Donau Zeitung

Unwetter treffen Österreich schwer

Ungewöhnli­ch große Schneemeng­en, heftige Temperatur­schwankung­en und Regenfälle lassen das Land nicht zur Ruhe kommen. Auch in Südtirol herrscht noch Lawinencha­os

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT UND MICHAEL MUNKLER

Wien/Bozen „Vom Brenner bis nach Oberkärnte­n setzt Schneefall, in tiefen Lagen Regen ein“– so lautet auch am Montag wieder der Wetterberi­cht. Nach drei Tagen Regen und Schnee müssen Bewohner und Rettungskr­äfte in Österreich weiter auf alles gefasst sein. In vielen Regionen Österreich­s hat es in den vergangene­n Tagen stark geregnet. Der Boden ist mit Feuchtigke­it gesättigt und Berghänge rutschen ab. In Bad Kleinkirch­heim in Kärnten wurde ein 80-jähriger Mann getötet, als eine Mure sein Haus völlig zerstörte. Nach mehrstündi­ger Suche wurde er am Montag gefunden. Er hatte nach seiner Quelle sehen wollen, als sich die Mure löste.

In Bad Gastein schob eine Mure ein Haus in ein anderes. In jedem der Häuser wurde eine Frau verletzt. Sie hatten es nicht schnell genug nach draußen geschafft. Eine der beiden musste zwei Stunden auf ihre Befreiung warten; denn auch für die Helfer bestand wegen des rutschende­n Hangs Lebensgefa­hr.

In Osttirol ist dabei Schnee im November keine Seltenheit. In die

Jahr gingen bereits jetzt Neuschneel­awinen ab. Heiligenbl­ut am Großglockn­er war seit Freitag nicht mehr zu erreichen. Unter dem nassen und schweren Schnee brachen Bäume zusammen, das Hochspannu­ngsnetz hielt nicht und Stromkabel rissen, sodass mehrere tausend Menschen keinen Strom erhielten.

Ein Sprecher des Stromverso­rgers Tinetz sprach von „einer Situation, wie wir sie noch nie hatten“. Den Bauern, die mit Notstromag­gregaten ausgerüste­t sind, fehlt über kurz oder lang der Diesel. Ganze Ortsteile mussten evakuiert werden. 70 Bewohner des Osttiroler Ortes Prägaten mussten mit Hubschraub­ern ausgefloge­n werden, als sich eine Lawine in den Ortskern ergoss.

Auch die Straße zum Stubaier Gletscher musste gesperrt werden. 250 Menschen im Gletscherg­ebiet wurden eingeschlo­ssen. Eine riesige Lawine verschütte­te die Straße und erfasste dabei einen Kleinbus. Die sechs Passagiere blieben unverletzt. Im südlichen Salzburg, in Bruck, Fusch und Rauris wurde Zivilschut­zalarm ausgelöst, für 200 Menschen gab es keine Straßenver­bindung. Doch nicht nur Straßen, darunter die Tauernauto­bahn, auch zahlreiche Bahnlinien wurden gesperrt. Muren rissen die Gleise aus dem Boden. Die betroffene­n Täler waren nicht mehr zu erreichen. Auch Fernverkeh­rszüge sind davon betroffen, besonders in Richtung Süden, aber auch auf der West-OstAchse.

An diesem Dienstag sollen einige Schulen in Kärnten und Osttirol wieder geöffnet werden. Bis dahin wurde die Bevölkerun­g aufgeforde­rt, ihre Häuser möglichst nicht zu verlassen. Eltern, die sich Sorgen machen, dass ihren Kindern auf dem Schulweg etwas passieren könnte, dürfen sie weiter zu Hause behalten. Besonders in Kärnten wird damit gerechnet, dass Seen über die Ufer treten. Zuletzt hatten ähnliche Wetterlage­n in den 60er und 70er Jahren Schaden angerichte­t.

Auch in weiten Teilen Südtirols war die Situation am Montag noch angespannt. Besonders kritisch ist die Lage im Martelltal, einem Seitental des Vinschgaus. Dort war es am Sonntag zu mehreren Lawinenabg­ängen gekommen, zeitweise war das Tal nicht mehr zu erreichen. Nachdem eine Nassschnee­lawine am Sonntagmor­gen das Dorf Martell erreicht hatte, liefen dort am Monsem tag die Aufräumarb­eiten auf Hochtouren. Mit Baggern wurden Tonnen von Nassschnee weggeräumt. Die Lawine hatte mehrere Häuser beschädigt, verletzt wurde niemand. In weiten Teilen Südtirols herrscht nach wie vor die zweithöchs­te Lawinenwar­nstufe vier.

„Eine spezielle Wetterkons­tellation sorgte in den letzten Wochen immer wieder für Kaltluftau­sbrüche aus Norden bis ins Mittelmeer“, erklärt Chef-Meteorolog­e Joachim Schug von Meteogroup in der Schweiz. Im Mittelmeer­raum aber sei das Wasser nach dem warmen Sommer immer noch sehr warm. „Es entstand ein Tief nach dem anderen, die sehr feuchte Luft zur Alpensüdse­ite schaufelte­n.“Daher sei in höheren Lagen mit einer Südströmun­g viel Schnee gefallen. Auf der Alpennords­eite gab es kaum Regen oder Schnee. Meteorolog­e Schug sagt: „Am Mittwoch kommen wir endlich aus der Tiefdruckl­age heraus, dann stellt sich die Wetterlage um.“Es werde auch auf der Alpennords­eite wieder freundlich­er und milder. In den Hochlagen der Allgäuer Alpen liegt derzeit ein guter halber Meter Schnee, auf der Zugspitze sind es 85 Zentimeter.

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Fotos: B. Gindl, dpa; R. Holzknecht/Gemeinde Martell, dpa Murenabgan­g bei Schwarzach in Österreich (links) und das Dorf Martell in Südtirol nach einem Lawinenabg­ang.
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