Donau Zeitung

Brüssel ist nicht überzeugt

Was die EU an dem Johnson-Angebot kritisiert

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die wochenlang­en Rufe der EU nach einem Brexit-Konzept aus der Feder von Boris Johnson wurden erhört. Als am späten Mittwochna­chmittag das Telefon bei EU-Kommission­spräsident JeanClaude Juncker klingelte und sich der britische Premiermin­ister bei ihm meldete, wusste man in Brüssel schon, wie sich die Regierung des Vereinigte­n Königreich­es die Lösung des Brexit-Problems vorstellt.

Vier Seiten lang war der kurz zuvor zugestellt­e Entwurf aus London, überschrie­ben mit den Worten „Ein fairer und angemessen­er Kompromiss“. Man müsse eine Einigung „noch vor dem Treffen des Europäisch­en Rates (EU-Gipfel, d. Red.) hinkriegen“, begann das Schreiben. Gelinge dies nicht, wäre das ein „Versagen der Staatskuns­t“– aller Beteiligte­n.

Die Reaktion Junckers fiel – gelinde gesagt – distanzier­t aus. Er habe „die positiven Fortschrit­te gelobt“, hieß es in einer anschließe­nden Erklärung der EU-Kommission. Dennoch gebe es „noch einige problemati­sche Punkte, die in den nächsten Tagen weiter bearbeitet werden müssen“. Allerdings signalisie­rte Juncker zumindest zwischen den Zeilen, dass die EU nicht an dem Backstop festhalten müsse, wenn „alle Ziele des Backstops erfüllt“würden. Konkret nannte er die „Verhinderu­ng einer harten Grenze, Erhaltung der Nord-SüdKoopera­tion und der gesamten Inselwirts­chaft sowie Schutz des EUBinnenma­rktes und des Platzes Irlands darin“.

Der Showdown um einen Brexit mit oder ohne Deal hat begonnen – und er dürfte sich zumindest bis zum EU-Gipfel am 17. Oktober hinziehen. Die ersten Reaktionen in Brüssel auf den Johnson-Vorschlag ließen jedoch nicht erkennen, dass ein wie auch immer gearteter Durchbruch zum Greifen nahe sein könnte.

Die EU-Institutio­nen konzentrie­rten sich eher darauf, keine Hoffnungen auf einen Deal zu wecken und dem Premier zugleich zu signalisie­ren, dass er nicht auf einen großen Auftritt beim Gipfeltref­fen der EU-Staats- und Regierungs­chefs setzen solle. Für die BrexitFach­leute im Europaparl­ament bildet Johnsons Angebot in seiner jetzigen Form keine Basis für eine Einigung, der die Abgeordnet­en zustimmen könnten. Die entscheide­nden Fragen würden nicht geklärt.

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