Der Adler, die teuren SMS und die späte Rettung
Ein Raubvogel hat mit seinen Auslandsflügen russische Forscher in den Ruin getrieben. Jetzt ist das Problem gelöst
Moskau Dass SMS mit der Zeit teuer werden können, weiß, wer schon vor dem Allnet-Flat-Zeitalter eine Handynachricht nach der anderen tippte. Russische Forscher kennen das Problem noch heute. Die Vogelkundler Igor Karjakin und Jelena Schnaider rüsten ihre bedrohten Steppenadler mit Funksendern aus. Die wiederum übermitteln per SMS die Standorte der Raubvögel an die Wissenschaftler.
Wie teuer das werden kann, ist seit ein paar Tagen bekannt. Die Wissenschaftler haben nämlich insgesamt 13 Adler zu Auslandsflügen entlassen – einer davon flog nach Kasachstan und blieb dort vier Monate in einer Gegend ohne Mobilfunknetz. Die SMS mit den Standortdaten
stauten sich – und gingen erst raus, als das Tier namens Min im Oktober den Iran erreichte. Dass dort hohe Roaming-Gebühren anfallen, konnte Min ja nicht ahnen. Jedenfalls trudelten auf einen Schlag hunderte Nachrichten mit den Koordinaten
des gesamten Sommers bei den Forschern ein. Pro Tag fielen so für diesen einen Steppenadler rund 100 Euro SMS-Kosten an. Zu viel für das Forschungsprojekt, dessen Budget plötzlich erschöpft war.
Weltweit wurde über die Problemlage der Forscher berichtet. Mit positiven Folgen. Über einen Aufruf in sozialen Netzwerken kamen 300000 Rubel zusammen – genug, um das Projekt zu retten. Zudem hat der Mobilfunkanbieter die Roaming-Gebühren für den Adler, der in Kasachstan war, erlassen und auch für die anderen Tiere deutlich gesenkt, wie beide Ornithologen mitteilen.
„Wir kämpfen für den Erhalt der bedrohten Adler-Population“, sagt
Schnaider, die für das Umweltzentrum Sibekozentr im Süden Sibiriens arbeitet. Das Tracking sei wichtig, um die Wanderungen der Tiere besser zu verstehen und diese zu schützen. In der Altai-Region organisieren die Forscher ein dauerhaftes Steppenadler-Monitoring und schaffen Bedingungen für einen Nestbau der Raubvögel. „Und natürlich hoffen wir auf billigere Technologien für die Datenübermittlung.“
Eine Lösung könnte schon bald das deutsch-russische Forschungsprojekt „Icarus“bieten. Ein für das weltraumgestützte System wichtiger Computer soll noch im Dezember zur Internationalen Raumstation ISS gebracht werden. Über „Icarus“ läuft die Erfassung satellitenbasiert mit viel größeren Datenmengen, wie Projektleiter Wikelski erklärt. „Wir erhalten künftig auch Angaben aus Regionen, in denen es kein Netz gibt: aus Wüsten, Gebirgen und von den Weltmeeren.“In den nächsten Jahren sollen dafür mehrere zehntausend Tiere mit einer Art „Fitnessarmband“ausgestattet werden. Während etwa Adler oft noch mit einem rucksackähnlichen Ortungssender in der Größe einer kleinen Streichholzschachtel ausgestattet würden, seien die neuen Sender so klein wie eine Fingerkuppe. Statt 40 Gramm Gewicht hätten sie nur noch 5 Gramm zu transportieren. Und das Gute: Auch die RoamingGebühren fallen weg.