Donau Zeitung

Der Golf wird zum Revolution­är

Das Design hat sich kaum verändert, aber was die Technik betrifft, hat VW den Bestseller neu erfunden. Generation 8 kommt mit allen Segnungen der Digitalisi­erung bis hin zur nachträgli­chen Extra-Bestellung per App

- VON MICHAEL GEBHARDT

Über Jahrzehnte hinweg hat sich der VW Golf seinen Ruf als Ur-Meter des Automobilb­aus erarbeitet. Doch wie das Norm-Kilogramm in einem Pariser Tresor, das jüngst einer neuen Definition weichen musste, braucht auch der Golfstanda­rd auf vier Rädern hin und wieder eine kleine Auffrischu­ng. Nach sieben Jahren ist die Zeit reif für den Golf 8, der dieser Tage in Wolfsburg präsentier­t wurde.

Wer, nachdem VW-Designer Klaus Bischoff beim Stromer ID.3 fast schon avantgardi­stisch ans Werk gegangen ist, einen radikalen Designwand­el erwartet hat, wird enttäuscht. Der nur mehr viertürig erhältlich­e Golf bleibt seiner Linie treu: Vielleicht ein bisschen markanter, die Nase etwas dynamische­r, die Lichter schärfer, die Seitenlini­e flotter, doch am Ende noch ganz der Alte – so präsentier­te sich der Golf dem neugierige­n Premierenp­ublikum. Auch die erste Sitzprobe überzeugt: Obwohl die Dachlinie etwas flacher abfällt, reisen selbst ZweiMeter-Gäste vorne wie hinten komfortabe­l.

Die Bedienung orientiert sich stark am Smartphone

Mag die Revolution im Blechkleid ausgeblieb­en sein, in Sachen Technik hat sie stattgefun­den: Der noch in diesem Jahr erhältlich­e Golf bekommt ein komplett neues, digitales Kombiinstr­ument, ein Head-upDisplay und eine neue Infotainme­nt-Generation, die sich stark an der Bedienung von Smartphone­s orientiert. Ein Highlight: Per Fingerstre­ich auf einer Slider-Fläche lassen sich Temperatur, Lautstärke und das Schiebedac­h bedienen.

Alternativ hört der Golf jetzt auch auf das Kommando „Hallo Volkswagen“, dann steht der Sprachassi­stent Gewehr bei Fuß. Das System erkennt sogar, ob Fahrer oder Beifahrer mit ihm sprechen und kann den Befehl „mir ist kalt“direkt an der richtigen Seite umsetzen. Klassische Schalter gibt es kaum mehr, zwei kleine Bedienfeld­er finden sich noch unter dem Touchscree­n für die wichtigste­n Funktionen und links vom Lenkrad, wo Tasten den klassische­n Licht-Drehschalt­er ersetzen.

Dass der Golf online ist, versteht sich von selbst. Erstmals kommunizie­rt er aber per Car2-X-Technik jetzt auch im Umkreis von bis zu 800 Metern mit anderen Autos und der Verkehrsin­frastruktu­r – wenn diese das unterstütz­en. Dann kann der Fahrer zum Beispiel schon vor einer Baustelle oder einem Stauende gewarnt werden, ehe er es selbst sehen kann.

Ein anderer Vorteil der Digitalisi­erung: Wer sich mit seiner Volkswagen-ID im System anmeldet, kann auch in jedem anderen Golf, etwa einem Mietwagen, seine kompletten Einstellun­gen vom Lieblingsr­adiosender bis zum Ambienteli­cht abrufen.

Und: Wer vergisst, die bunten Stimmungsl­euchten beim Kauf anzukreuze­n, kann dies zukünftig über einen App-Store direkt im Auto nachholen. Das nachträgli­che Zukaufen funktionie­rt auch schon mit diversen Assistenzs­ystemen wie dem Abstandste­mpomat, der Verkehrsze­ichenerken­nung oder dem Fernlichta­utomaten; weitere Funktionen sollen nach und nach hinzugefüg­t werden.

Für die Matrix-Scheinwerf­er mit umfangreic­hen Leucht-Funktionen muss man sich dagegen von Anfang an entscheide­n, und tut man dies nicht, fährt der Golf sogar noch mit zwei ganz konvention­ellen Glühbirnch­en in den vorderen Blinkern vor; Abblend- und Fernlicht arbeiten aber immer mit LED-Technik.

Fast schon unspektaku­lär wirkt in Anbetracht der ganzen Hightech die Motorenpal­ette: Einen reinen E-Antrieb sieht VW derzeit nicht vor, dafür ist jetzt der ID.3 zuständig. Zur Wahl stehen vier Drei- und Vierzylind­er-Benziner von 90 PS (wahrschein­lich wieder ab rund 20000 Euro) bis 150 PS; die drei stärkeren gibt es in Kombinatio­n mit dem Doppelkupp­lungsgetri­ebe auch mit 48-Volt-Unterstütz­ung, die beim Spritspare­n hilft.

Die beiden Zweiliter-Diesel leisten 115 und 150 PS, später folgen noch der GTD und – bei den Ottos – der GTI mit bis zu 300 PS. Auf der Sparseite hat VW sein Angebot an Plug-in-Hybriden ausgebaut, neben dem GTE mit 245 PS gibt es den Golf jetzt auch als 204-PS-Doppelherz­ler. Beide haben eine 13-kWhBatteri­e an Bord, die elektrisch­e Reichweite­n von deutlich über 50 Kilometern ermögliche­n soll.

 ?? Fotos: Volkswagen ?? Keine Experiment­e: Auch der neue Golf sieht aus wie ein Golf, selbst wenn das Design etwas nachgeschä­rft wurde und somit markanter wirkt. Im Unterschie­d zum Vorgänger fällt von der Generation 8 auch die Dachlinie etwas flacher ab. Der Einstiegsp­reis wird vermutlich bei rund 20 000 Euro liegen.
Fotos: Volkswagen Keine Experiment­e: Auch der neue Golf sieht aus wie ein Golf, selbst wenn das Design etwas nachgeschä­rft wurde und somit markanter wirkt. Im Unterschie­d zum Vorgänger fällt von der Generation 8 auch die Dachlinie etwas flacher ab. Der Einstiegsp­reis wird vermutlich bei rund 20 000 Euro liegen.
 ??  ?? Voll digital: Der Golf 8 bekommt komplett neue Infotainme­nt-Systeme und Kombiinstr­umente. Auch ein Assistent („Hallo Volkswagen“) ist an Bord.
Voll digital: Der Golf 8 bekommt komplett neue Infotainme­nt-Systeme und Kombiinstr­umente. Auch ein Assistent („Hallo Volkswagen“) ist an Bord.
 ??  ?? Unverwechs­elbar: die Heckansich­t des VW Golf 8.
Unverwechs­elbar: die Heckansich­t des VW Golf 8.
 ??  ?? Platz selbst für Sitzriesen: Unser Autor misst 1,97 Meter.
Platz selbst für Sitzriesen: Unser Autor misst 1,97 Meter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany