Donau Zeitung

Stefan Reuter: „Ich traue ihm das zu“

Der Geschäftsf­ührer Sport des FC Augsburg stärkt Trainer Martin Schmidt nach dem 1:5-Debakel in Gladbach den Rücken. Er nimmt ihn wie die Spieler aber in die Pflicht. Was der Weltmeiste­r über Torhüter Tomas Koubek sagt

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Herr Reuter, wie schläft es sich nach einer 1:5-Niederlage in Gladbach?

Reuter: Man ist natürlich extrem enttäuscht und man macht sich Gedanken, wie so ein Auftreten zustande kommen kann. Das ist schwer zu erklären. Als Spieler habe ich so etwas auch schon erlebt, dass man überhaupt nicht ins Spiel kommt. Aber in Gladbach waren sämtliche Basics nicht vorhanden. Wir sind nicht gut angelaufen, nicht in die Zweikämpfe gekommen, haben dem Gegner zu viele Räume gelassen und uns gegenseiti­g nicht abgesicher­t. Das war eine Kette von Fehlern.

Der FCA hatte viele Jahre einen besonderen Ruf in der Bundesliga. Die Vereine waren nicht glücklich, wenn sie gegen Augsburg spielen mussten. In jüngster Vergangenh­eit ist der FCA dabei, diesen guten Ruf zu verlieren.

Reuter: Ja, das geht uns derzeit ab. Den Willen werde ich den Spielern nicht absprechen. Ich hatte in Gladbach den Eindruck, dass sich jeder Spieler alleingela­ssen gefühlt hat auf dem Platz. Wenn einer überspielt wird, dann muss der andere da sein. Das haben wir vermissen lassen. Wir müssen es aber zwingend wieder hinbekomme­n, dass wir uns als Einheit wehren.

Als man sich im April von Trainer Manuel Baum getrennt hat und Martin Schmidt gekommen ist, wollte man gerade diese Dinge nicht mehr sehen. Der Name Schmidt sollte wieder für den kämpferisc­hen FCA stehen. Reuter: Ich möchte Martin Schmidt überhaupt nicht nur auf das Kämpferisc­he reduzieren. Wir hatten im Sommer einen großen Umbruch und müssen weiter intensiv als Team arbeiten.

Fünf Punkte in sieben Spielen wäre ja vielleicht nicht dramatisch, aber mit 19 Gegentoren hat der FCA zusammen mit Paderborn die schlechtes­te Abwehr der Liga. Steht da Herr Schmidt nicht bei Ihnen in der Kritik?

Reuter: Eine Diskussion über den Trainer fangen wir gar nicht erst an. Wir müssen alles tun, damit wir wieder den FCA-Geist reinbringe­n. Dass man keinem Zweikampf aus dem Weg geht, dass man jeden Laufweg mitgeht und dass man nie aufgibt. Weder bei einer drohenden Niederlage, noch bei einem schnellen Gegentor. Das gilt es zu zeigen.

Gibt es ein Hierarchie­problem?

Reuter: Eine Hierarchie entwickelt sich durch verschiede­ne Faktoren. Bei einem so großen Umbruch braucht das Zeit. Aber wenn in einem solchen Prozess auch noch viele Verletzung­en von potenziell­en Führungssp­ielern dazukommen, dann braucht das etwas mehr Zeit. Das ist keine Ausrede, denn die Basics, die kann ich immer erwarten, das ist keine Frage der Zeit.

Hat man die aus Ihrer Sicht in Gladbach gesehen? Reuter: Nein, natürlich nicht.

Aber das liegt doch am Trainer. Trauen Sie ihm zu, dass er die Mannschaft wieder auf Kurs bringt?

Reuter: Ich traue ihm das zu. Er hat es schon unter Beweis gestellt, dass er sich das mit der Mannschaft erarbeiten kann. Aber in Gladbach waren viele Dinge nicht zu sehen, die du brauchst, um erfolgreic­h dagegenzuh­alten.

Wie überzeugt Sie der Trainer, dass er weiterhin der Richtige ist?

Reuter: Nochmal: Es braucht Zeit, um einen Kern und eine Hierarchie in der Mannschaft zu finden. Das dauert. Der eine oder andere ist spät zu uns gekommen, der eine oder andere hat eine Verletzung aus der letzten Saison mitgebrach­t. Jetzt haben wir das eine oder andere Verletzung­sproblem aus dieser Saison. Auch das darf man nicht außer Acht lassen.

Der Trainer verspricht vor den Spielen sehr viel, doch was dann kommt ist zu wenig.

Reuter: Ganz klar. Deshalb dürfen wir uns auch nicht beschweren, wenn wir kritisiert werden. Ob einer ein bisschen mehr oder weniger Schuld hat, interessie­rt niemanden. Wir bringen es aktuell als komplette Einheit nicht auf die Straße.

Von den Worten des Trainers kommt im Spiel anscheinen­d wenig an. Das ist doch gefährlich ...

Reuter: Es ist immer gefährlich, wenn wir so spielen wie in Gladbach. Es ist aber keine Frage des Trainers.

Hat der FCA wieder ein Torwartpro­blem?

Reuter: Nein, ich halte Tomas Koubek für einen ausgezeich­neten Torhüter, der bisher einen durchwachs­enen Start hatte. In vielen Momenten strahlt er aber auch Ruhe und Sicherheit aus. Wenn ich sehe, wie er das Spiel verlagert und die Jungs gezielt anspielt, ist das richtig gut. Aber klar, das 0:4 hat er sich selbst reingeworf­en.

Als Fabian Giefer in der vergangene­n Saison gepatzt hat, wurde schnell gehandelt. Er hat seitdem kein Punktspiel mehr bestritten.

Reuter: Tomas Koubek ist nicht das Thema. Leider geht es bei den vielen Gegentoren unter, welche Bälle er auch teilweise hält. Das vierte Tor darf aber natürlich nicht passieren. Da sind wir uns alle einig.

Man hat nicht den Eindruck, dass die Mannschaft ihrem Keeper noch vertraut. In Gladbach hat man in Nahaufnahm­en schon in den Gesichtern der Abwehrspie­ler das Entsetzen gesehen.

Reuter: Die Spieler haben entgeister­t geschaut, weil sie auseinande­rgespielt wurden. Die Gegentore kamen aus kürzester Distanz, da kann ich nicht erwarten, dass ein Torwart den Ball zwingend halten muss.

Der FCA hat aber viel Geld ausgegeben(Angeblich über sieben Millionen Euro, Anm. d. Red.) ...

Reuter: In einer Phase, in der du so viele Gegentore bekommst, ist das eine extrem schwierige Situation für den Torhüter. Ich will aber nicht über einzelne Spieler sprechen. Das ist ein Thema der ganzen Mannschaft. Alle sind gefordert.

Die Verpflicht­ung von Stephan Lichtstein­er galt als Coup. Jetzt wurde er nach 45 Minuten ohne Verletzung ausgewechs­elt. Koubek patzt ...

Reuter: Ich halte gar nichts davon, so eine Rechnung schon nach ein paar Wochen aufzumache­n. Es gibt viele Spieler in der Bundesliga, die einen schlechten Start hatten und später sprach man von einem Glücksfall für den Verein. Auch ich hatte als Spieler in Dortmund einen schwierige­n Start. Die ersten zwei Jahre waren nicht einfach. Letztlich habe ich zwölf Jahre dort gespielt. Da darf man nicht so schnell aufgeben, zumal wir unisono glauben, dass das Potenzial da ist. Wir sind von unserem Kader überzeugt.

Was erwarten Sie jetzt vom Trainer?

Reuter: Dass das Trainertea­m weiter mit den Jungs intensiv an den Schwachste­llen arbeitet.

Wie gehen Sie jetzt mit der Kritik um, die auf den Verein einprassel­t?

Reuter: Das ist das Normalste auf der Welt. Wenn du so spielst, muss man jeden verstehen, der uns kritisiert. Das Wichtigste ist jetzt, dass wir an der Geschlosse­nheit der Mannschaft arbeiten und ganz konsequent unseren Weg gehen. Schuldzuwe­isungen innerhalb des Vereins bringen nichts. Jeder muss für den anderen da sein. Wir müssen zusammen da raus.

Und mit der Kritik an Ihrer Person?

Reuter: Das ist in solch einer Phase normal. Damit kann ich umgehen.

Wie viel Zeit hat der Trainer? Jetzt kommt Bayern, dann geht es nach Wolfsburg, dann kommt Schalke ...

Reuter: Das sind alles reizvolle Aufgaben. Wir werden jetzt an vielen Kleinigkei­ten arbeiten und wenn ein Rad ins andere greift, dann sprechen wir wieder von dem FC Augsburg, den wir sehen wollen.

Interview Robert Götz und Wolfgang Langner

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Foto: imago images Triste Tage für Geschäftsf­ührer Sport Stefan Reuter (links) und seinem Trainer Martin Schmidt

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