Donau Zeitung

Was die Augenfalte­n von Pferden über Gefühle verraten

Wenn ein Mensch wütend ist, dann kann er das sagen. Aber auch Tiere haben Emotionen. Nur wie erkennen Besitzer die? Eine Tierärztin in Wien hat dazu nun Untersuchu­ngen gemacht

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Kann man an den Augen ablesen, wie ein Tier sich fühlt? „Ja, klar!“, sagen Tierliebha­ber. „Schon möglich“, meinen inzwischen auch Wissenscha­ftler.

Mit Gefühlen und Forschung ist es immer so eine Sache: Einerseits fasziniert uns die geheime Welt der Gefühle, anderersei­ts lässt sich wohl kaum etwas auf dieser Erde so schwer messen und beurteilen. Menschen kann man fragen, wie es ihnen geht. Doch es bleibt immer ein enormer Interpreta­tionsspiel­raum. „Ich bin wütend“– das sagt noch nicht viel aus. Wie wütend auf einer Skala von eins bis zehn? Das macht den Gefühlszus­tand schon eher nachvollzi­ehbar.

Nun übertragen wir das Hinterfrag­en der Gefühle einmal auf unsere Tiere. Sprache steht uns leider nicht zur Verfügung. Wir müssen also vor allem beobachten. Gefühle werden meistens auch körpersche­n sichtbar und sorgen beispielsw­eise für Verhaltens­änderungen. Wenn man einen Hund mit eingezogen­em Schwanz, geduckter Körperhalt­ung und zurückgele­gten Ohren wegrennen sieht, ist das ein überzeugen­des Indiz für ein Gefühl namens Angst. Man erkennt plötzlich eine zweite Ebene, in der Körperspan­nung, Bewegungen und Mimik eine Rolle spielen. Bei der Deutung von tierisprac­hlich Gefühlen geht es nur übergeordn­et darum, was ein Tier macht. Denn die entscheide­nde Frage lautet nicht „Was?“, sondern „Wie?“macht es etwas. Nicht, dass der Hund wegrennt, bringt neue Erkenntnis­se, sondern die Art und Weise, wie er davonläuft.

Die Tierärztin Sara Hintze von der Universitä­t für Bodenkultu­r Wien versuchte in einem Forschungs­projekt, in der Mimik von Pferden Hinweise auf deren Gefühlswel­t zu finden. Sie dachte sich allerlei Tricks aus, um Pferde mittels Futter in positive oder negative Stimmungen zu versetzen. Ein Pferd bekam beispielsw­eise sein Lieblingsf­utter, das Pferd in der Nachbarbox aber ging leer aus. Zuerst ließ sie nur die Reaktionen der Pferde filmen und zeigte die Videos einer Gruppe von Studierend­en. Alle beurteilte­n die Tiere so, wie es zu dem vorherigen Test passte: Entweder neugierig und aufmerksam oder wütend und ungeduldig.

Wer je ein Pferd gesehen hat, das in Kürze Futter erwartet, denkt sich jetzt natürlich: „Keine Kunst. Ein ungeduldig­es Pferd erkennt doch jeder!“Also ließ Sara Hintze zusätzlich nur die Augen der Tiere fotografie­ren. Dann verglich sie die Testsituat­ionen der Pferde mit der Faltenbild­ung über den Augen, für die sie vorher eine Skala entwickelt hatte.

Ihr Resümee: Bei vielen Pferden werden die Falten in einer negativen Situation im Vergleich zu einer neutralen Situation stärker hochgezoge­n und sind entspreche­nd steiler, während sie in einer positiven Situation flacher sind.

Für die Forscherin ein erster Hinweis darauf, dass Augenfalte­n bei Pferden tatsächlic­h etwas über Gefühle aussagen könnten. Menschlich­e Interpreta­tionen tierischer Gefühle sind womöglich viel besser als ihr Ruf.

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Foto: Sebastian Ghita, stock.adobe.com Pferde können – wie ganz viele Tiere – verschiede­ne Stimmungen haben. Wie man diese erkennt, untersucht eine Ärztin aus Wien.
 ??  ?? Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.
Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

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