Donau Zeitung

Was Lauingen mit Marzahn verbindet

Seit 20 Jahren sind die Herzog-Georg-Stadt und der Berliner Bezirk Partner. Das wurde nun mit einem Festakt gefeiert. Doch die Anfänge dieser Beziehung waren nicht einfach. Und so manche Unterschie­de bestehen bis heute

- VON JONATHAN MAYER

Es war eine für damalige Verhältnis­se „politisch unkonventi­onelle Begegnung“, die da Ende der 1990er Jahre zwischen Lauingen und Marzahn-Hellersdor­f stattfand. So bringt es Harald Buttler, der damalige PDS-Bürgermeis­ter des Berliner Bezirks, auf den Punkt. Die „rote Hochburg“Marzahn sei auf die „schwarze Hochburg“Lauingen getroffen – und mit Buttler und Georg Barfuß ein linker auf einen konservati­ven CSU-Bürgermeis­ter. „Wir haben damals das praktizier­t, was im Vertrag der Deutschen Einheit steht!“, betont Buttler und meint damit die freundscha­ftliche Begegnung innerhalb des ehemals geteilten Landes – trotz der Unterschie­de.

20 Jahre ist die Städtepart­nerschaft zwischen Lauingen und Marzahn-Hellersdor­f nun alt. Zum zweiten Mal wurde sie am Wochenende erneuert. Buttler und Barfuß, die den ersten Freundscha­ftsvertrag 1999 unterzeich­neten, sind längst nicht mehr im Amt. Die Unterschri­ft auf der erneuten Absichtser­klärung leisteten am Samstag die aktuellen Bürgermeis­terinnen Katja Müller (CSU) und Dagmar Pohle (Die Linke).

Die beiden Städte könnten unterschie­dlicher wohl nicht sein, nicht nur, was die politische Gesinnung der Bürgermeis­ter angeht. So leben in Marzahn-Hellersdor­f knapp 270 000 Menschen, in Lauingen sind es knapp 11000. Zudem war der Berliner Bezirk über Jahrzehnte Teil des Staatsgebi­ets der DDR, während Lauingen tief im Westen liegt. Ein Umstand, der bei der Podiumsdis­kussion im Rahmen der Feierstund­e rege diskutiert wurde.

Die Partnersch­aft einzugehen sei 1999 nicht leicht gewesen, erzählen beiden Altbürgerm­eister. Denn auf beiden Seiten habe es auch neun Jahre nach der Wiedervere­inigung Deutschlan­ds noch Vorbehalte gegeben. Besonders in der CSU waren damals kritische Stimmen zu hören. Ex-Rathausche­f Georg Barfuß tut dies aber ab: „Ein Stadtrat, der die erste Moschee in Bayern genehmigt, erlaubt auch so was.“Die Partnersch­aft einzugehen sei eine wichtige Entscheidu­ng gewesen, das betonen beide Altbürgerm­eister.

Doch was bleibt, 20 Jahre danach? In der Diskussion im Festsaal im Rathaus, an der neben den aktuellen und ehemaligen Bürgermeis­tern auch die aus Marzahn stamdie mende Linken-Politikeri­n und Vize-Bundestags­präsidenti­n Petra Pau teilnahm, geht es immer wieder um die vielen kleinen Unterschie­de zwischen Ost und West. Lauingens Bürgermeis­terin Katja Müller etwa betont, für sie spiele die ehemalige innerdeuts­che Trennung zwar kaum eine Rolle. „Als die Mauer fiel, war ich neun Jahre alt. Da wusste ich nicht einmal, dass es eine gibt.“Der größte Unterschie­d zwischen Ostdeutsch­en und Westdeutsc­hen aber sei für sie der Dialekt.

Die Marzahner Bezirksbür­germeister­in Dagmar Pohle wiederum erzählt von ihrem ersten Besuch in Lauingen vor einigen Jahren: „Da war gerade Stadtfest und man sagte mir, dass es da nur Bier zu trinken gibt.“Eigentlich sei sie damals gar keine Biertrinke­rin gewesen. Doch heute sei das anders – zumindest immer dann, wenn sie in Lauingen zu Besuch ist.

Die beiden Städte sind in den vergangene­n Jahren in gewisser Weise zusammenge­wachsen. Immer wieder besuchen Delegation­en aus Lauingen Berlin und andersheru­m. Der Marzahner Kinderchor „Promenaden-Mischung“und der Kammerchor treten regelmäßig in Lauingen und Umgebung auf. Und vor allem gemeinsame Fußball- und Volleyball­turniere sowie regelmäßig­e Radtouren in Schwaben, Berlin und Brandenbur­g haben viele Lauinger über die Jahre mit den Marzahnern verbunden.

Insgesamt vier Tage war die aus zwei Bussen bestehende Delegation aus Marzahn zu Besuch. Neben der Feierstund­e im Rathaus stand auch die Musik im Vordergrun­d: Die Berliner Gäste und die Jugendgrup­pe der Stadtkapel­le Lauingen spielten Konzerte. Den Besuch nahm die Stadt auch zum Anlass, ein neues Schild auf dem Löwenkreis­el zu enthüllen. Darauf zu sehen sind drei Richtungsp­feile, die die Entfernung zu den drei Partnerstä­dten Marzahn-Hellersdor­f, Segré und Treviglio anzeigen.

 ??  ?? Die Bürgermeis­terinnen von Lauingen und Marzahn, Katja Müller (links) und Dagmar Pohle (rechts), unterzeich­neten eine Absichtser­klärung zur Fortsetzun­g der Städtepart­nerschaft. Müller: „Ich wünsche mir, dass diese Verbindung weitergele­bt wird.“
Die Bürgermeis­terinnen von Lauingen und Marzahn, Katja Müller (links) und Dagmar Pohle (rechts), unterzeich­neten eine Absichtser­klärung zur Fortsetzun­g der Städtepart­nerschaft. Müller: „Ich wünsche mir, dass diese Verbindung weitergele­bt wird.“
 ??  ?? Linken-Politikeri­n Petra Pau betonte die Bedeutung der Partnersch­aft.
Linken-Politikeri­n Petra Pau betonte die Bedeutung der Partnersch­aft.
 ?? Fotos: Jonathan Mayer ?? Dieses Schild ist jetzt auf dem Löwenkreis­el zu sehen.
Fotos: Jonathan Mayer Dieses Schild ist jetzt auf dem Löwenkreis­el zu sehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany