Hambüchen schaut nur zu
Am Freitag startet die WM in Stuttgart. Für die deutschen Mannschaften geht es um ein wichtiges Ziel
Stuttgart Als interessierter Zuschauer und fachkundiger Gast schaute Olympiasieger Fabian Hambüchen entspannt bei der WM-Generalprobe der deutschen Turner vorbei. Statt Reckriemchen und Wettkampftrikot trug der 31 Jahre alte Turn-„Rentner“Jeans und T-Shirt und genoss es, seinen ehemaligen Teamkollegen beim öffentlichen Podium-Training in Stuttgart zuzusehen, Autogramme zu schreiben und mit den Kampfrichtern ein Schwätzchen zu halten. „Es ist super, mal in Ruhe und ohne Druck viele Freunde, Trainer oder Offizielle wiederzusehen. Ich kenne hier ja praktisch jeden“, sagte Hambüchen am Mittwochabend. Er ließ dabei seinen Blick durch die HannsMartin-Schleyer-Halle schweifen, wo er 2007 an seinem Paradegerät Reck als bisher letzter Deutscher WM-Gold geholt hatte.
Der einstige Vorzeigeturner erlebt die am Freitag beginnende dritte Heim-WM (bis 13. Oktober) nach 1989 und 2007 in Stuttgart nun aus einer neuen Perspektive: als WM-Botschafter, TV-Experte und gefragter Gesprächspartner am Rande der Wettkämpfe. Unterdessen steigt bei den Aktiven die Anspannung. Das Training an den Wettkampfgeräten unter Scheinwerferlicht und vor einigen Hundert Zuschauern ist so etwas wie der Startschuss, obwohl die Männer des Deutschen Turner-Bundes (DTB) erst am Sonntag (19.30 Uhr) mit der Team-Qualifikation dran sind.
„Man spürt das Kribbeln“, sagte Lukas Dauser nach dem PodiumTraining. „Es läuft ganz gut. Wir sind alle konzentriert und fokussiert, versuchen aber auch, uns eine gewisse Lockerheit zu bewahren und alles zu genießen.“Der 26 Jahre alte Teamkapitän musste lange um seine WM-Teilnahme bangen.
Kaum hatte er seinen Mittelhandbruch (Mitte Juni) auskuriert, riss sich Dauser vor drei Wochen beim letzten WM-Test in Backnang ein Band im Sprunggelenk. Deswegen wird der Barren-Spezialist auch nur an sein Lieblingsgerät sowie ans Reck und Pauschenpferd gehen. „Ich trage noch einen Tapeverband. Boden und Sprung gehen nicht und beim Abgang von den Ringen wäre das Risiko zu groß. Ich denke, dass ich dem Team an den anderen Geräten am besten helfen kann.“
Schließlich steht die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020 sowohl mit dem Frauen- als auch mit dem Männer-Team über allem. Jeweils zwölf Mannschaften dürfen in Tokio starten. Bei der WM 2018 in Doha erwarben sich schon drei Teams bei den Frauen (USA, Russland, China) und Männern (China, Russland, Japan) das Startrecht. Je neun Olympia-Tickets werden bei der 8,5 Millionen Euro teuren WM vergeben.
Durch den Ausfall des 32 Jahre alten Routiniers Marcel Nguyen, der Anfang nächster Woche am Schliersee an der Schulter operiert wird, ist die Aufgabe für das Quintett mit Dauser, Andreas Toba, Karim Rida, Nick Klessing und Philipp Herder nicht leichter geworden.
Bereits am Freitag (13.30 Uhr) geht es für die deutschen Frauen los. Nicht nur Rekordmeisterin Elisabeth Seitz hat vor den Titelkämpfen in ihrer Wahlheimat das „WM-Feeling“gepackt.
Seitz, Kim Bui, Sophie Scheder, Emelie Petz und 2019-Mehrkampfmeisterin Sarah Voss dürfte es etwas leichter als den Männern fallen, sogar das Finale der besten acht Teams zu erreichen. Für das Olympia-Ticket genügt gar schon Platz zwölf.