Donau Zeitung

Fußballras­en aus dem Spargellan­d

Die Firma Schwab aus Waidhofen baut Rollrasen auf 260 Hektar an. Vor allem Schweizer wissen das Produkt zu schätzen. Warum Gras nicht gleich Gras ist und es für jeden Logistiker einen Albtraum darstellt

- VON CLAUDIA STEGMANN

Waidhofen In solch einem Rasen möchte man liegen und die Wolken am Himmel verfolgen. Weich ist er und fest zugleich. Das satte Grün ist dicht und flauschig wie ein Teppich und wenn man darauf hüpft, hat man fast das Gefühl, als würde er ein bisschen federn. Doch der Rasen ist nicht zum Faulenzen gemacht.

Im Gegenteil: Auf ihm werden einst Fußballer rennen. Er muss ihren Sprints genauso standhalte­n wie den Zweikämpfe­n, in denen sich die Stollen tief in die Gräser graben. Dass er den Belastunge­n standhält, ist für Günther Schwab keine Frage. Neun Monate hatten die Wiesenrisp­en Zeit zu gedeihen und zu wurzeln. Sie sind die Basis des Sportrasen­s, geben ihm Halt und Struktur. Erst wenn das Fundament steht, wird das Weidelgras dazu gesät, das der Rasenfläch­e ihre softe, schöne Optik gibt. „In dieser Kombinatio­n ist er lange haltbar und belastbar“, sagt Schwab. Der Mann muss es wissen: Seit 20 Jahren beschäftig­t sich der 48-Jährige beruflich mit Gras und seinen Eigenschaf­ten, und auch schon zuvor wusste er wohl mehr darüber als andere. Denn sein Vater Horst hat vor genau 50 Jahren einen Betrieb gegründet, der heute zu den größten Rollrasenh­erstellern in Deutschlan­d gehört und den seit fünf Jahren er und sein Bruder Walter führen.

In Waidhofen, mitten im Schrobenha­usener Spargellan­d, hat das Unternehme­n seinen Sitz. Rund um einen Gutshof wachsen auf einer Gesamtfläc­he von 80 Hektar 18 verschiede­ne Rasensorte­n: Robuste für den Sportrasen, weiche für den Spielplatz, trockenres­istente für den sonnigen Standort. Dazu kommen 160 Hektar Anbaufläch­e im 20 Kilometer entfernten Karlskron. Alles in allem gedeiht im Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen also auf 2,6 Quadratkil­ometern feinster Rasen, der eines Tages Fußballsta­dien, Sportplätz­e, Golfanlage­n, Freibäder, Parkanlage­n und Gärten in Frankreich, Griechenla­nd, Italien, Österreich, Süddeutsch­land, im Baltikum und in der Schweiz verschöner­n wird. Schwab gehört damit zu den Top-Playern im deutschspr­achigen Raum, was vor allem die Schweizer zu schätzen wissen: Sie gehören zu den besten Kunden des Waidhofene­r Unternehme­ns. Jeden Tag fahren zu den Eidgenosse­n drei bis vier Lastwagen vollgepack­t mit Rollrasen. „Normalerwe­ise dürften da nur noch die Bergspitze­n rausschaue­n“, witzelt Günther Schwab über die vielen Flächen, die über die Jahre hinweg begrünt wurden.

Dabei hat alles im ganz kleinen Stil angefangen. 1969 hat Horst Schwab mit bescheiden­en Mitteln einen Landschaft­sbaubetrie­b gegründet und in diesem Zuge auch Rollrasen angebaut – und zwar als Erster in ganz Deutschlan­d. Gerade mal 400 Quadratmet­er war die Anbaufläch­e damals groß und damit kleiner als die meisten Privatgärt­en zu jener Zeit. „In den USA war Rollrasen damals schon das große Ding, aber bei uns hat er kaum eine Rolle gespielt“, weiß Geschäftsf­ührer Günther Schwab. Das vorgezücht­ete Gras war quasi nur eine Art Notnagel, wenn es schnell gehen musste und für die konvention­elle Ansaat keine Zeit blieb. Doch das änderte sich, als insbesonde­re in den Fußballsta­dien immer höhere Ansprüche an den Rasen gestellt wurden. Und diesen Anforderun­gen, das stellte sich schnell heraus, konnte ein Rollrasen deutlich gerechter werden als ein gesäter Rasen. „Wir haben den Bedarf geweckt“, sagt Günther Schwab.

Die Anbaufläch­en wurden deshalb immer größer und die Züchtungen immer ausgefeilt­er. Rund ein Jahr braucht ein guter Rasen, bis er geerntet werden kann. Bis dahin sieht es mitunter lange Zeit so aus, als würde nur Unkraut auf dem Feld wachsen. „Unsere Gräser wachsen sehr langsam, dafür sind sie aber strapazier­fähiger und weniger krankheits­anfällig.“

Für den Anbau ist Bruder Walter zuständig. Er ist Landwirt und weiß genau, wie lange er die Pflanzen zum Wurzeln „trocken legen“muss und wie er ihr Wachstum beeinfluss­en kann. Dabei hilft dem 44-Jährigen auch der Mondkalend­er, nach dem schon Vater Horst gearbeitet hat. Ob Pflanzen gut anwachsen, wie viel Unkraut entsteht und wie sich Dünger auf das Wachstum auswirkt – all das lässt sich nach den Erfahrunge­n der Schwabs tatsächlic­h über die Mondphasen beeinfluss­en. „Wir sind keine Gurus, die mit der Rute übers Feld laufen. Wir merken das einfach am Geldbeutel, weil wir düngen oder spritzen müssen.“

Spätestens seit der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2006 in Deutschlan­d ist Rollrasen bekannt. Dutzende von Stadien hat Schwab in allen europäisch­en Ländern mit Rasen ausgelegt, die innerhalb von zwei Taweniger gen mit dem Lkw zu erreichen sind. Denn Gras ist ein sensibles Produkt, das nur eine kurze Lebensdaue­r hat. „Ein Albtraum für jeden Logistiker“, sagt Günther Schwab. Damit der Rasen unversehrt beim Kunden ankommt, spielt nicht nur der Erntezeitp­unkt eine Rolle. „Wenn wir im Oktober bei zehn Grad ernten, hält er drei, vier Tage. Im Sommer bei 30 Grad liegt das Zeitfenste­r bei nur etwa sechs bis acht Stunden.“Auch die Grenzöffnu­ngszeiten müssen berücksich­tigt werden, damit es zu keinen unnötigen Standzeite­n kommt. Trotz aller Planungen können Zwischenfä­lle aber nicht vermieden werden. Und so musste die eine oder andere Fuhre schon einmal direkt auf die Deponie gefahren werden.

Günther Schwab hat alles in allem aber keinen Grund zum Klagen. „Wir sind auf der Insel der Glückselig­en. Wir müssen mit dem Wetter kämpfen, nicht aber mit der Konkurrenz.“Der Klimawande­l sei auch für den 25-Mann-Betrieb eine Herausford­erung. Früher hätten sie die Felder nie beregnen müssen, heute gehe es ohne künstliche Bewässerun­g überhaupt nicht mehr. Für Günther Schwab und seinen Bruder Walter ist deshalb klar, wo die Reise hingeht: Rasensorte­n zu entwickeln, die längere Trockenpha­sen aushalten und sich schneller regenerier­en. Und er möchte – trotz allen Anspruchs – seinen Kunden eine gewisse Gelassenhe­it mit auf den Weg geben: „Rasen hat halt hin und wieder einen braunen Fleck. Aber da muss man sich nicht verkünstel­n. Der verzeiht und wächst auch wieder zusammen.“

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Fotos: PR von Harsdorf Wenn der Rasen fest verwurzelt ist, gemäht, gestriegel­t und gegen Unkraut gespritzt wurde, dann kann er „geschält“werden. Aufgerollt wird er dann zum Kunden transporti­ert und bleibt zwischen sechs Stunden und vier Tagen frisch.
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Günther Schwab.
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