Den Fahrdienst Uber zieht es aufs Land
Der Fahrdienst will jetzt auch in ländlichen Gebieten punkten. Den Anfang macht das Münchner Umland
Kirchheim In sechs deutschen Großstädten ist der Fahrdienstvermittler Uber bereits unterwegs – jetzt wagt er sich auch aufs Land: In fünf Kleinstädten östlich von München bietet der US-Konzern nun Fahrten zum Festpreis von fünf Euro an, auch in den Nachbarort. Und nachts fahre Uber für 15 Euro nach München oder zurück, kündigte Deutschlandchef Christoph Weigler in Kirchheim an. Es sei ein Test für ein neues Geschäftsfeld außerhalb der Metropolen: „Mit dem Pilotprojekt wollen wir verstehen, wie ein On-Demand-Fahrservice auch in weniger dicht besiedelten Regionen funktionieren kann.“Der Test läuft drei Monate, neben Kirchheim und Poing nehmen auch die Gemeinden Aschheim, Pliening und Feldkirchen teil.
Kirchheim Uber expandiert aufs Land. Seit Beginn der Woche fahren Kunden des US-Fahrdienstvermittlers auf dem Gebiet von fünf Gemeinden östlich von München zu Festpreisen. Fünf Euro kostet etwa eine Fahrt von Kirchheim nach Aschheim. Um nach Feldkirchen, Poing und Pliening zu kommen, zahlt ein Uber-Nutzer genauso viel. Zudem bietet das Tech-Unternehmen nachts Fahrten nach München oder zurück an. Zum Fixpreis von 15 Euro.
Es handelt sich erst einmal um ein Pilotprojekt. Wie ernst es Uber ist, zeigt sich aber schon daran, dass zum Start des Diensts der Deutschland-Chef des Unternehmens, Christoph Weigler, nach Kirchheim gekommen ist. Mindestens drei Monate soll das Projekt jetzt laufen und eine Ergänzung zum öffentlichen Personennahverkehr sein. Gegner befürchten allerdings eine zunehmende Monopolstellung von Uber.
Kirchheim bei München. Pflastersteine zieren den Kern des Orts. Das Rathaus steht neben der Pfarrkirche. Am Rande entstehen Neubauten. Derzeit leben rund 13000 Menschen in Kirchheim. Viele pendeln täglich zum Arbeiten nach München in die Innenstadt – mit allem, was dazugehört. Der tägliche Kampf auf der Straße, Staus, Baustellen und Drängler. Deshalb versucht die Gemeinde ihren Einwohnern neue Alternativen anzubieten. Durch die Zusammenarbeit mit Uber sieht Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl eine Chance, weniger Autos auf die Straße zu bringen. Denn das Angebot von Uber überbrückt beispielsweise den Weg von der Haustüre bis zum nächsten Bahnhof im nahen Heimstetten.
Konkret funktioniert das so: Kunden bestellen sich über eine App die benötigte Fahrt. Das Programm zeigt bereits im Vorfeld den Namen des Fahrers, dessen Bewertungen, den Preis und die Marke des Autos an. Der Kunde muss sich dann noch entscheiden, ob er einen zufälligen Wagen wählt oder mit einem E-Auto befördert werden will. Abgerechnet wird die Fahrt per Paypal oder über eine in der App hinterlegte Kreditkarte. Eine Bestellung des Wagens per Telefon ist genauso wenig möglich wie eine Barzahlung.
Mit diesem Angebot ist Uber weltweit unterwegs. In Deutschland vermittelt der US-Konzern Fahrten derzeit in sechs deutschen Großstädten: Berlin, Frankfurt, Köln, Hamburg, Düsseldorf und München. Mit dem Pilotprojekt in den Vororten von München startet Uber einen ersten Vorstoß in ländlich geprägte Regionen – zumindest in Deutschland. Erfahrungswerte mit einem solchen Vorhaben hat
Uber schon aus ähnlichen Projekten in Frankreich oder den USA. Dort sei das Angebot gut angenommen worden, so Weigler.
Der Uber-Deutschlandchef präsentiert das Projekt am Montag fast als Teil des ÖPNV. Ganz nach dem Motto, dort, wo Bus und Bahn enden, beginnt Uber. „Wir sind keine Konkurrenz, sondern eine Erweiterung“, sagt Weigler. Geld verdient das Unternehmen damit noch nicht.
„Zum Start investieren wir dafür quasi in Marktforschung“, sagt der Manager.
Die Expansion nach Kirchheim ist für Uber aber auch ein strategischer Schachzug. Das Unternehmen vermittelt Fahrer von Mietwagenunternehmen an Kunden. Deshalb gilt kein Tarifpreis wie bei Taxis. Sie dürfen aber auch nicht auf öffentlichem Grund auf Fahrgäste warten. Laut Gesetz besteht eine Rückkehrpflicht für die Fahrer. Wird ein Fahrgast von München nach Kirchheim gebracht, muss er anschließend zum Firmensitz zurück und dort auf den nächsten Fahrgast warten. Die Erweiterung ins ländliche Gebiet bietet nun neue Kooperationsmöglichkeiten.
Doch nicht bei allen trifft Uber auf Gegenliebe. Bereits in der Vergangenheit fürchteten Taxiunternehmen in Deutschland um ihre Kunden, da sie eben an feste Preise gebunden sind. Uber hingegen kann
Schnäppchenpreise anbieten, wie in Kirchheim der Fall.
Frank Kuhle ist Vorsitzender des Landesverbands Bayerischer Taxiund Mietwagenunternehmen. Er befürchtet durch die Angebote von Uber langfristig eine „Marktverdrängung“der Taxis. Grundsätzlich begrüße Kuhle neue Mitbewerber auf dem Markt. Aber er sagt auch, dass seine Kollegen Kunden lediglich über den Service gewinnen können. Uber hingegen könne so lange Sonderpreise einführen, bis der Markt „bereinigt“sei und letztlich nur noch Uber übrig bleibe. Es wäre eine ähnliche Entwicklung wie bei Fernbussen. Der Platzhirsch heißt Flixbus. Anfangs lockten geringe Preise die Kunden an, mittlerweile sind die Fahrtkosten angestiegen.
Es gibt auch andere Ansätze, um ländliche Gebiete an Ballungsräume anzuschließen – ganz ohne Uber. Ein Beispiel zeigt der Landkreis Donau-Ries. Dort wurde vor vier Jahren ein Rufbus-Konzept beschlossen. Anstatt Busse nach Fahrplan fahren zu lassen, fahren sie nach Bedarf. Und seit Oktober auch abends und samstags. Doch das Angebot läuft noch schleppend an.