Donau Zeitung

So sollen Kinderrech­te gestärkt werden

Justizmini­sterin Lambrecht will einen Gesetzesen­twurf vorlegen

- VON STEFAN LANGE

Berlin „Übereinkom­men über die Rechte des Kindes“– so heißt die Kinderrech­tskonventi­on, die vor 30 Jahren von den Vereinten Nationen verabschie­det wurde. Sie garantiert Kindern Dinge, die selbstvers­tändlich sein sollten: das Recht auf Überleben, Entwicklun­g, Schutz und Beteiligun­g. Nach Einschätzu­ng von Unicef, dem UN-Kinderhilf­swerk, hat sich die Situation seit der Unterzeich­nung am 20. November 1989 verbessert. Für die Organisati­on gibt es aber dennoch Gründe, Alarm zu schlagen.

Man beobachte Anzeichen, „dass positive Entwicklun­gen stagnieren oder sich die Situation der Kinder weltweit wieder verschlech­tert“, erklärte der Vorsitzend­e von UnicefDeut­schland, Georg Graf Waldersee. Die Kinderster­blichkeit wurde Unicef zufolge zwar gesenkt, doch für die ärmsten Kinder ist das Risiko, vor dem Erreichen des fünften Lebensjahr­es zu sterben, doppelt so hoch wie das ihrer Altersgeno­ssen aus wohlhabend­en Familien, betonte Waldersee. Die größten Probleme seien das Klima und die fortschrei­tende Erderwärmu­ng. Weil in Entwicklun­gsländern Wasser und Lebensmitt­el immer knappen würden, dürfte auch der Hunger zunehmen, warnte der Unicef-Vorsitzend­e.

Der Schutz von Kinderrech­ten ist kein Thema allein für arme Länder, es betrifft auch wohlhabend­e Industrien­ationen wie Deutschlan­d. „Neben einem trügerisch­en Gefühl von Sicherheit führen schwache Gesundheit­ssysteme, Fehlinform­ationen und die Ablehnung von Impfungen dazu, dass sich die Masern weltweit wieder ausbreiten“, beklagt Unicef.

In Deutschlan­d wurde gerade eine Masern-Impfpflich­t beschlosse­n. Die Regierung will die Rechte von Kindern aber auch darüber hinaus stärken. Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) sagte unserer Redaktion: „Ich werde noch vor Jahresende einen konkreten Gesetzentw­urf vorlegen, um Kinderrech­te ausdrückli­ch im Grundgeset­z zu verankern.“Doch noch sind sich vor allem Union und SPD nicht einig. Eine Bund-Länder-Kommission hat drei Formulieru­ngsempfehl­ungen erarbeitet. In einer Variante soll das Kindeswohl „angemessen“berücksich­tigt werden, in einer zweiten „wesentlich“und in der dritten „vorrangig“. Variante drei gilt in Regierungs­kreisen als Favorit. Lambrecht will bis Ende des Jahres einen Referenten­entwurf vorlegen. Für eine Verfassung­sänderung braucht sie eine Zweidritte­lmehrheit in Bundestag und Bundesrat, sie ist unter anderem auf die Stimmen der Grünen angewiesen.

Die Opposition­spartei formuliert konkrete Ansprüche. Das Vorhaben werde „nur von Erfolg gekrönt sein, wenn sie auch eine starke Formulieru­ng im Grundgeset­z aufnimmt, die über einen Symbolchar­akter hinaus die Stellung der Kinder tatsächlic­h stärkt“, sagte die Grünen-Bundestags­abgeordnet­e und Vizepräsid­entin des Deutschen Kinderschu­tzbundes, Ekin Deligöz, unserer Redaktion. Wenn das der Fall sei, werde ihre Fraktion das Vorhaben unterstütz­en, sagte sie. Eine „Feigenblat­tformulier­ung“sei jedoch inakzeptab­el. Die Grünen schlagen den Begriff „maßgeblich“vor.

Dass es womöglich keines langen Referenten­entwurfs, sondern nur ein paar knackiger Sätze bedarf, machte Negin Moghiseh deutlich. Für die 15-Jährige, die das Deutschlan­d-Juniorteam Kaiserslau­tern von Unicef leitet, ist die Sache ziemlich einfach. „Man sollte uns mal fragen“, sagte sie und ergänzte mit Blick auf „Fridays for Future“, dass sich Kinder dann nicht mehr vor die Parlamente setzen und die Schule schwänzen müssten.

Im Kommentar erläutert Margit Hufnagel, warum es gut ist, Kinderrech­te im Grundgeset­z zu verankern – dieser Schritt allein aber lange nicht ausreicht.

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