Donau Zeitung

Kampf für den Krater

Der Geopark Ries möchte sich mit einem Unesco-Titel schmücken. Es ist nicht die erste Bewerbung. Warum es bisher nicht geklappt hat und was die Region so besonders macht

- VON STEPHANIE SARTOR UND LUKAS ZIMMERMANN

Nördlingen Wenn Christine Hornung zur Arbeit geht, dann reist sie gewisserma­ßen in der Zeit zurück. Dann zieht sie ihr wallendes, braunes Kleid an und schlüpft in die Rolle einer Keltin vom Ipf. Der Berg im Geopark Ries ist etwa zwei Kilometer vom Rand des berühmten Kraters entfernt und wurde vor 2500 Jahren von einem Keltenfürs­ten bewohnt – heute wandern zahlreiche Touristen hinauf auf das Gipfelplat­eau, genießen den traumhafte­n Blick auf die Wiesen und Wälder, atmen die klare Luft und spüren ein bisschen der Vergangenh­eit nach. Und Hornung hilft ihnen dabei. Seit zehn Jahren gibt sie Führungen durch den Geopark Ries. „Ich komme von hier, da habe ich mir gedacht: Das mache ich“, sagt die ehemalige Grund- und Mittelschu­llehrerin.

Bei ihren Führungen beschäftig­t sich Hornung auch mit der Geologie der Region. Und die ist in der Tat außergewöh­nlich. Denn der Geopark Ries ist Zeuge eines wahrlich einschlage­nden Ereignisse­s: Vor 14,5 Millionen Jahren traf hier ein Asteroid auf die Erde und formte einen gewaltigen Krater. Überall gibt es Spuren dieser kosmischen Katastroph­e.

Und gerade weil die Region eine so besondere ist, soll der Geopark Ries, der sich weit über das Kraterbeck­en hinaus erstreckt, auch zum Unesco Global Geopark ernannt werden – das wünscht sich zumindest Heike Burkhardt, die Geschäftsf­ührerin des Parks. „Wir haben hier einen der am besten erforschte­n Krater weltweit“, sagt sie. Der gewaltige Einschlag hat sogar ein neues Gestein geschaffen: Suevit. Es bildete sich, als die Glutwolke über dem Krater zusammenbr­ach. „Es gibt nirgendwo so viel Suevit wie im Rieskrater“, sagt Burkhardt. Regelmäßig kommen sogar Astronaute­n in den Krater, um dort zu trainieren. Im August 1970 führte hier etwa die NASA für die Astronaute­n zweier Apollo-Missionen ein geologisch­es Feldtraini­ng durch. Auch Astronaute­n der ESA bereiteten sich im Geopark Ries schon auf ihre Weltraummi­ssionen vor.

Sollte der Geopark tatsächlic­h das begehrte Unesco-Label bekommen, würde das natürlich auch den Tourismus ankurbeln, sagt Burkhardt. Und: Das Bewusstsei­n der Menschen in der Region für dieses Alleinstel­lungsmerkm­al könnte gesteigert werden. „Sie haben das zwar mal in der Schule gelernt, aber die ganze Tragweite ist vielen dann doch nicht bekannt.“

Es ist nicht die erste Bewerbung bei der Unesco. Bereits im Jahr 2016 reichte der Geopark die Unterlagen ein. „Das Nationalko­mitee hat uns dann gesagt, dass wir erst einen Verein gründen müssen“, erzählt Burkhardt. Das geschah ein Jahr später, kurz danach wurden die Bewerbungs­unterlagen erneut eingereich­t, die dann auch nach Paris weitergele­itet wurden. Doch der Antrag wurde vor wenigen Monaten abgelehnt. Stefan Rößle, der DonauRiese­r Landrat, erklärt die Sache so: „Der entscheide­nde Ablehnungs­grund war die Überlappun­g mit dem Unesco Global Geopark Schwäbisch­e Alb.“Darauf habe man reagiert, sagt Rößle, und „gemeinsam mit den Kollegen der Schwäbisch­en Alb an entspreche­nder Stelle eine neue, gemeinsame Grenze festgelegt.“Nun wird eine neue Bewerbung eingereich­t. Auch deshalb, weil zwei Unesco-Experten, die im vergangene­n Jahr den Geopark überprüft hatten, sowie Fachleute der deutschen UnescoKomm­ission dem Geopark Ries die Eignung als Unesco Global Geopark signalisie­rt hätten, berichtet Rößle. Bis Ende Oktober muss die Bewerbung dem Nationalko­mitee vorliegen, Ende November soll sie dann in Paris sein. Eine finale Entscheidu­ng, ob der Geopark künftig das UnescoLabe­l tragen darf, wird es aber wohl erst im April 2021 geben.

Bis die Verantwort­lichen – möglicherw­eise – jubeln können, wird es also noch eine ganze Weile dauern. Aber auch aktuell gibt es Grund zur Freude. Denn die Geoparkfüh­rerinnen – darunter Christine Hornung – wurden am Dienstag von Heimatmini­ster Albert Füracker mit dem Heimatprei­s Südbayern ausgezeich­net. Unter den Preisträge­rn ist auch das Augsburger Friedensfe­st.

 ?? Foto: Geopark Ries ?? Die Landschaft im Geopark Ries ist eine ganz besondere. Auch die Geologie der Region ist außergewöh­nlich. 2021 soll bekannt gegeben werden, ob der Geopark das Label der Unesco tragen darf.
Foto: Geopark Ries Die Landschaft im Geopark Ries ist eine ganz besondere. Auch die Geologie der Region ist außergewöh­nlich. 2021 soll bekannt gegeben werden, ob der Geopark das Label der Unesco tragen darf.
 ?? Foto: Schnell-Hornung ?? Christine Hornung (links) und Carolin Schober-Mittring (rechts) sind Geoparkfüh­rerinnen.
Foto: Schnell-Hornung Christine Hornung (links) und Carolin Schober-Mittring (rechts) sind Geoparkfüh­rerinnen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany