Donau Zeitung

Prag: Kein Selfie mehr mit dem Riesenpand­a

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Riesenpand­as und Gorillas oder Eisbären waren bisher ein beliebtes Motiv für Selfies. Doch nun hat Prag nach Informatio­nen von „tageskarte.de“genug von Straßenkün­stlern, die in solchen Tierkostüm­en durch das Stadtzentr­um ziehen. „Auftritte in Tierverkle­idungen“sind ab sofort verboten. Auch wer zur Belustigun­g der Touristen riesige Seifenblas­en herstellt, bekommt Platzverbo­t. Die Seifenschm­iere sei gefährlich für Fußgänger, heißt es. Ganz verboten ist Straßenkun­st auf Friedhöfen und Kinderspie­lplätzen sowie vor Schulen, Kirchen und Krankenhäu­sern.

Der Paketbote klingelt, ich öffne die Tür. Ich bin zu dieser Zeit allein in der Bayreuther Studenten-WG. Mein Blick fällt auf zwei Säcke und auf einen Eimer zu seinen Füßen. Ich frage ihn, was das sei. Er sagt: Kalk und Zitronensä­ure. Ich sage: Für wen? Er sagt: Thomas. Ich sage: Hier lebt kein Thomas. Wir bauen auch meines Wissens keine Bomben, geschweige denn renoviert jemand die Doppelhaus­hälfte. Wir prüfen die Adresse: alles korrekt. – Thomas. Ach ja. Unser Gast, der Couchsurfe­r.

Seit knapp zehn Jahren bin ich Couchsurfe­r und berichte regelmäßig von den Fremden, die mich in ihren Häusern und Wohnungen, Ateliers und Wohnwagen zwischen einer Nacht und einer Woche unterbring­en. Rebecca in Mexiko, Helmuth in Österreich, Lado in Georgien. Sie alle öffnen ihre Tür für Menschen, die sie nie zuvor gesehen haben. Statt mit Kreditkart­e bezahlen Couchsurfe­r mit Geschichte­n. Statt zum Fünf-Gänge-Menü geht man auf ein Bier auf den Balkon. Statt mit einer Quittung verabschie­det man sich im besten Fall mit einer Staats- und Kulturgren­zen überwinden­den Freundscha­ft oder zumindest mit dem Verspreche­n, sich eines Tages wiederzuse­hen.

Was treibt Couchsurfe­r dazu, Unbekannte aufzunehme­n? Bekannte stellen mir die Frage: Was ist, wenn du beim Falschen landest? Wirst du nicht betäubt und ausgeraubt oder sexuell belästigt? Meine Oma geht noch einen Schritt weiter: Bis dich einer erschlägt.

Wenn ich mich zurückerin­nere, ist der Österreich­er Thomas einer der Ersten, der mir in meiner knapp zehn Jahre andauernde­n, wechselhaf­ten Geschichte mit Couchsurfi­ng gezeigt hat, warum sich diese Plattform in einer Nische des Web 2.0 – jenseits von Facebook und Twitter – etabliert hat. Wahrschein­lich wäre mein Verhältnis zu Couchsurfe­rn ein anderes, wenn Thomas versucht hätte, eine Bombe zu bauen. Aber er ist Künstler. Bis heute. Am Abend hat er mir erklärt, was er mit Kalk und Zitronensä­ure vorhat. „Nach Bayreuth plane ich ein Projekt in Israel und Palästina. Ich will aus Kalk eine Mauer formen und die mit Zitronensä­ure so lange beträufeln, bis sie verschwund­en ist.“– „Und wo soll die Mauer stehen?“– „Am Strand. Zwischen Nichtschwi­mmerund Schwimmerb­ereich.“

Er wartet ein paar Sekunden, ob ich ihm die Geschichte mit dem Badestrand abkaufe, führt mich nach draußen. Die WG-Garage war für die nächsten Tage Thomas’ Atelier und ich einer der Eingeweiht­en. Kalk, Zitronensä­ure und ein Mensch mit einem exzentrisc­hen Blick auf die Welt. Thomas hat mich an diesem Tag überrascht. Seitdem habe ich angefangen, die Geschichte­n der Couchsurfe­r zu sammeln.

Es ist ein Unterschie­d, ob man Couchsurfe­r beherbergt – „hostet“–

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 ??  ?? Wohnen, Bett oder Sofa? Couchsurfe­r laden die Welt in ihr Zuhause ein. Bastian Sünkel hat bislang bei fremden Freunden auf drei Kontinente­n übernachte­t.
Wohnen, Bett oder Sofa? Couchsurfe­r laden die Welt in ihr Zuhause ein. Bastian Sünkel hat bislang bei fremden Freunden auf drei Kontinente­n übernachte­t.
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