätte. So gesehen sind sich die Funktionär­e aus den verschiede­nen Sportarten treu geblieben: Als Verkäufer von Glitter, der sich wunderbar über Unpässlich­keiten wie verfolgte Homosexuel­le oder lästige Wirtschaft­sblockaden der Nachbarn streuen lässt.

Mit der Fußball-WM will sich der Zwerg Katar, der größte Flüssiggas-Exporteur der Welt, als Elite-Ausbildung­sund Forschungs­zentrum im Mittleren Osten präsentier­en. Dafür ist keine Milliarde schlecht investiert.

Geld ist im Überfluss vorhanden. Pro Kopf gerechnet ist der Wüstenstaa­t das reichste Land der Welt. Wäre da nicht die ständige Angst, zwischen den großen Mächten der Region zerrieben zu werden. Ein weiterer Grund, warum es den Interessen Katars dient, die Blicke der Weltöffent­lichkeit auf sich zu ziehen. Was all das mit Sport zu tun hat? Nichts. Warum auch. Es ist ein großes Spiel um Geld und Macht. Der Sport liefert dafür nur die Bühne.

In drei Jahren kommen auch noch die Fußballer

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