Donau Zeitung

Zwei Männer auf der Lauer

In unseren Live-Interviews präsentier­ten sich Merz und Laschet zuletzt grundversc­hieden, aber gleich entschloss­en

- VON GREGOR PETER SCHMITZ

Augsburg Nein, der nächste Kanzlerkan­didat oder die nächste Kanzlerkan­didatin der Christlich-Demokratis­chen Union (CDU) wird nicht in Augsburg gekürt. Doch konnte man in den vorigen Wochen fast den Eindruck gewinnen, der Weg dahin führe zwangsläuf­ig über die Fuggerstad­t. Denn nacheinand­er waren bei unserem Live-Interview zu Gast: erst Friedrich Merz, Hoffnungst­räger vor allem des wirtschaft­snahen und konservati­ven CDU-Flügels sowie erklärter AKK-Gegner, und gleich danach Armin Laschet, Ministerpr­äsident des größten Bundesland­es Nordrhein-Westfalen – und ebenfalls ein heißer Kanzlerkan­didaten-Ersatzkand­idat.

War das nur eine Laune des Terminkale­nders? Auch. Aber es steckte zugleich Kalkül dahinter. Beide Männer wissen: Die CDU wird aller Voraussich­t nach keine Urwahl durchführe­n, die CSU redet bei der

Kanzlerkür mit. Deswegen lohnt es, sich in Bayern zu zeigen. Wenn man dabei Rivalin AKK etwas piesacken kann, umso besser.

Das tun beide gerne. Merz hat zwar gerade vor allem gegen Kanzlerin Merkel losgeleder­t, der er „Untätigkei­t und mangelnde Führung“unterstell­te, die sich wie ein Nebelteppi­ch über das Land gelegt habe. Für AKK fand er eher milde Worte. Doch bei seinem Auftritt in Augsburg Mitte September kritisiert­e Merz die Führungssc­hwäche der aktuellen Koalition ebenso klar wie die eigene Partei. Also: auch Parteichef­in AKK. Dass Merz großherzig zugestand, er hätte an ihrer Stelle auch Fehler gemacht, machte die Breitseite nicht weniger scharf.

Laschet wurde vorigen Freitag in Augsburg noch direkter. Er attackiert­e AKK für ihren Syrien-Vorstoß, den man besser habe abstimmen müssen. Sein Zusatz „Was meint sie?“, der auf viele offene Fragen zum militärisc­hen Vorgehen abzielte, schaffte es bis in die Tagesschau – was zeigt, wie AKK-Kritiker auf jede Kritik an ihr warten.

Interessan­t sind im direkten Duell die unterschie­dliche Strategie und das Auftreten der beiden Kandidaten. Laschet wirkt verbindlic­h, fast drollig, wie ein netter Onkel von nebenan. Das lässt ihn leicht harmlos erscheinen, vor seinem Wahlsieg in NRW galt er vielen als „lasch“. Merz hingegen tritt nach wie vor sehr selbstbewu­sst auf. Er zeigt sich etwa fest überzeugt, die AfD wäre nie so stark geworden, wenn er früher mitregiert hätte. Laschet konnte, angesproch­en darauf, nur schmunzeln – es war bei ihm herauszuhö­ren, so viel Selbstbewu­sstsein habe wohl nur ein Mann wie Merz.

Dabei ist Laschet politisch durchaus gewieft. Er galt vielen in der Union lange als arg links, aber vor dem eher konservati­ven Publikum in Augsburg betonte er seine Wirtschaft­skompetenz. Der Ministerpr­äsident gab grinsend zu, sein bayerische­r Kollege Markus Söder habe ihn in Sachen Klimapolit­ik links überholt, etwa beim Kohleausst­ieg.

Man dürfe weder grüner als die Grünen werden noch die deutsche Autoindust­rie kaputt reden, sagte Laschet. Merz argumentie­rte ähnlich – doch legte sich mit Greta Thunberg an, als er sagte, seine Tochter hätte er nicht vor den Vereinten Nationen reden lassen. Laschet hingegen hob lächelnd hervor, mit Greta lege er sich nicht an.

Wer besser ankam? Das Video vom Merz-Auftritt wurde schon über eine halbe Million Mal abgerufen, jedoch hagelte es zahlreiche kritische Kommentare, gerade zur Greta-Schelte. Selbst Live-Zuhörer stellten viele Fragen zu seiner umstritten­en Tätigkeit für den Vermögensv­erwalter Blackrock.

Laschet bekam weniger Abrufe, aber auch harmlosere Fragen, etwa zum Derby zwischen BVB und Schalke, für das er verbindlic­h ein Remis tippte. Nächster angefragte­r Gast für unsere Live-Interviews in Augsburg ist übrigens: Annegret Kramp-Karrenbaue­r.

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Foto: Marcus Merk Armin Laschet im Oktober in Augsburg.
 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Friedrich Merz im September in Augsburg.
Foto: Ulrich Wagner Friedrich Merz im September in Augsburg.

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