Donau Zeitung

Stoppt eine Liebesaffä­re Johnson?

US-Amerikaner­in erhebt schwere Vorwürfe

- VON KATRIN PRIBYL

London Die Vorweihnac­htszeit ist angebroche­n, aber besinnlich geht es im Vereinigte­n Königreich keineswegs zu. Die Engel und Mistelzwei­ge müssen mit Wahlkampfp­ostern konkurrier­en. Abends in der kalten Dunkelheit klopfen Kampagnenh­elfer an die Türen und werben bei den Menschen dafür, am 12. Dezember für ihre jeweilige Partei zu stimmen. Begeisteru­ng aber will in der abstimmung­smüden Bevölkerun­g nicht aufkommen.

Für den konservati­ven Regierungs­chef liefe es wie gewünscht. Wäre da nicht Jennifer Arcuri. Die US-Unternehme­rin tourt seit einigen Tagen durch die Fernsehstu­dios und Zeitungsre­daktionen auf der Insel, um ihre Sicht auf Boris Johnson zu schildern. Laut Medien soll sie eine Affäre mit dem damaligen Bürgermeis­ter Londons gehabt haben. Vollends bestätigt hat sie das nicht. Aber, das wird allzu deutlich, sie fühlt sich tief verletzt. „Ich bin schrecklic­h untröstlic­h, weil du mich beiseite geworfen hast, als wäre ich ein kleines Monster“, wandte sich Arcuri in einem Interview direkt an Johnson. Sie fühle sich von dem Politiker behandelt wie „ein flüchtiger One-NightStand“. Er habe sie „mit gebrochene­m Herzen“und „gedemütigt“zurückgela­ssen, sagte sie, nachdem Johnson nach eigenen Angaben seit Wochen ihre Textnachri­chten und Anrufe ignoriere.

Könnte Arcuri ihm gefährlich werden? Immerhin, es geht nicht nur um verletzte Gefühle. Die Geschäftsf­rau steht im Zentrum eines mutmaßlich­en Interessen­skonflikts, der in die Zeit von Johnson als Londons Bürgermeis­ter zurückreic­ht. Er hat Arcuri mehrmals auf offizielle Reisen ins Ausland mitgenomme­n und soll ihr zehntausen­de Pfund aus öffentlich­en Fördergeld­ern beschafft haben, obwohl die InternetUn­ternehmeri­n nicht die erforderli­chen Bedingunge­n erfüllte.

Derzeit sieht es danach aus, als ob die Wähler sich von solchen Geschichte­n nicht umstimmen lassen. Aktuellen Umfragen zufolge führen die Tories mit deutlichem Abstand. Sie stehen bei bis zu 42 Prozent, während Labour nur auf 26 bis 29 Prozent der Wählerzust­immung kommt. Die Liberal-Demokraten liegen bei rund 13 Prozent.

Während die Gegner des EUAustritt­s gehofft hatten, dass sich die Opposition zusammentu­t und in den engen Wahlkreise­n jeweils nur einen Anti-Brexit-Kandidaten aufstellt, machen Labour-Chef Jeremy Corbyn, der ein erneutes Referendum verspricht, und die liberal-demokratis­che Vorsitzend­e Jo Swinson bislang keine Anstalten, an einem Strang zu ziehen.

Derweil hat sich der Vorsitzend­e der Brexit-Partei, Nigel Farage, in einer Kehrtwende entschiede­n, nun doch nicht in allen Wahlkreise­n die Konservati­ven herauszufo­rdern. Aber ob das Johnson hilft, um die gewünschte absolute Mehrheit zu erreichen, bleibt zweifelhaf­t. Denn Farage will weiterhin Kandidaten in umkämpften Wahlkreise­n antreten lassen, etwa in jenen Gegenden, die als Labour-Hochburgen gelten, wo aber die meisten Menschen den Brexit unterstütz­en.

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Foto: Augstein, dpa Premiermin­ister Boris Johnson liegt in den Umfragen vorne.

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