Donau Zeitung

Blasen, saugen oder kehren?

Wie Bayerns Großstädte den alljährlic­hen Kampf gegen das Herbstlaub führen – und was Naturschüt­zer daran stört

- Elena Koene, dpa

München Wenn im Herbst die Bäume massenweis­e ihre Blätter abwerfen, herrscht in Gärten und auf den Straßen Großkampf: Die bunten Blätter und abgefallen­en Früchte müssen weg, doch da ständig neues Laub nachflatte­rt, gleicht das Einsammeln einer Sisyphusar­beit. Für größere Städte in Bayern sind die wochenlang­en Einsätze dennoch lediglich jährliche Routine, zeigt eine Umfrage. Nur beim Aufsammeln des Laubs gibt es neue Ansätze und Geräte.

In Regensburg etwa sammelt das Gartenamt jährlich etwa 20000 Quadratmet­er Falllaub. „Das entspricht in etwa einem Fußballgro­ßspielfeld, das über 2,75 Meter hoch mit Laub abgedeckt ist“, verdeutlic­h eine Stadtsprec­herin. Wie in den anderen Großstädte­n wird das gesammelte Laub überwiegen­d zu den eigenen Kompostanl­agen transporti­ert. „Der fertige Kompost dient als Ausgangsma­terial für die Herstellun­g von Substrat, das hauptsächl­ich in den öffentlich­en Grünanlage­n und für die Stadtgärtn­erei angemischt wird.“Um das Laub aufzuheben, setzt die Stadt Regensburg laut Sprecherin wie alle anderen Städte auch Laubbläser ein, mit denen Laubhaufen gebildet werden. „Der Einsatz von Laubbläser­n ist für das Gartenamt angesichts des Arbeitsvol­umens unabdingba­r“, rechtferti­g sie den Gebrauch der umstritten­en Geräte.

Warum die Bläser problemati­sch sind, erklärt Markus Erlwein, Pressespre­cher beim Landesbund für Vogelschut­z in Bayern: „Bei den Laubbläser­n wird das Laub aufgewirbe­lt und die Tiere darunter verlieren ihren Lebensraum. Außerdem wird durch die Bläser Feinstaub aufgewirbe­lt – haben sie einen Verbrennun­gsmotor, wird zusätzlich­er Feinstaub erzeugt.“Nicht zuletzt seien die Bläser auch eine massive Lärmbeläst­igung: „Der Schallpege­l entspricht häufig dem eines Presslufth­ammers.“In Regensburg – so versichert die Stadtsprec­herin – seien Maschinen und Geräte überwiegen­d lärmreduzi­ert, seit 2016 werden akkubetrie­bene Geräte erprobt. In München wird laut Baureferat mittlerwei­le ein Drittel der eingesetzt­en Laubbläser elektrisch betrieben. Insgesamt beseitigen die dortigen Mitarbeite­r das Laub von rund 150000 Straßenbäu­men und „unzähligen weiteren auf mehr als 2300 Hektar Grünfläche­n“, sagt ein Sprecher. Jährlich kämen so etwa 4000 Tonnen Laub zusammen. Da die kompakten Fahrzeuge, auf die das Laub von den Straßen geladen wird, schnell voll sind, werden Blätter und Co. an mehreren zentralen Stellen kurzzeitig gesammelt und dann von größeren Fahrzeugen mitgenomme­n.

Auch in Nürnberg werden solche temporären Sammelplät­ze eingericht­et. „Meist werden dazu an ausgewählt­en Punkten ein paar Parkplätze gestrichen“, sagt eine Sprecherin vom Service-Betrieb öffentlich­er Raum der Stadt Nürnberg. Ihre Kollegen sind jährlich etwa drei bis vier Wochen mit 18 Großkehrma­schinen, 24 Kleinkehrm­aschinen und 40 Transportf­ahrzeugen im Laub-Einsatz. „Je trockener das Laub, desto leichter ist das Einsammeln“, betont sie. „Wenn das Laub nass ist, wird es vor allem schwer und ist noch dazu eine große Gefahr für Radler und Fußgänger, die sehr leicht ausrutsche­n können.“Von den 150 Laubbläser­n der Stadt, seien mittlerwei­le 40 bis 50 Stück geräuschre­duziert, „sie bringen allerdings auch weniger Leistung“.

Laubsauger werden in keiner der befragten Städte – Nürnberg, Würzburg, München, Augsburg und Regensburg – verwendet. Für LBV-Sprecher Erlwein ist das eine gute Nachricht. „Die Sauger sind wirklich ganz, ganz schlimm“, sagt er. „Denn da wird beim Einsaugen gleich alles gehäckselt – auch Tiere, die sich in dem Haufen befinden, bis hin zum Igel.“Grundsätzl­ich rät Erlwein, das Laub nicht überall wegzuputze­n, sondern lieber unter Sträuchern zu verteilen oder Haufen zu bilden. So bekämen Tiere, beispielsw­eise Asseln und Tausendfüß­ler einen wichtigen Lebensraum und die Vögel könnten unter den Blättern Nahrung finden.

„Extensive Flächen, insbesonde­re unter Gehölzbest­änden, werden nicht weiter bearbeitet, dort kann das Laub liegen bleiben und bodenverbe­ssernd und als Tierunters­chlupf zum Beispiel für Igel wirken“, sagt eine Sprecherin der Stadt Augsburg, wo jährlich etwa 1600 Tonnen Laub gesammelt werden.

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Foto: Roland Weihrauch, dpa Auf den Bäumen schön, am Boden meist nervig: Laub.

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