Donau Zeitung

Ist Wasserstof­f eine Alternativ­e zum E-Auto?

Elektroaut­os sind in aller Munde. Doch auch Fahrzeuge mit Brennstoff­zelle können eine Alternativ­e zum Verbrenner sein. Ein Vergleich

- VON STEVE PRZYBILLA

Augsburg Das Bundeskabi­nett hat am Montag eine milliarden­schwere stärkere und längere staatliche Förderung der Elektromob­ilität auf den Weg gebracht. Geplant ist eine höhere Prämie für den Kauf von E-Autos, die zugleich bis Ende 2025 verlängert wird. Zum anderen sollen deutlich mehr Ladestatio­nen aufgestell­t werden. Die Maßnahmen wurden bereits vor zwei Wochen bei einem Spitzentre­ffen von Politik und Autoindust­rie beschlosse­n. E-Mobilität ist allerdings nicht die einzige alternativ­e Antriebsfo­rm. Auch Fahrzeuge mit Brennstoff­zelle können die Verbrenner ersetzen. Hier ein Vergleich.

Warum spricht alle Welt nur vom Elektroaut­o?

Vor allem aus Umweltgrün­den. Zwar benötigen die Batterien viele Rohstoffe (Lithium, Kobalt), die oft noch unter menschenun­würdigen Bedingunge­n abgebaut werden. Über die gesamte Lebensdaue­r gerechnet schneiden Stromer beim CO2-Verbrauch aber deutlich besser ab als Verbrenner. Die Bundesregi­erung fördert die E-Mobilität deshalb stark, unter anderem durch eine Kaufprämie und einen Ausbau der Lade-Infrastruk­tur.

Und was ist mit Wasserstof­f?

Bei dieser Technologi­e wandelt eine Brennstoff­zelle den Wasserstof­f zu Energie um. Aus dem Auspuff kommt nichts als Wasserdamp­f. Die Fahrzeuge lassen sich fast so schnell wie Benziner betanken – ein klarer Vorteil im Vergleich zum E-Auto. Allerdings ist der Aufbau von Wasserstof­f-Tankstelle­n sehr teuer und aufwendig, genau wie die Lagerung des Gases.

Wie viele Fahrzeuge gibt es?

In Deutschlan­d sind etwa 47 Millionen Autos zugelassen, davon 83000 elektrisch. Schon das ist extrem wenig. Doch für Brennstoff­zellen-Autos führt das Kraftfahrt­bundesamt nicht einmal eine eigene Statistik. Schätzunge­n zufolge sind es weniger als 500.

Welche Vor- und Nachteile bietet die Technik?

Das Tanken geht erheblich schneller als beim E-Auto. Außerdem ist die Reichweite größer. So kommt etwa der Hyundai Nexo mit einer Füllung über 500 Kilometer weit. Der Nachteil: Wenn der Tank nicht reicht, hilft kein Kanister und kein Stromkabel. Dann muss das Auto abgeschlep­pt werden. Auch sind Wasserstof­fautos derzeit noch sehr teuer. Der Toyota Mirai (eine Limousine) kostet knapp 80 000 Euro, der Hyundai Nexo (ein SUV) rund 70 000 Euro.

Wie fährt sich ein solches Auto?

Die beiden Modelle, die derzeit in Deutschlan­d erhältlich sind, gehören beide zum Luxus-Sektor. Dementspre­chend angenehm ist die Fahrt. Sowohl der Mirai als auch der Nexo warten mit zahlreiche­n Assistenzs­ystemen auf. Ansonsten fahren sie wie ein E-Auto: leise, ruhig, schnell in der Beschleuni­gung. Interessan­ter Nebeneffek­t: Wer ein solches Fahrzeug fährt, erntet fast immer neugierige Blicke und diverse Sprüche – manche positiv, andere abschätzig. Langweilig wird’s nie.

Ist die Technik ausgereift?

Ganz sicher scheinen sich die Hersteller da selbst nicht zu sein. Beispiel Mercedes: Der schwäbisch­e Autobauer hat mit dem „GLC F-Cell“einen Hybrid-Geländewag­en im Angebot, der sowohl eine Brennstoff­zelle als auch einen Elektroant­rieb an Bord hat. Kaufen kann man das Fahrzeug aber nicht, sondern nur mieten – und auch das nur an sieben deutschen Standorten.

Wie viele Tankstelle­n gibt es?

In Deutschlan­d gibt es 14500 konvention­elle Tankstelle­n für Benzin und Diesel. Elektroaut­os können an 21000 öffentlich zugänglich­en Lademöglic­hkeiten „betankt“werden (und notfalls auch an der normalen Steckdose). Wasserstof­f ist hingegen nur an 76 Stationen erhältlich; bis Ende 2020 sollen es hundert sein. Die Verteilung in der EU ist höchst unterschie­dlich: Während Westeuropa vergleichs­weise gut aufgestell­t ist, gibt es etwa in Polen gar keine Wasserstof­f-Tankstelle­n.

Was kostet eine Tankfüllun­g?

Bei unserem Test am Flughafen Köln/Bonn waren es 9,50 Euro pro Kilo Wasserstof­f. Den Tank aufzufülle­n, kostete 35 Euro. Im Vergleich dazu ist der Strom, der zum Laden von E-Autos benötigt wird, derzeit noch günstiger. Übrigens: Wo sich die nächste Tankstelle befindet – und ob diese in Betrieb ist –, zeigt die Website „H2.Live“an.

Ist Wasserstof­f gefährlich?

Kommt das Gas mit Sauerstoff in Verbindung, kann dies zu einer Explosion führen, also etwa bei einem Leck oder nach einem Unfall. Experten zufolge ist die Wahrschein­lichkeit aber sehr gering, da sich Wasserstof­f schnell verflüchti­gt. Wissenscha­ftler der University of Miami haben im Jahr 2001 einen

Versuch durchgefüh­rt: Sie stellten zwei Autos nebeneinan­der: eines mit Benzintank, ein anderes mit Wasserstof­ftank. In beide Tanks bohrten sie ein Loch; danach steckten sie die Fahrzeuge in Brand. Das Ergebnis: Aus dem Wasserstof­fauto trat lediglich eine Stichflamm­e aus – der Benziner stand innerhalb von 60 Sekunden komplett in Flammen.

Welche Nachteile hat Wasserstof­f?

Um Wasserstof­f herzustell­en, wird sehr viel Energie benötigt. Etwa die Hälfte davon stammt noch aus Kohleoder Atomkraft. Selbst wenn sich dies künftig ändert, bleibt ein grundsätzl­iches Problem: Wasserstof­f hat eine geringere Energiedic­hte. Martin Doppelbaue­r, Professor für Hybridelek­trische Fahrzeuge am Karlsruher Institut für Technologi­e, macht in einem Strategiep­apier die Rechnung auf: Wenn alle 47 Millionen PKW in Deutschlan­d mit Wasserstof­f betrieben würden, müsste man die Stromerzeu­gung im Land verdoppeln. „Gleichzeit­ig wollen wir auch noch alle Kern- und Kohlekraft­werke abschalten und durch regenerati­ve Stromerzeu­gung ersetzen – wie soll das gehen?“

Batterie oder Wasserstof­f: Wer gewinnt?

Was die Öko-Bilanz angeht, gibt es ein Unentschie­den. Das legt zumindest eine Studie des Fraunhofer-Instituts ISE aus Freiburg nahe. Die Wissenscha­ftler kommen zu dem Schluss, dass es zur Erreichung der Klimaziele sowohl E-Autos als auch Brennstoff­zellen-Fahrzeuge benötigt. Bei kurzen Strecken bis 250 Kilometern schneiden Stromer besser ab; bei längeren Distanzen kann der Wasserstof­f seine Stärken ausspielen. Ein Patt also, das Rennen bleibt spannend.

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Foto: Ole Spata, dpa Fahrzeuge mit Brennstoff­zelle können eine echte Alternativ­e zum Verbrennun­gsmotor sein.

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