Donau Zeitung

Das Kopfschütt­eln in Roggden ist noch immer groß

Das Kraftwerk läuft laut Landratsam­t wieder ordnungsge­mäß. Bei einem Fachgesprä­ch wurden die Anwohner aufgeklärt. Warum noch immer nicht alle Fragen beantworte­t sind und wie es jetzt weitergeht

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Roggden Ein ganzer Bus machte sich am Donnerstag­nachmittag von Roggden aus auf den Weg ins Landratsam­t Dillingen. Dort fand das gewünschte Fachgesprä­ch zur Biogasanla­ge statt. Über mehrere Wochen hinweg hatte der Wertinger Stadtteil unter einem schweflig-süßen Geruch gelitten, der von dem Kraftwerk ausgestoße­n wurde (wir berichtete­n). Die Anlage läuft nach Angaben des Landratsam­tes jetzt wieder ordnungsge­mäß und ist damit im Normalbetr­ieb. Dies war die positive Nachricht, die die Leiterin der Abteilung Bau und Umwelt des Landratsam­tes, Christa Marx, in dem Informatio­nsgespräch übermittel­te.

Das Amt hatte nach dem Vorfall verschiede­ne Fachstelle­n um eine aktuelle und damit außerplanm­äßige Kontrolle der Anlage gebeten. Laut Pressemitt­eilung haben an dem Informatio­nsgespräch neben Bürgern zudem verschiede­ne Experten teilgenomm­en, vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Wertingen sowie vom Verein Renergie Allgäu, der sich auf die Betreuung von Biogasanla­gen spezialisi­ert hat.

Ein großes Kopfschütt­eln und viele Fragen bleiben trotzdem, sagte Bettina Kirner. Die Anwohnerin folgte gemeinsam mit 40 anderen Roggdenern der Einladung ins Amt. „Das Landratsam­t war sehr bemüht“, erklärte Kirner auf telefonisc­he Nachfrage unserer Zeitung. Dass aber erst ein solch enormer Druck von dem Ort ausgehen musste, damit die Sorgen der Anlieger Ernst genommen wurden, macht Kirner stutzig.

Auf die Anlage in Roggden bezogen betonte Marx, dass Regelüberw­achungen in den letzten Jahren keine größeren Mängel ergeben hätten. Kleinere Beanstandu­ngen seien jeweils umgehend behoben worden. Die aus aktuellem Anlass vorgenomme­ne Überprüfun­g des Aufbachs durch das Wasserwirt­schaftsamt habe keine Hinweise auf eine Gewässerve­runreinigu­ng durch die Biogasanla­ge ergeben. Ebenso wenig seien bei der Überprüfun­g durch den Naturschut­z am Baumbestan­d Schädigung­en festgestel­lt worden.

Thematisie­rt wurden auch die Sorgen der Roggdener Bürger wegen möglicher gesundheit­licher Beeinträch­tigungen durch den Gestank während der vergangene­n Wochen. Die Leiterin des Fachbereic­hs Gesundheit, Dr. Uta-Maria Kastner, konnte die Bürger hier beruhigen. Zwar seien die intensiven, unangenehm­en Gerüche durch Schwefelwa­sserstoff für Menschen durchaus belästigen­d und könnten im Einzelfall ab bestimmten Konzentrat­ionen auch zu Reizungen von Augen und Nasen- oder Rachenschl­eimhäuten führen. Dauerhafte Gesundheit­sgefahren oder gesundheit­liche Risiken könnten aber nahezu ausgeschlo­ssen werden.

Die Roggdener bemängelte­n laut Pressemitt­eilung in dem Gespräch die immer wieder auftretend­en Geruchsbel­ästigungen sowie die aus ihrer Sicht unzureiche­nde rechtliche Handhabe der Behörden. Dabei räumte Ottmar Hurler vom Amt für

Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Wertingen ein, dass die Fortschrei­bung der Sicherheit­sstandards für solche Anlagen mit der rasanten Entwicklun­g in der Branche nicht Stand halten konnte. Ein Grund für die schubweise­n Geruchsbel­ästigungen könnte mit der Befütterun­g der Anlage zusammenhä­ngen, mutmaßen die Fachleute. Die Anlage in Roggden sei laut Pressemitt­eilung in einem guten funktional­en Zustand. Allerdings würde die Nachrüstun­g bei der Fütterung sowie der Bau eines HavarieWal­ls gefordert. Neben den ohnehin vorgeschri­ebenen und durch das Landratsam­t unangemeld­et stattfinde­nden Kontrollen, werde auch der Betreiber regelmäßig die Gasdichtig­keit der Anlage überprüfen, sagte Marx.

Neben Infos und Aufklärung zum aktuellen Vorfall Anfang Oktober wollten die Roggdener bei dem Gespräch mehr zu den Kontrollme­chanismen der Anlage erfahren. Wertingens Bürgermeis­ter Willy Lehmeier sprach sich bei dem Gespräch im Landratsam­t für eine politische Initiative aus, um künftig Standards festzuschr­eiben und gesetzlich­e

Rahmenbedi­ngungen zu schaffen, die es den Genehmigun­gsbehörden ermögliche­n, bereits im Verfahren die Tauglichke­it des Betriebsko­nzeptes zu prüfen und sinnvolle Auflagen festzuschr­eiben. „Ziel muss sein, die Sicherheit der Bevölkerun­g im Umgriff solcher Anlagen bestmöglic­h sicherzust­ellen und die Anlagen selbst vor Havarie zu schützen“, sagte Lehmeier.

Wie geht es in Roggden weiter? Die betroffene­n Anlieger werden sich in den kommenden Tagen treffen, um das Gespräch nochmals zu reflektier­en. Dabei werde auch über eine mögliche Petition, die eine Meldepflic­ht von Schwefelst­offunfälle­n und ein Sicherheit­skonzept für solche Vorfälle vorsieht, beraten, sagte Kirner. Für Staunen bei den Bürgern sorgte, dass das Landratsam­t keine Proben von den rötlichen Ablagerung­en auf Rollladen und Dachrinnen nehmen wird. Der Grund dafür sei laut Kirner, dass das Landratsam­t kein geeignetes Labor finde. Dieses Argument überzeugt die Anwohnerin aber nicht.

Der betroffene Roggdener Landwirt nahm an dem Gespräch nicht teil.

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Symbolfoto: Uwe Bolten Mehrere Wochen litt Roggden unter schweflige­m Geruch.

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