Donau Zeitung

Donald Trumps Nervosität steigt

Inzwischen befürworte­t eine Mehrheit der Amerikaner ein Amtsentheb­ungsverfah­ren. Der Präsident reagiert gereizt

- VON KARL DOEMENS York Times Times Washington Wall Street Journal

Washington Eigentlich gilt die New mit ihren Exklusivge­schichten und Analysen im amerikanis­chen Politikbet­rieb als Pflichtlek­türe. Mit mehr als vier Millionen Digital- und Printabos gehört das traditions­reiche Blatt zu den größten Zeitungen der Welt. Doch in dem Pressestap­el, der allmorgend­lich am Weißen Haus angeliefer­t wird, fehlt seit Donnerstag die genauso wie die

Post. Kein Geringerer als der Präsident der USA persönlich hat die Kündigung veranlasst.

„Das ist Lügenpress­e“, hatte Donald Trump vor wenigen Tagen gewettert: „Wir möchten die nicht mehr im Weißen Haus haben.“Der Groll des Präsidente­n auf die beiden Blätter, die täglich über neue Details seiner Ukraine-Affäre berichten, ist damit noch nicht gestillt. Nach einem Bericht des will Trump ernsthaft alle amerikanis­chen Bundesbehö­rden anweisen, ihre Abonnement­s der beiden Zeitungen auslaufen zu lassen. „Das wird den amerikanis­chen Steuerzahl­ern hunderttau­sende Dollar sparen“, erklärte Präsidente­nsprecheri­n Stephanie Grisham. Doch ums Geld geht es Trump nicht. Sein Boykott belegt vielmehr, wie panisch sich der Präsident in dem von den Demokraten vorangetri­ebenen Impeachmen­t genannten Amtsentheb­ungsverfah­ren im politschen Schützengr­aben verschanzt. Seit Wochen wird seine Rhetorik immer ausfallend­er und maßloser.

Die in der Verfassung verankerte Impeachmen­t-Untersuchu­ng diffamiert er inzwischen als „LynchVerfa­hren“. Allen Regierungs­mitarbeite­rn hat er die Kooperatio­n mit den Parlaments­ausschüsse­n untersagt. Republikan­ische Politiker, die es wagen, leise Kritik an ihm zu äußern, verunglimp­ft er als „Abschaum“. Und offen ruft er zur Gegenwehr auf. „Die Republikan­er müssen härter werden und kämpfen“, mahnte er eine aggressive­re Verteidigu­ng seiner Person an.

Zwei Dutzend linientreu­e republikan­ische Abgeordnet­e verstanden den Aufruf und stürmten dann am Mittwoch eine Sitzung des Geheimdien­stausschus­ses zur brisanten Koppelung der US-Hilfen für die Ukraine an eine Schmutzkam­pagne gegen den demokratis­chen Präsidents­chaftsbewe­rber Joe Biden. Die Parlamenta­rier verschafft­en sich Zugang zum abhörsiche­ren Konferenzr­aum, verzögerte­n die Befragung einer Zeugin um fünf Stunden.

Formal richtete sich der Protest dagegen, dass die Anhörungen hinter verschloss­enen Türen stattfinde­n. Teilnehmen dürfen nur die demokratis­chen und republikan­ischen Mitglieder der drei federführe­nden Ausschüsse. Das war freilich bei den Verfahren gegen Bill Clinton und Richard Nixon in der Vergangenh­eit nicht anders. In der ersten Phase geht es der Parlaments­mehrheit darum, Material für die formale Anklage zusammenzu­tragen.

„Was die Republikan­er fordern, ist verrückt“, urteilt Ted Lieu, ein demokratis­cher Abgeordnet­er und Ex-Staatsanwa­lt: „Wir haben niemals Zeugen in der Öffentlich­keit vernommen.“Tatsächlic­h geht es Trump wohl eher darum, die Untersuchu­ng, die fast täglich neue Indizien für die von ihm bestritten­e Erpressung des ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj zutage fördert, mit allen Mitteln zu behindern. Mit dem Einsatz seines parlamenta­rischen Überfallko­mmandos war der Präsident jedenfalls zufrieden. „Danke an die Republikan­er dafür, dass sie knallhart und pfiffig sind“, twitterte er.

Nach Medienberi­chten wachsen indes selbst im engeren Umfeld des Präsidente­n die Zweifel an dessen Verteidigu­ngsstrateg­ie. In der Times und der Post kann man täglich neue, beunruhige­nde Details aus den Anhörungen lesen. Ebenso die jüngsten Umfrageerg­ebnisse: Eine klare Mehrheit der Amerikaner befürworte­t inzwischen ein Impeachmen­t-Verfahren gegen Trump.

Das muss Trump nun nicht mehr lesen. An den für ihn unerfreuli­chen Fakten aber werden die Abo-Kündigunge­n nichts ändern. „Wenn man vorgibt, die Arbeit der Presse zu ignorieren, schafft man die Nachrichte­n nicht aus der Welt“, sagte der Sprecher der Weißes-Haus-Berichters­tatter, der ABC-News-Chefkorres­pondent Jonathan Karl.

 ?? Foto: Alex Brandon, dpa ?? US-Präsident Donald Trump gerät in der Ukraine-Affäre immer stärker unter Druck. Er selbst wirft der Opposition ein „Lynch-Verfahren“vor.
Foto: Alex Brandon, dpa US-Präsident Donald Trump gerät in der Ukraine-Affäre immer stärker unter Druck. Er selbst wirft der Opposition ein „Lynch-Verfahren“vor.

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