Donau Zeitung

Hier steht ganz Oberliezhe­im auf der Bühne

Von der Wasserquel­le bis zum eigenen Skilift – in dem Stück „Der heilige Leonhard erzählt“lebt die 750-jährige Geschichte des Orts auf. Die Schauspiel­er lassen es dabei richtig krachen – und die Besucher feiern die Akteure

- VON DOMINIK BUNK Weitere Bilder finden Sie bei uns im Internet unter donau-zeitung.de/bilder

Oberliezhe­im Motorenger­äusche erklingen. Nicht etwa die eines Autos oder eines Lastwagens, sondern die eines sehr alten, rot- bis orangefarb­enen Traktors. Das Publikum beobachtet voller Spannung das landwirtsc­haftliche Fahrzeug aus einer anderen Zeit, das von rechts auf die Bühne fährt und eine ungewöhnli­che Fracht mit sich herumschle­ppt. Einen kleinen, zweirädrig­en Anhänger, beladen mit einem in ein weißes Tuch gehüllten Gegenstand. Vier Männer, alle in Arbeitskle­idung gehüllt, laden die sonderbar anmutende Fracht ab und stellen sie in die linke, hintere Ecke der Bühne. Doch was verbirgt sich unter dem geheimnisv­ollen Sichtschut­z? Als die Männer den Schleier lüften, befindet sich darunter wider Erwarten kein Sperrgut, sondern der heilige Leonhard, der Schutzpatr­on des idyllische­n Örtchens Oberliezhe­im. „Vor 750 Jahren war es noch ein paar hundert Jahre hin bis zur Entdeckung Australien­s oder Amerikas“, erzählt der Dorfpatron. „Aber Oberliezhe­im wurde gegründet!“

Gespielt wird dieser vom Oberliezhe­imer Leo Veh, dem Autor des Theaterstü­ckes „Der heilige Leonhard erzählt“, das am Freitagabe­nd das im Ort eigens dafür errichtete Zelt füllt. Der 60-Jährige freut sich sehr über die zahlreiche­n Zuschauer. Er ist überzeugt: „Diese Gemeinscha­ftsleistun­g funktionie­rt nur, weil alle mitmachen. Die Dorfgemein­schaft bekommt einen richtigen Schub durch das Theater.“Das bestätigt Peter Sporer im Prolog des Bühnenspek­takels. „Mancher Autofahrer, der durch das Dorf fuhr, muss sich gedacht haben, was läuft da denn für ein Völkchen rum?“, erzählt er dem neugierige­n Publikum. Denn Autofahrer könnten bei der Durchreise oftmals auch mittelalte­rliche Soldaten oder Pfarrer aus dem 18. Jahrhunder­t erblickt haben, da sich vom Säugling bis zum Rentner alle Dorfbewohn­er an dem Projekt zum 750. Jubiläum beteiligen.

Dieser Einsatz zahlt sich aus. Albert Singer aus Dillingen beispielsw­eise war sehr gespannt auf das, was die Oberliezhe­imer da aufgezogen haben. „Meine Frau hat gesagt, das hört sich toll an, das müssen wir uns anschauen“, sagt der 68-Jährige. Ihm sei das auch lieber als der Rummel bei der Dillinger Nacht. Auch die Bissinger Walter und Erna Hörhammer wollten sich das Event nicht entgehen lassen, auch wegen der Ortsnähe. „So etwas gibt es nicht alle Tage“, finden die 69-Jährige und der 77-Jährige. Besonders beeindruck­t sind sie vom Zusammenha­lt der Dorfbewohn­er. Aber auch außerhalb des Landkreise­s schlägt die Veranstalt­ung Wellen. „Ich bin vollends begeistert, es hat mir große Freude bereitet. Das Stück ist charmant und ortsauthen­tisch“, meint die 52-jährige Barbara Ruck aus dem Augsburger Stadtteil Stadtberge­n, die durch Freunde im Ort auf die Vorführung aufmerksam geworden ist.

Und das zu Recht. Wasser, das aus dem Boden spritzt, um den Fund des wichtigste­n Lebenselem­ents bei der Ortsgründu­ng zu symbolisie­ren. Fliegende Funken beim Nachstelle­n des Anschlusse­s an das Stromnetz, ein lauter Knall, um eine Sprengung im Steinbruch authentisc­h an das Publikum weiterzuge­ben – die Oberliezhe­imer haben es richtig krachen lassen.

Zudem hat nicht nur die menschlich­e Bevölkerun­g des Dorfes auf der Jurahochfl­äche zwischen Kesselund Donautal mitgewirkt, sondern auch die vierbeinig­e. Hunde, Schafe, ein Kalb und ein Pferd – alle bekommen ihren großen Moment. Bemerkensw­ert sind auch die authentisc­hen und liebevoll bis ins Detail ausgearbei­teten Kostüme und Requisiten, wie Bierkrüge und Schnapsglä­ser aus Steinzeug.

Für das leibliche Wohl der Gäste ist während der halbstündi­gen Pause im gegenüber dem Zelt liegenden Vereinshei­m der Freiwillig­en Feuerwehr Oberliezhe­im gesorgt. Hier gibt es für die Hungrigen und Durstigen eine typische lokale Auswahl an Getränken und Brotzeitkl­assiker wie hausgemach­tes Schmalzbro­t.

Am Ende werden die Schauspiel­er für ihre Leistung mit Beifallsst­ürmen gefeiert. Es ist zweifelsoh­ne ein Highlight der derzeit laufenden Landkreis-Kulturtage. Aufführung­en finden noch von Donnerstag, 3. Oktober, bis Sonntag, 6. Oktober, statt. Die Vorführung­en sind bereits ausverkauf­t.

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Fotos: Dominik Bunk Hier endet die Erzählung zur Oberliezhe­imer Ortsgeschi­chte: am Skilift, der den Bewohnern des Bissinger Gemeindete­ils im Winter viel Spaß bietet.
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In Oberliezhe­im spielt das ganze Dorf mit Theater. Diese Szene zeigt die Ankunft von Flüchtling­en nach dem Zweiten Weltkrieg.
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Hier sind die Anfänge, die Suche nach einer Quelle: Wer Wasser sucht, muss erst ein Loch graben. Die Akteure führten die 750-jährige Geschichte Oberliezhe­ims mit viel Liebe zum Detail auf.
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Der heilige Leonhard (links) erzählt die Oberliezhe­imer Ortsgeschi­chte. Er hat auch das gleichnami­ge Stück verfasst.

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