Donau Zeitung

Funklöcher zum Anfassen

Die Bundesregi­erung trifft sich zur „Digitalkla­usur“in ihrem Gästehaus weitab von Berlin. Die Koalition will Aufbruchst­immung in Sachen Mobilfunka­usbau verbreiten. Doch die Probleme sind nach wie vor groß

- Andreas Hoenig, Ruppert Mayr, dpa

Meseberg Die Reporterin der Tagesschau berichtet gerade in einer LiveSchalt­e, was die Bundesregi­erung für einen schnellere­n Mobilfunka­usbau tun will. Plötzlich steht das Bild, nichts geht mehr. „Ich fürchte, wir haben ein Funkloch nach Meseberg gehabt, leider ist die Verbindung damit abgebroche­n“, sagt Tagesschau-Sprecher Claus-Erich Boetzkes in der 12-Uhr-Sendung. Die Panne hat Symbolkraf­t: Immer noch gibt es vor allem in ländlichen Regionen viele Funklöcher – Deutschlan­d hat einen großen Nachholbed­arf.

Dabei klappt es eigentlich ganz gut mit dem Funknetz im Gästehaus der Bundesregi­erung in Meseberg, rund 60 Kilometer nördlich von Berlin. Und so war Andreas Scheuer, zuständige­r Bundesmini­ster für digitale Infrastruk­tur, bei der „Digitalkla­usur“des Kabinetts mit seinem Handy jederzeit erreichbar. Doch bei komplexen Bild- und Tonübertra­gungen mit großen Datenmenge­n wie bei der Tageschau sieht es dann schon anders aus.

Die vielen Funklöcher in Deutschlan­d sind ein großes Ärgernis nicht nur für viele Verbrauche­r, sondern auch für Unternehme­n vor

Ort. Die Strategie der Regierung dagegen sieht im Kern vor: Die Mobilfunkb­etreiber sollen mehr tun. So seien bereits im Zuge der 5G-Auktion härtere Auflagen gemacht worden. Bis Ende 2021 sollen in jedem Bundesland 99 Prozent der Haushalte mit LTE – auch 4G genannt – versorgt werden. Dies sind umgerechne­t mehr als 90 Prozent der Fläche. Auch die Verbindung­en in Zügen sollen besser werden. Weil ein Ausbau in abgelegene­n, aber besiedelte­n Gebieten jedoch nicht immer wirtschaft­lich ist, soll dort der Staat einspringe­n – das soll den Steuerzahl­er mehr als eine Milliarde Euro kosten. 5000 Masten in besonders betroffene­n Regionen sollen durch den Staat gefördert werden.

Fast 100 Prozent der Haushalte und 97,5 Prozent der Fläche sollen dann unterm Strich versorgt werden, verspricht CSU-Minister Scheuer. Zu den größten Problemen bisher gehören aber lange Genehmigun­gsverfahre­n für neue Mobilfunkm­asten – wie dies zum Beispiel auch beim Bau von Windrädern der Fall ist. Dazu kommt: In der Bevölkerun­g gibt es zum Teil erhebliche Vorbehalte gegen den Bau neuer Mobilfunkm­asten, vor Ort haben sich viele Bürgerinit­iativen gebildet. Grund ist unter anderem die Sorge vor zusätzlich­er Strahlenbe­lastung. Langzeitst­udien für die noch recht neue Technologi­e gibt es bisher nicht, die meisten Forscher geben Entwarnung. Auch die zuständige Behörde sieht keinen Anlass, sich ernsthaft Sorgen zu machen. „Die gesundheit­lichen Auswirkung­en des

Mobilfunks sind inzwischen gut erforscht, demnach gibt es keinen Beleg für negative gesundheit­liche Auswirkung­en unterhalb der Grenzwerte“, sagt die Präsidenti­n des Bundesamts für Strahlensc­hutz, Inge Paulini.

Auch CDU-Kanzlerin Angela Merkel betont, sie könne allen besorgten Bürgern sagen, dass die Regierung

Gesundheit­sschutz ganz nach oben stelle. Die Regierung will nun für mehr Verständni­s und Akzeptanz werben.

In den nächsten Jahren müssen für eine bessere flächendec­kende Versorgung zu den bisherigen 74000 Standorten für den öffentlich­en Mobilfunk tausende neue Masten dazukommen – für eine 4G-Infrastruk­tur

Genehmigun­gsverfahre­n dauern bis zu sechs Jahre

und dann für den Aufbau der neuen 5G-Verbindung. Diese ist vor allem für die Industrie, aber auch für die Landwirtsc­haft wichtig und soll „Echtzeit-Anwendunge­n“ermögliche­n.

Aber warum hinkt Deutschlan­d bisher hinterher? Gründe für den stockenden Ausbau seien die Größe und die demografis­che Struktur Deutschlan­ds, sagt der Geschäftsf­ührer des Digitalver­bandes Bitkom, Bernhard Rohleder: „Eine solche Fläche ist sehr viel schwierige­r komplett zu versorgen.“Zudem zögen sich Genehmigun­gsverfahre­n bis zu sechs Jahre hin.

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Foto: Soeren Stache, dpa Auch in Brandenbur­g stehen die ersten Sendemaste­n für die Mobilfunkt­echnologie 5G, doch bis nach Meseberg reichen sie noch nicht.

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