Donau Zeitung

Noch bekommt er Rückendeck­ung

CSU-Landesgrup­pe steht in der Maut-Affäre hinter Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer. Die Gründe dafür sind vielschich­tig. Stolpert er, könnten andere mit ihm fallen

- VON STEFAN LANGE

Berlin Die CSU-Landesgrup­pe hatte zur Feier ihres 70. Geburtstag­es an Gästen alles eingeladen, was Rang und Namen hat in der Politik. Das Drumherum – ein ehemaliger HOSupermar­kt aus DDR-Zeiten im Osten Berlins – war zwar ungewöhnli­ch. Aber es kamen unter anderem Kanzlerin Angela Merkel, die CDU-Vorsitzend­e Annegret Kramp-Karrenbaue­r und fast alle, die in der CSU etwas zu sagen hatten – oder es immer noch tun. Der CSUVorsitz­ende Markus Söder etwa, die ehemalige Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t und als Gastgeber der aktuelle Chef der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt. Das Motto lautete: „Wir können alles. Auch Berlin“. Die Frage des Abends aber war: Kann die CSU-Landesgrup­pe auch mit Andreas Scheuer?

Der Verkehrsmi­nister war mit seiner Freundin Julia Reuss gekommen und stand etwas abseits. Während Gäste wie CSU-Urgestein Edmund Stoiber auf Stühlen Platz nahmen, mäanderte Scheuer durch die Halle. Die Opposition­sparteien im Bundestag hatten eben beschlosse­n, einen Untersuchu­ngsausschu­ss einzuricht­en. Grüne, FDP und Linke wollen wissen, wie es zur MautPleite kommen konnte. Sie fordern jetzt schon Scheuers Rücktritt.

So ein Untersuchu­ngsausschu­ss hat ein bisschen was von einer Gerichtsve­rhandlung. Es werden Akten gesichtet, Zeugen geladen. Eine Falschauss­age ist mit Strafe bedroht. Da kann man als Politiker schon nervös werden. Scheuer vielleicht besonders, denn der Untersuchu­ngsausschu­ss kommt zu einer Zeit, wo es gerade eher durchwachs­en läuft für die CSU, und zwar in Bayern wie in Berlin.

Im eigenen Land registrier­en die Christsozi­alen vergleichs­weise magere Beliebthei­tswerte. Die letzte Umfrage ist eine Woche alt und kam auf 37 Prozent. Das ist ziemlich genau das Ergebnis der Landtagswa­hl vor einem Jahr und nicht wirklich schlecht. Es ist aber weit von den 50 plus X der guten Jahre entfernt.

In der Hauptstadt ist die CSULandesg­ruppe vor dem Hintergrun­d des Durcheinan­ders bei CDU und SPD zwar zum Stabilität­sanker geworden. Beim Klimapaket hat die CSU über Georg Nüßlein und Anja Weisgerber Punkte machen können, bei der Grundsteue­r und anderen Grundsatzt­hemen lief es für die Landesgrup­pe auch ganz gut. Die Partei hat allerdings offenbar ein Kommunikat­ionsproble­m, denn in Bayern kommt die Performanc­e der Landesgrup­pe nicht an: Die Parteibasi­s macht Berlin fürs Umfragetie­f zumindest mitverantw­ortlich.

Dabei ist die Gemengelag­e komplizier­t. Denn dass es in Berlin nicht läuft, hat mit dem Chaos bei der SPD zu tun. Dafür kann die Landesgrup­pe nichts. Sie kann auch nichts für die Volten des Bundesinne­nministers. Parteifreu­nd Horst Seehofer hat seine Quotenrege­lung bei der Flüchtling­srettung offenbar ohne jede Absprache vorgeschla­gen und damit die CSU, die CDU und die Wähler nachhaltig irritiert. Für die CSU in Bayern entsteht daraus ein Bild, und das trägt den Titel: „Die in Berlin kriegen es nicht hin.“

Scheuer ist nicht unumstritt­en. Selbst in den eigenen Reihen wird Kritik an seiner Amtsführun­g geübt. Es ist die Rede von Verkehrspr­ojekten, die zwar gut aussehen, aber nicht gegenfinan­ziert seien. Möglicherw­eise hat sich Scheuer den Maut-Schlamasse­l am Ende auch nur eingebrock­t, weil er ein gutes Bild von sich zeichnen wollte.

Allerdings ist klar: In der Landesgrup­pe ist niemand, der Scheuer jetzt wegen der Pkw-Maut abserviere­n will. Selbst die, die keine Scheuer-Fans sind, halten zu ihm. Sie verweisen darauf, dass der Minister auf Grundlage eines Bundestags­beschlusse­s handelte. Sie erklären, dass die Signale aus Brüssel bis zuletzt eindeutig pro Maut waren. Und sie verweisen darauf, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f zwar das deutsche Maut-Modell gekippt habe, ähnliche Modelle in anderen EU-Staaten aber nicht beanstande.

Die Rückendeck­ung für Scheuer dient natürlich auch dem Selbstzwec­k. Würde Scheuer fallen, hätte das Auswirkung­en auf die gesamte Landesgrup­pe. Den Beteiligte­n ist bewusst, dass Söder dann auf eine umfassende Kabinettsu­mbildung bestehen würde. Damit wäre nicht nur Scheuer seinen Job los.

Damit es so weit kommt, müsste die Opposition schon Spektakulä­res ausgraben. Danach sieht es nicht aus. Noch nicht.

Parteibasi­s schaut kritisch nach Berlin

 ?? Foto: Andreas Arnold, dpa ?? Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer bekommt es jetzt wegen der Maut-Verträge mit einem Untersuchu­ngsausschu­ss zu tun. Die Opposition strebt seine Entlassung an, doch die CSU hält zu ihm.
Foto: Andreas Arnold, dpa Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer bekommt es jetzt wegen der Maut-Verträge mit einem Untersuchu­ngsausschu­ss zu tun. Die Opposition strebt seine Entlassung an, doch die CSU hält zu ihm.

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