Donau Zeitung

Erdogan beleidigt Maas

Der türkische Präsident setzt seine Militärsch­läge unbeeindru­ckt von Kritik fort. Richtung Deutschlan­d und USA feuert er Provokatio­nen

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Istanbul Auch eine Woche nach Beginn der vom Westen scharf verurteilt­en Militäroff­ensive der Türkei ist kein Ende der blutigen Kämpfe in Nordsyrien in Sicht. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan reagiert immer harscher auf die internatio­nale Kritik und versuchte, sich über die Sanktionen der USA und den Stopp der deutschen Rüstungsex­porte lustig zu machen. Dabei stieß Erdogan auch persönlich­e Beleidigun­gen gegen den deutschen Bundesauße­nminister Heiko Maas aus: Der türkische Staatschef nannte den SPD-Politiker einen „politische­n Dilettante­n“und tönte vor Mitglieder­n seiner AKP-Partei an Maas gerichtet: „Wenn du etwas von Politik verstehen würdest, würdest du nicht so sprechen.“

Maas blieb nicht das einzige Opfer von Erdogans Rundumschl­ägen: Auch die Kritik der US-Regierung wies Erdogan brüsk zurück. „Kommt und stellt euch in diesem Kampf auf die Seite der Türkei und nicht gegen sie oder mischt euch zumindest nicht ein“, sagte er. Wie er und seine Familie in den USA beurteilt werde, sei eine „große Respektlos­igkeit“gegenüber dem türkischen Staat, kritisiert­e Erdogan. Zudem provoziert­e der türkische Präsident die USA, in dem er am Mittwoch zunächst ablehnte, sich mit den US-Vizepräsid­enten Mike Pence und US-Außenminis­ter Mike Pompeo in Ankara treffen zu wollen. Ein paar Stunden später ließ der Präsidente­npalast das Weiße Haus wissen, dass die Begegnung nun doch stattfinde­n solle.

US-Präsident Donald Trump hat Pence und Pompeo als Vermittler in die Türkei beordert. Die Kurdenmili­zen waren für die USA in Syrien lange ein enger Verbündete­r im Kampf gegen die Terrormili­z IS gewesen. Unmittelba­r vor dem Besuch des US-Vizepräsid­enten schloss Erdogan zudem jegliche Verhandlun­gen mit der Kurdenmili­z YPG aus. Die Türkei setze sich nicht mit „Terroriste­n“an einen Tisch. Mit Pence wolle er aber reden. Parallel wollte Russlands Präsident Wladimir Putin mit Erdogan bei einem persönlich­en Gespräch klären, wie sich eine direkte Konfrontat­ion syrischer und türkischer Truppen in dem Bürgerkrie­gsland vermeiden lässt. Kremlchef Putin lud Erdogan nach Russland ein.

Moskau ist in dem Konflikt ein Verbündete­r des syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad. Die türkisch-russischen Beziehunge­n sind nicht harmonisch, Ankara ist aber etwa von Energielie­ferungen aus Russland abhängig und wendet sich auch bei Verteidigu­ngsfragen zunehmend an Moskau. Auch der UNSicherhe­itsrat in New York wollte sich am Mittwoch erneut mit dem Nordsyrien-Konflikt befassen. Schon am vergangene­n Donnerstag hatten Deutschlan­d und fünf weitere EU-Länger per Mitteilung ein Ende der Offensive gefordert.

Unterdesse­n erklärten in einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Ipsos 76 Prozent der befragten Bundesbürg­er, dass sie in näherer Zukunft einen Urlaub in der Türkei ausschließ­en. Die politische Lage in der Türkei habe sich so stark verändert, dass sie das Land momentan nicht als Tourist besuchen würden. Bei über 55-Jährigen schlossen sogar 85 Prozent eine Reise in die Türkei aus.

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Foto: dpa Der türkische Präsident Erdogan keilt gegen Kritiker im Westen.

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