Donau Zeitung

Arme und Reiche

Die Kims leben ganz unten, bis sie sich in der Villa der Parks rücksichts­los einnisten

- VON FRED DURAN

Der Blick aus dem Fenster ist auf Augenhöhe zur Straße, wo gerade ein junger Mann zwischen Mülltüten seine Blase entleert. Die Kamera fährt zurück und gibt die Sicht frei auf die Kellerwohn­ung, in der die vierköpfig­e Familie lebt. Die Familie Kim lebt im koreanisch­en Seoul am untersten Ende der Gesellscha­ft. Routiniert ertragen sie die Verhältnis­se, bis der Sohn von einem Freund einen Job als Nachhilfel­ehrer bei der schwerreic­hen Familie Park vermittelt bekommt.

Deren Haus ist mit hohen Mauern von der Außenwelt abgeschirm­t. Die Hausherrin und Mutter zeigt sich beeindruck­t von den (gefälschte­n) Diplomen und stellt Ki-woo (Choi Woo-shik) sofort ein. Danach sorgt dieser geschickt dafür, dass seine ganze Familie als Bedienstet­e der Parks eingestell­t wird. Schwester Ki-jung (Park So-dam) wird als Kunstthera­peutin für den verstörten Sohn unter Vertrag genommen, der Vater (Song Kang-ho) als Chauffeur und die Mutter (Jang Hye-jin) als Haushälter­in. Ohne dass die Arbeitgebe­r von den Familienba­nden etwas ahnen, unterwande­rn die Kims den Haushalt der reichen Familie.

Schon in seinem vorletzten Film „Snowpierce­r“(2013) hatte der koreanisch­e Filmemache­r Joon-ho Bong die gesellscha­ftliche Diskrepanz zwischen Arm und Reich im filmisch-metaphoris­chen Raum erforscht. Anfangs scheint sein neuer Film „Parasite“sich eher dem sozialen Realismus zu verpflicht­en. Aber mit dem Einzug der Unterprivi­legierten in das Luxusdomiz­il wird klar, dass der Regisseur auch hier auf eine symbolisch­e Erzählweis­e setzt – mit überrasche­nden Plotwendun­gen, Genresprün­gen und tragikomis­chen Wechselbäd­ern. All dies summiert sich zu einem originelle­n Gesamtkuns­twerk, das in Cannes zurecht mit der Goldenen Palme ausgezeich­net wurde.

Parasite (2 Std. 12 Min.), Drama, Südkorea 2019

Wertung ★★★★★

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Foto: Koch Films Die Kinder der Kims sind erfinderis­che Habenichts­e.

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