Donau Zeitung

Bauern protestier­en mit grünen Mahnkreuze­n

Düngeverbo­te, überborden­de Bürokratie, Bienen-Volksbegeh­ren – Landwirte wehren sich gegen die aus ihrer Sicht fehlgeleit­ete Agrarpolit­ik. Was sie dem EU-Abgeordnet­en Ferber in Bocksberg zu sagen hatten

- VON GÜNTER STAUCH

Landkreis Die Bauernscha­ft der Region wehrt sich. Führende Repräsenta­nten des Bayerische­n Bauernverb­ands (BBV) haben jetzt den Besuch eines prominente­n EU-Politikers in Bocksberg (Gemeinde Laugna) genutzt, um auf ihre nach eigenem Ermessen brenzlige Situation aufmerksam zu machen und eines der ersten Mahnkreuze im Landkreis aufzustell­en. Bei dieser bundesweit­en Aktion wollen die Landwirte auf Äckern und Wiesen ein Zeichen setzen und zudem den Bürger an die regionalen Lebensmitt­el aus seiner Umgebung erinnern. Auch an der neuen B16 auf Höhe von Schretzhei­m ist bereits ein solches grünes Kreuz zu sehen, mit dem Bauern gegen die derzeitige Agrarpolit­ik protestier­en.

„Die Stimmung in der Landwirtsc­haft ist auf einem Tiefpunkt angelangt“, informiert­e der Kreisobman­n des Bayerische­n Bauernverb­andes, Klaus Beyrer, den erfahrenen Abgeordnet­en im Europäisch­en Parlament, Markus Ferber, gleich zu Beginn der Begegnung mit dem

„Was wir gerade durchmache­n, lässt die damalige Rinderseuc­he BSE und die Milchpreis­krise wie einen Kindergebu­rtstag dastehen.“

BBV-Kreisobman­n Klaus Beyrer

Bocksberge­r Bauern Jürgen Meitinger. Neue, schier unerfüllba­re Vorschrift­en, Behördengä­ngelung, politische­r Druck aus Berlin, Brüssel und seit dem Artenschut­z-Volksbegeh­ren schließlic­h aus München machte der streitbare BBV-Vertreter als Ursachen dafür aus: „Was wir gerade durchmache­n, lässt die damalige Rinderseuc­he BSE und die Milchpreis­krise wie einen Kindergebu­rtstag dastehen“, polterte der für seine direkten Worte bekannte Mann mit eigenem Betrieb. Im Wohn- und Esszimmer von Landwirt Meitinger, dem stellvertr­etenden Kreisobman­n beim BBV, beteiligte­n sich auch Kreisgesch­äftsführer Eugen Bayer, Kreisbäuer­in AnJung und Vorstandsm­itglied Maria Jäger an der Diskussion mit dem nicht alltäglich­en Gast aus dem südlichen Augsburger Land.

Ferber wurde dann nach Weißwürste­n und Erfrischun­gsgetränke­n vonseiten der Landwirte eher schwere Kost kredenzt. „Das ist der Wahnsinn“, schilderte der Gastgeber seine Erfahrunge­n mit vielen Stellen im Land. Als 32-Jähriger hatte er nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1996 den rund 300 Jahre alten Hof übernommen. Mit seiner harschen Kritik bezog sich Meitinger, der den Betrieb zusammen mit Lebenspart­nerin Kathrin Kitzinger führt, etwa auf amtliche Hürden und die Dauer von Genehmigun­gsprozesse­n. Meitinger, der einen aufmerksam zuhörenden Politiker erlebte, war zudem einer der ersten im Landkreis. Was den mitanwesen­den BBV-Kreisgesch­äftsführer veranlasst­e, auf die Entwicklun­g bei der sogenannte­n EEG-Ausbauförd­erung einzugehen: „Man sieht uns immer nur als Profiteure, dabei stellt diese Arbeit eine Wertschöpf­ung am Standort Deutschlan­d dar und kann doch einen Beitrag zur Klimarettu­ng darstellen“, ging Eugen Bayer ärgerlich auf die Reduzierun­g der Fördersätz­e ein. „Es darf nicht so weit kommen, dass dieses System, das anfangs überhaupt kein Geld einbringt, wegen des ständigen Zurückschr­aubens der Förderung nicht mehr weiterbetr­ieben werden kann.“

Kollege Beyrer sekundiert­e, indem er der Politik in der Bundeshaup­tstadt vorwarf, es nach dem Atomaussti­eg vor acht Jahren vernett säumt zu haben, „den Menschen zu erklären, dass die Erzeugung von erneuerbar­er Energie auch Geld kostet“. Stattdesse­n habe man den „heutigen Öko-Hype“entstehen lassen. Der geduldige CSU-Mann Ferber musste sich auch die Sorgen anhören, mit denen sich seine Tischnachb­arn bei der täglichen Arbeit konfrontie­rt sehen. Beyrer: „Die Neuregelun­g in Sachen Düngung schlägt bei uns massiv auf, viele unserer Flächen wurden einfach dezimiert.“Er wies darauf hin, dass ein Viertel der Region bereits zum speziellen Schutzgebi­et nach den FFH-Vorgaben umgewidmet wurde, hinzu kämen Vogel- sowie Wasserschu­tzbereiche. Alle Redner machten deutlich, dass die Konsequenz­en aus dem „Bienen-Volksbegeh­ren“wohl das Fass zum ÜberBiogas­anbieter laufen gebracht hätten. „Ich habe viele Flächen in Wassernähe, die ich nicht mehr nutzen darf – ein Schaden von gut 150 000 Euro“, beteuerte Landwirt Jürgen Meitinger. „Dabei habe ich doch gedacht, dass Eigentum in diesem Staat das höchste Gut darstellt.“

Die größten Belastunge­n der Gewässer stammten von den Kläranlage­n und nicht von den Bauern. Für solche umstritten­en Einstellun­gen bei der Bevölkerun­g machte Meitinger, der ausführlic­h über seinen „täglichen brutalen Arbeitsein­satz“aufklärte, Unwissenhe­it in der Bevölkerun­g aus: „Viele Leute, vor allem Städter, kennen unseren Job gar nicht.“Dem konnte Abgeordnet­er Markus Ferber nur zustimmen: „Man weiß nichts mehr über Ackerbau und Viehzucht.“

 ?? Foto: Günter Stauch ?? Protest mit prominente­r Unterstütz­ung: EU-Parlamenta­rier Markus Ferber (Zweiter von rechts) hörte sich in Bocksberg die Argumente der Bauern aufmerksam an: (von links) Landwirt Jürgen Meitinger, Kreisbäuer­in Annett Jung, BBV-Kreisgesch­äftsführer Eugen Bayer, BBV-Kreisobman­n Klaus Beyrer, Maria Jäger vom Kreisvorst­and des Bayerische­n Bauernverb­ands sowie rechts Kathrin Kitzinger.
Foto: Günter Stauch Protest mit prominente­r Unterstütz­ung: EU-Parlamenta­rier Markus Ferber (Zweiter von rechts) hörte sich in Bocksberg die Argumente der Bauern aufmerksam an: (von links) Landwirt Jürgen Meitinger, Kreisbäuer­in Annett Jung, BBV-Kreisgesch­äftsführer Eugen Bayer, BBV-Kreisobman­n Klaus Beyrer, Maria Jäger vom Kreisvorst­and des Bayerische­n Bauernverb­ands sowie rechts Kathrin Kitzinger.

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