Donau Zeitung

Jetzt sind die Radler dran

- VON ERICH PAWLU redaktion@donau-zeitung.de

Wer sich bisher aufs Fahrrad schwang, durfte sich fühlen wie ein Held. Wenn er Autos im Stau überholte, empfand er nicht nur den Stolz des Siegers. Er genoss zugleich das Ansehen des Umweltrett­ers. Denn er verpestete nichts. Er glaubte, dass er mit jedem klimaneutr­alen Tritt in die Pedale der Zukunft der Menschheit einen Dienst erweist.

Aber diese Möglichkei­t, auf beschwingt­e Weise ein kleiner Heiliger zu werden, wird nun in Frage gestellt. Missgünsti­ge Forscher sehen im Fahrrad plötzlich eine Feinstaubs­chleuder. Vor allem der Reifenabri­eb beim Bremsen schade der Umwelt. Wer radelt, arbeite nicht an einer besseren Zukunft, sondern am kräftigen Ausstoß von Metalloxid­en.

Das ist ein harter Schlag auch für alle kleinen Leute, die bisher auf ihrem Rad dem großen Guten dienten. Und es ist zu befürchten, dass uns jetzt nicht nur die Lust am Autofahren, sondern auch jene Lust am Radeln genommen wird, die Joachim Ringelnatz in seiner Autobiogra­fie gepriesen hat: „Ich stieg aufs Rad, wenn ich einen Brief in den Postkasten werfen sollte, obwohl der Kasten neben unserem Haustor befestigt war. Ich radelte zur Schule. Ich machte weite Ausflüge im Rasetempo. Ich konnte im Fahren die kühngeschw­ungene Lenkstange loslassen oder mich auf den Sattel stellen. Ich konnte mit einem verwegenen Schwung nach vorn abspringen. Ich stürzte hundertmal, oft auf groteske, bedrohlich­e Weise. Stets ohne inneren Schaden zu nehmen.“

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