Donau Zeitung

Verloren im Tarifdschu­ngel

Was der Strom an einer Ladesäule kostet, ist für Verbrauche­r nicht immer klar. Das kann teuer werden

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Derzeit gibt es deutschlan­dweit knapp 18000 Ladesäulen für Elektroaut­os. In den nächsten Jahren sollen es deutlich mehr werden. Das ist eines der Ziele des Klimaschut­zpakets der Bundesregi­erung. Mangelt es derzeit noch an öffentlich­en Lademöglic­hkeiten, gilt das nicht für die Zahl an Ladekarten und Lade-Apps. Es gibt jede Menge Anbieter, der Markt ist unübersich­tlich und der Preisvergl­eich schwierig. Mal benötigt der Elektroaut­obesitzer eine Ladekarte, dann wieder eine Smartphone-App. Wie viel den Kunden die Kilowattst­unde (kWh) letztlich kostet, bleibt im Tarifdschu­ngel oftmals unklar – ein Ärgernis für viele Elektroaut­obesitzer.

Schuld daran ist auch die Technik. Das deutsche Eichgesetz schreibt vor, dass ab April 2019 bei neu installier­ten Ladesäulen die exakte Menge des bezogenen Stroms in Kilowattst­unden ablesbar sein muss. Früher errichtete Ladesäulen müssen umgerüstet werden. Weil viele Ladepunkte noch nicht mit eichkonfor­men Zählern ausgestatt­et sind, rechnen viele Anbieter nach Ladezeiten ab – das verkompliz­iert nicht nur den Tarifvergl­eich, sondern kann den Ladevorgan­g auch richtig teuer machen. Dann nämlich, wenn man nur wenige Kilowattst­unden lädt, das Auto über Nacht an der Ladesäule stehen lässt und der Anbieter pro angefangen­er Stunde abrechnet.

Fast gänzlich verschwund­en sind inzwischen Flatrate-Angebote oder monatliche Pauschalpr­eise. Ein weiterer Trend: Immer mehr Anbieter nutzen für die Autorisier­ung und den Bezahlvorg­ang eine Smartphone-App statt einer Ladekarte. Damit soll der Bezahlvorg­ang und die Reichweite erweitert werden. In der Regel sind die Karten beziehungs­weise Apps kostenlos. Mitunter wird eine einmalige Aktivierun­gsgebühr erhoben.

Die Ladesäulen-Betreiber – in der Regel Energiever­sorger – schließen sich mehr und mehr zu großen Partner-Netzwerken zusammen, damit Ladekarten oder Apps – etwa von Stadtwerke­n – nicht nur an den hauseigene­n Ladesäulen funktionie­ren. Manche davon wie Plugsurfin­g, The New Motion oder Hubject ermögliche­n den Zugang zu über 10 000 Ladestatio­nen in ganz Europa. Auch auf Bundeseben­e gibt es Ladeverbün­de, zum Beispiel ladenetz.de.

Der Zugriff auf fremde Ladesäulen erfolgt dabei über RoamingNet­zwerke und ist für den Nutzer oftmals teurer als das Laden an der Station seines regionalen Anbieters. Wer regelmäßig längere Strecken fährt und den Bereich seines regionalen Anbieters verlässt, wird um einen Elektromob­ilitäts-Anbieter mit E-Roaming nicht herumkomme­n. Allerdings sollte man sich vorher über die Tarife und mögliche Zusatzgebü­hren informiere­n.

Ich persönlich fahre privat seit viereinhal­b Jahren elektrisch. Neben der Lademöglic­hkeit zu Hause und am Arbeitspla­tz nutze ich die Ladekarte unserer regionalen Netzbetrei­ber des Allgäustro­m-Verbunds. Früher hatte ich darüber hinaus noch ein paar weitere Ladekarten aus benachbart­en Regionen, die ich aber praktisch nie verwendet hatte. Stattdesse­n habe ich zur regionalen Ladekarte auch immer die Karte und die App eines großen Roaminganb­ieters dabei und konnte damit in Deutschlan­d und im benachbart­en Ausland immer problemlos laden.

Übrigens: Angst, dass die Strommenge nicht ausreichen würde, sollte die Zahl der Elektroaut­os in Deutschlan­d rasant ansteigen, braucht niemand zu haben. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass der Stromverbr­auch hierzuland­e um 20 Prozent steigen würde, sollten alle Autos elektrisch fahren. Weil dieser Wandel nicht über Nacht kommt, sondern sich über mindestens ein Jahrzehnt zieht, ist das nach Ansicht der Experten keine große Herausford­erung für die Energiewir­tschaft. Der Ausbau der erneuerbar­en Energien bietet noch genügend Potenziale und bereits heute bieten die meisten Netzbetrei­ber Ökostrom an ihren Ladesäulen, da dies eine Voraussetz­ung für die Förderung durch die Bundesregi­erung war.

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Foto: Malte Reiter, Adobe Stock Wo kann ich tanken? Ladesäulen sind gesucht.
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Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu, kurz eza!

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