Sollen Sparer für ausländische Banken haften?
Finanzminister Scholz zeigt sich offen für eine europäische Einlagensicherung. Er erntet dafür scharfe Kritik aus Bayern
Frankfurt am Main Die Bundesregierung ringt bei der seit Jahren umstrittenen europäischen Einlagensicherung um eine gemeinsame Position. Während das SPD-geführte Bundesfinanzministerium beim grenzübergreifenden Schutz von Spargeldern aufs Tempo drückt, kommt vom Koalitionspartner nach wie vor Widerstand, insbesondere von der CSU.
Nach Jahren des politischen Stillstands hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) Anfang November überraschend Bereitschaft für eine europäische Sicherung für Sparguthaben signalisiert. Bedingung sei aber, dass gleichzeitig Risiken im Bankensektor abgebaut würden. Jetzt machte das Finanzministerium abermals klar, dass es offen ist für die europäischen Pläne.
„Die Europäische Bankenunion ist im Moment viel zu fragmentiert. Seit der Finanzkrise haben wir sogar einen Rückgang der europäischen Integration gesehen“, sagte Finanzstaatssekretär Jörg Kukies am Montag bei einer Konferenz in Frankfurt. Die Folge sei ein strategischer Wettbewerbsnachteil der EU-Realwirtschaft gegenüber großen Wirtschaftsräumen wie den USA und China. „Das muss dringend angegangen werden“, mahnte Kukies.
Die Einlagensicherung hat den Sinn, Guthaben für den Fall einer Bankenpleite abzusichern. Es geht hier zum Beispiel um Festgelder oder Sparguthaben. Europäischem Recht zufolge sind derzeit pro Institut für jeden Sparer 100000 Euro abgesichert. Bisher hat jedes Land in Europa einen eigenen Sicherungsmechanismus. Bei einer gemeinsamen Einlagensicherung würden deutsche Institute – einfach ausgedrückt – auch für Sparguthaben in anderen Ländern einstehen.
„Wir werden sicherlich über Übergangsfristen sprechen müssen“, fügte Kukies an. Aber der Abbau ausfallgefährdeter Kredite komme europaweit voran. „Es kann durchaus sein, dass wir in zwei, drei, vier Jahren ein Niveau erreicht haben, wo wir sagen können, dass Europa das Ziel erreicht hat“, sagt er.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lehnt den Plan des Finanzministeriums für eine gemeinsame EU-Einlagensicherung in der bisherigen Form ab. „Da sind wir grundlegend skeptisch“, sagte der CSU-Chef dem Handelsblatt. Vor allem beim Abbau fauler Kredite sei noch viel zu tun. „Diese Risiken können wir nicht per Blankoscheck übernehmen“, sagte Söder. „Zunächst müssen die Risiken im Bankensektor in etlichen Ländern abgebaut werden. Da sich hier aber kaum etwas bewegt, ist eine europäische Einlagensicherung nicht sinnvoll. Das Risiko für die deutschen Sparer ist einfach zu hoch.“
Der Co-Chef der genossenschaftlichen DZ Bank, Uwe Fröhlich, warnte davor, von der Forderung nach dem Abbau fauler Kredite in den Bankbilanzen abzuweichen. Bei der Einlagensicherung habe es keinen Sinn, „langfristige Ziele übers Knie zu brechen und Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen, die uns in Deutschland hier brutal schädigen würden“, sagte Fröhlich.
Deutschlands Volksbanken und Sparkassen sorgen sich, dass im Zuge einer EU-Einlagensicherung ihre vergleichsweise gut gefüllten Töpfe zur Sicherung von Kundengeldern in einem europäischen System dafür herangezogen würden, Bankenkrisen in anderen EU-Staaten zu finanzieren. Eine grenzüberschreitende Einlagensicherung soll verhindern, dass Bankkunden in Krisenzeiten ihre Konten räumen und eine Krise verschärfen.