Jenseits der Welt
Mit Ann Weisgarber zu den Mormonen
Im Original heißt das Buch von Ann Weisgarber „The Glovemaker“, denn Deborah, die Hauptfigur, ist Handschuhmacherin. Die deutsche Ausgabe trägt den Titel „Unter Heiligen“und weist damit auf einen ungewöhnlichen Inhalt hin. Die amerikanische Autorin führt ihre Leser in eine für uns fremde Welt: die der Mormonen Ende des 19. Jahrhunderts. Wie ihr Mann Samuel und ihr Schwager Nels ist Deborah Mormonin. Doch ihre Familie praktiziert nicht die vom „Propheten“Joseph Smith propagierte und von den USBehörden verbotene Vielehe. In der Schlucht, in der Samuel und Deborah sich mit anderen Familien niedergelassen haben, leben sie in einer Art „DazwischenWelt“. Allerdings helfen Samuel und Nels anderen Männern mit mehreren Frauen auf der Flucht vor der Polizei. Als Deborah wieder einmal allein ist, weil Samuel sein Geld als fahrender Radmacher verdient, klopft ein Mann an ihre Tür. Damit beginnt ein Drama, das Weisgarber aus den Perspektiven von Deborah und Nels schildert, wobei die winterliche Szenerie in der abgeschiedenen Schlucht zum Spiegel der inneren Zerrissenheit der Protagonisten wird. Beide sind verwurzelt im Glauben und entschlossen, gottgefällig zu leben. Und doch schleicht sich immer wieder ein leiser Zweifel an Maximen der „Heiligen“ein, wie die Mormonen sich selbst nennen. Eine düstere Spannung liegt über der Schlucht, bevor schlimme Ahnungen zur Gewissheit werden.
Übs. Kathrin Razum, Nagel & Kimche, 352 S., 22 ¤