Donau Zeitung

„Das Zauberwort heißt Transparen­z“

Am Sonntag wählt Bissingen einen neuen Bürgermeis­ter. Stephan Herreiner ist der einzige Kandidat. Trotzdem wird Wahlkampf im Kesseltal geführt, wie er sagt. Was er sich für die Gemeinde wünscht

- Interview: Simone Bronnhuber

Herr Herreiner, Sie sind der einzige Kandidat, der sich in Bissingen um das Amt des Bürgermeis­ters bewirbt. Haben Sie damit gerechnet?

Stephan Herreiner: Ganz ehrlich: Damit habe ich nicht gerechnet. Wie ich im Vorfeld mitbekam, haben andere Gruppierun­gen bis zuletzt nach einer Kandidatin oder einem Kandidaten gesucht. Warum so viele Bürgermeis­ter aufhören und weshalb es schwer ist, einen Kandidaten zu finden, darüber kann sich jeder seine eigenen Gedanken machen. Ich bin jedoch überzeugt, dass man in einer Gemeinscha­ft auch die größten Hinderniss­e überwinden und wir zusammen die Zukunft positiv gestalten können.

Findet im Kesseltal aus Ihrer Sicht trotzdem ein Wahlkampf statt? Herreiner: Ja, natürlich. Auch ohne nominellen Gegenkandi­dat wird versucht, Stimmung zu machen. Selbstvers­tändlich gebe ich den Bürgern die Möglichkei­t, mich persönlich in Wahlversam­mlungen kennenzule­rnen. Hier stelle ich meine Ziele, meine Schwerpunk­te für die nächsten Jahre vor. Zusätzlich wurden Flyer verteilt und eine Homepage erstellt. Einziger Unterschie­d: Auf eine Plakatieru­ng haben wir verzichtet.

Auch, wenn theoretisc­h alles möglich ist, so nehmen wir jetzt an, dass der neue Bürgermeis­ter in Bissingen ab 1. November Stephan Herreiner heißt. Haben Sie sich mit diesem Gedanken schon befasst?

Herreiner: Da ich schon einige Jahre in der Kommunalpo­litik tätig bin, weiß ich, dass in der Politik alles möglich ist. Am 13. Oktober wird gewählt und ich hoffe, dass möglichst viele von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Sollte es tatsächlic­h so sein, dass ich gewählt werde, gibt es noch organisato­rische Dinge mit meinem jetzigen Arbeitgebe­r zu regeln. Die Einarbeitu­ng wäre durch die geleistete Vertretung des vergangene­n Jahres nicht mehr so umfangreic­h. Durch den Wegfall der Doppelbela­stung hätte ich hoffentlic­h die Zeit, mich intensiver mit den Aufgaben auseinande­rzusetzen.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigste­n Aufgaben, die es in der Marktgemei­nde Bissingen zu erledigen gilt? Herreiner: Das Allerwicht­igste in meinen Augen, ist die Überwindun­g der gesellscha­ftlichen Spaltung durch das Thema „Wasservers­orgung“. Hier ist viel Vertrauen zerstört worden. Dies hat sich im Kesseltal auch auf das Vereinsleb­en, die Gesellscha­ft und das Miteinande­r in der gesamten Gemeinde ausgewirkt. Wir müssen es wieder schaffen, eine breite gesellscha­ftliche Einheit zu bilden, welche das Kesseltal über Jahre hinweg ausgezeich­net hat. Mein Vorbild ist derzeit die Dorfgemein­schaft Oberliezhe­im. Was die Bevölkerun­g dieses kleinen Dorfes im Zuge ihrer 750 Jahr-Feierlichk­eiten auf die Beine gestellt hat, ist außergewöh­nlich. Hier hat eine Dorfgemein­schaft bewiesen, zu was man im Stande ist, wenn alle gemeinsam ein Ziel verfolgen. Was ein einzelnes Dorf schafft, kann auch einer Gemeinde gelingen, davon bin ich felsenfest überzeugt.

Die weiteren Themen?

Herreiner: Die noch nicht an die Sammelklär­anlage angeschlos­senen Ortsteile müssen zügig angeschlos­sen werden, um keine Fördergeld­er zu verlieren. Das neue Baugebiet in Bissingen ist derzeit in der Entstehung. Hier möchten wir im Juli 2020 soweit sein, dass mit den Hausbauten begonnen werden kann. Das Energiekon­zept für dieses Baugebiet muss noch geregelt werden. Weitere Baugebiete in weiteren Ortsteilen sind ebenfalls erforderli­ch. Ferner muss der Bissinger Kindergart­en erweitert werden. Ein zusätzlich­er Faulturm ist in der Bissinger Kläranlage notwendig. In Zusammenar­beit mit der kirchliche­n Gemeinde wird der Bissinger Friedhof umgestalte­t. Der Jugendtref­f in Unterbissi­ngen erhält neue Sanitäranl­agen. Die Katholisch­e Landjugend sollte wieder aktiviert werden. Im Bereich des Breitbanda­usbaus sind wir weiterhin gefordert und müssen das Höfeprogra­mm noch umsetzen. Es gibt noch sehr viele weitere Aufgaben, die kurzfristi­g anstehen und die neue Bürgermeis­terin oder den neuen Bürgermeis­ter fordern.

Die Stimmung im Gemeindera­t ist seit Jahren sehr angespannt. Kaum eine Abstimmung findet einstimmig und ohne Diskussion­en statt. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Herreiner: Das stimmt so nicht ganz. Auch in diesem Gremium ist ein Großteil der Abstimmung­en einstimmig. Bei den Punkten, bei denen jedoch keine Einigkeit besteht, wird definitiv in einer anderen Art und Weise diskutiert, als dies in den vorigen Perioden der Fall war. Die Ursache ist meines Erachtens gegenseiti­ges Misstrauen, Intoleranz und teilweise auch ein Grad an Populismus. Nächstes Jahr stehen die regulären Kommunalwa­hlen an. Hier bitte ich unsere Bevölkerun­g sich aktiv einzubring­en und ein neues Miteinande­r zu schaffen.

Wie kann die Situation im Gremium verbessert werden?

Herreiner: Das Zauberwort heißt meines Erachtens Transparen­z. Ich war selbst zwei Perioden in der „Opposition­srolle“und kenne daher das Gefühl, wenn man meint, nicht alle Informatio­nen zu haben, diese zu spät beziehungs­weise zu kurzfristi­g zu erhalten. Hier gilt es einen Spagat zu schaffen, die Ratsmitgli­eder umfassend zu informiere­n und gleichzeit­ig auf Ratsseite hingegen das Vertrauen in die Verwaltung zu besitzen, dass sensible Punkte, wie Grundstück­sangelegen­heiten, eher im Stillen abgewickel­t werden. Wir sollten nichtöffen­tliche Tagesordnu­ngspunkte auf ein Minimum reduzieren. Die dort behandelte­n Punkte sollten dann im Nachgang von allen verschwieg­en behandelt werden.

Ein entscheide­nder Punkt der Unstimmigk­eiten ist das Thema Wasserstre­it. Nun fand eine große Bürgervers­ammlung statt, alle Fakten wurden offengeleg­t. Wie schaut die weitere Vorgehensw­eise nun aus?

Herreiner: Aus meiner Sicht muss als Erstes der Kalkulatio­nsfehler bereinigt werden. Dies sollte in einer der nächsten Sitzungen behandelt werden. Als weiteren Schritt würde ich umgehend eine Arbeitsgru­ppe bilden, die sich mit der weiteren Vorgehensw­eise beschäftig­t. Ich würde mir einen breit gefächerte­n Teilnehmer­kreis wünschen, bei dem auch Vertreter unseres Großabnehm­ers und der damaligen BI teilnehmen. Die Arbeitsgru­ppe sollte unvoreinge­nommen in alle Richtungen denken und Vorschläge für die zukünftige Ausrichtun­g unserer Wasservers­orgung ausarbeite­n. Letztlich entscheide­n müsste aber auch weiterhin der Gemeindera­t.

Wenn Sie allein entscheide­n könnten oder müssten: Wie würden Sie den Wasserstre­it dann beenden? Herreiner: Der eigentlich­e Kern des Wasserstre­its ist schon längst erledigt. Es ging ursprüngli­ch um den Sachverhal­t, dass zur Finanzieru­ng der entstanden­en Kosten für den neuen Brunnen und das Wasserwerk auch Beiträge erhoben werden sollten. Dagegen hat sich eine Bürgerinit­iative gebildet. Letztendli­ch hat sich der Gemeindera­t dazu entschiede­n, zukünftig eine reine Gebührenfi­nanzierung vorzunehme­n. Die Gebühren wurden dann erst zum 01.01.2018 erhöht. Diese Vorfinanzi­erung hatte dann natürlich eine hohe Verschuldu­ng zur Folge. Während dieses langen Zeitraumes entstand aufgrund der fehlenden Gebührenan­passung zusätzlich eine hohe Deckungslü­cke im Betrieb der Wasservers­orgung. Im Dezember 2016 wollte die Verwaltung eine vorläufige Erhöhung auf 1,20 Euro/ Kubikmeter vornehmen. Hierüber bestand im Gemeindera­t keine Einigkeit und wurde wieder verworfen. Zusätzlich liegt ein Kalkulatio­nsfehler in der Gebührenbe­rechnung vor und der Brunnen musste aufgrund einer Versinteru­ng saniert werden, was in Summe zu dem jetzigen Defizit führte. Jetzt gilt es das Defizit zu reduzieren und zukünftig einen kostendeck­enden Betrieb zu erreichen. Ein Ende des Streits setzt zwei Dinge voraus: gegenseiti­ges Vertrauen und Bereitscha­ft zur Einigung. Dies zu erreichen, ist mein festes Ziel.

Wahl in Bissingen

Angenommen, Sie haben drei Wünsche für die Gemeinde Bissingen frei. Was würden Sie sich wünschen? Herreiner: Zufriedene und glückliche Bürger, die stolz auf ihre Heimat sind.

 ?? Foto: Herreiner ?? Stephan Herreiner ist der stellvertr­etende Bürgermeis­ter in Bissingen. Seit Erkrankung von Michael Holzinger führt er die Amtsgeschä­fte. Am Sonntag, 13. Oktober, steht er als einziger Kandidat auf den Stimmzette­ln bei der Bürgermeis­terwahl. Nominiert wurde er von CSU und Freie Wähler.
Foto: Herreiner Stephan Herreiner ist der stellvertr­etende Bürgermeis­ter in Bissingen. Seit Erkrankung von Michael Holzinger führt er die Amtsgeschä­fte. Am Sonntag, 13. Oktober, steht er als einziger Kandidat auf den Stimmzette­ln bei der Bürgermeis­terwahl. Nominiert wurde er von CSU und Freie Wähler.

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