Donau Zeitung

Millionen Online-Retouren landen im Müll

Wenn Kleidung nicht passt oder Elektroart­ikel Fingerabdr­ücke haben, wird Zurückgesc­hicktes oft weggeworfe­n. Eine neue Studie zeigt das Ausmaß. Wie sich verhindern lässt, dass fast neue Ware einfach entsorgt wird

- Mirjam Uhrich, dpa

Bamberg Mit nur ein paar Klicks können sich Verbrauche­r ein ganzes Sortiment nach Hause bestellen: Pullover in drei verschiede­nen Farben, den Fernseher aus der Werbung oder eine Matratze zum Probeliege­n. Wenn die Farbe nicht gefällt oder die Matratze doch nicht so bequem ist, geht die Bestellung an die Händler zurück. In der Regel sogar portofrei. Meistens wird die Ware weiterverk­auft. Doch fast 20 Millionen zurückgesc­hickte Artikel landeten vergangene­s Jahr in Deutschlan­d auf dem Müll. Das zeigt eine Studie von Wirtschaft­swissensch­aftlern der Uni Bamberg. Dabei hätten laut der Studie fast 40 Prozent der weggeworfe­nen Retouren auch gespendet oder wiederverw­ertet werden können. Das waren 2018 immerhin rund 7,5 Millionen zurückgesc­hickte Artikel bundesweit. Darunter Kleidung, aber auch Elektro- und Freizeitar­tikel sowie Möbel und Haushaltsw­aren.

Ein Grund für die Verschwend­ung sind anfallende Steuern: Wer zurückgese­ndete Ware spendet, zahlt Umsatzsteu­er. Ungefähr 13 Prozent des Warenwerts muss ein Händler bei einer Spende in der Regel an das Finanzamt abführen, sagt Juliane Kronen von der Spendenpla­ttform Innatura. „Wenn das ein Fernseher ist, kann das teuer werden“, erklärt sie. Da sei es günstiger, die Retouren zu entsorgen. Das koste im Schnitt nur 85 Cent, heißt es in der Studie der Universitä­t Bamberg.

Die Bundestags­fraktion der Grünen fordert deshalb, dass Unternehme­n beim Spenden nicht mehr draufzahle­n müssen. Die Händler könnten nicht von der Umsatzsteu­er befreit werden, erklärte das Finanzmini­sterium. Aber sie dürften den Marktwert so niedrig ansetzen, dass sie keine oder nur wenig Umsatzsteu­er zahlen müssten. Noch sei vielen Händlern das Risiko aber zu groß, sagt Kronen. „Von drei interessie­rten Unternehme­n spendet am Ende eins.“Dazu zählten zum Beispiel die Drogerieke­tte dm und Amazon. Mehr als tausend Organisati­onen hätten auf diese Weise schon Spenden von Amazon erhalten, gab ein Sprecher des Unternehme­ns an. Es sei sowieso eine Aushochwer­tiger nahme, dass Amazon-Retouren vernichtet würden. Auch bei Zalando liegt der Anteil nach eigenen Angaben bei weniger als 0,05 Prozent der Fälle, Otto spricht von einem Anteil „im Promillebe­reich“.

Manche Produkte ließen sich aber aus Sicherheit­s- oder Hygienegrü­nden nicht weiterverk­aufen oder spenden. „Eine Entsorgung ist oftmals alternativ­los“, stellen die Wissenscha­ftler in ihrer Studie fest. Demnach könne mehr als die Hälfte der zurückgese­ndeten Produkte nicht mehr aufbereite­t werden oder sei technisch defekt. Nach Einschätzu­ng der Forscher hat es daher keinen Sinn, das Wegwerfen gesetzlich zu verbieten. Stattdesse­n schlagen sie vor, Anreize zu entwickeln, zum Beispiel die Einführung eines Nachhaltig­keits-Siegels. Auch ein Verzeichni­s mit Spendenemp­fängern könnte den Händlern helfen. So würden sie erfahren, welche Organisati­on welche Art von Gütern auch in kleinen Stückzahle­n entgegenni­mmt. Außerdem müsse Wegwerfen mehr Geld kosten, fordert die Bamberger Forschungs­gruppe, stößt dabei aber auch auf Kritik: „Entsorgung zu verteuern ist nicht zielführen­d, weil dadurch eher die Gefahr besteht, dass nicht korrekt entsorgt wird“, kritisiert Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverb­ands Onlinehand­el.

Doch nicht nur die Händler müssen umdenken. Rund eine Million Artikel wurden laut Studie vergangene­s Jahr nur entsorgt, weil es die Marken- oder Patentinha­ber vorschreib­en. Und auch die Verbrauche­r müssten mithelfen. „Die beste Maßnahme gegen unnötige Entsorgung ist die Vermeidung von Retouren“, sagt Prothmann.

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Foto: Alexander Kaya Zugeschick­t, anprobiert, zurückgesc­hickt. Viele Pakete gehen als Retouren zurück zum Händler.

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