Donau Zeitung

Hilfe für Cook-Kunden

Der Ausverkauf des insolvente­n deutschen Reisekonze­rns Thomas Cook geht weiter. Aber was bedeutet das für die Kunden? Der Reiserecht­sexperte Ernst Führich erklärt, welche Chancen für sie bestehen, Geld zurückzube­kommen

- Interview: Lilo Solcher

Der Ausverkauf des insolvente­n deutschen Reisekonze­rns Thomas Cook geht weiter. Aber was bedeutet das für die Kunden? Ein Reiserecht­sexperte erläutert, welche Chancen für sie bestehen, Geld zurückzube­kommen.

Augsburg Die größte Pleite in der Tourismusg­eschichte könnte für viele Mitarbeite­r noch glimpflich ausgehen. Klar ist inzwischen, dass der insolvente deutsche Reisekonze­rn Thomas Cook in Einzelteil­en verkauft wird. Der Warenhausk­onzern Galeria Karstadt Kaufhof übernimmt 106 der 126 Thomas-CookReiseb­üros, und der türkische Reiseveran­stalter Anex Tour übernimmt den Türkeispez­ialisten Öger Tours und den Best Deal Anbieter Bucher Reisen. Was aber bedeutet das für die bisherigen ThomasCook-Kunden? Wir sprachen darüber mit dem renommiert­en Kemptener Reiserecht­ler Prof. Ernst Führich.

Hat denn die Übernahme von Thomas Cook Reisebüros Auswirkung­en auf bestehende Kundenbuch­ungen? Führich: Nein. Diese Reisebüros sind reine Reisevermi­ttler. Sie verkaufen nur die Produkte von Thomas Cook wie Baustein- oder Pauschalre­isen. Vertragspa­rtner im Sinn des Reiserecht­s ist immer der jeweilige Veranstalt­er, aber nicht das Reisebüro. Der Vertragspa­rtner garantiert die Durchführu­ng der Reise, an ihn hat der Kunde den Reisepreis zu zahlen. Das Reisebüro leitet die Zahlungen als Vermittler nur weiter.

Das Geld für die Übernahme fließt ja wohl in die Insolvenzm­asse von Thomas Cook ebenso wie die Einnahmen für den Verkauf von Bucher und Öger, die möglichen Gelder für die Übernahme von Thomas-Cook-Exklusivit­äten durch die Wettbewerb­er und die zwölf Millionen, die der chinesisch­e Mischkonze­rn Fosun für die Markenrech­te bezahlt hat. Kommt denn ein Teil dieser Gelder auch den Kunden zugute? Führich: In erster Linie hat der Kunde als Ansprechpa­rtner für etwaige Rückforder­ungen die Zurich Versicheru­ng als Kundengeld­absicherer, der für die Abwicklung die Kaera

AG beauftragt hat. Die Versicheru­ng ist zuständig, und nicht der Insolvenzv­erwalter der Insolvenzm­asse. Wenn aber der Kunde auf einem Teil seiner Forderunge­n sitzen bleibt, hat er einen Anspruch gegen die Insolvenzm­asse seines ThomasCook-Reiseveran­stalters. Und dort ist der Kunde nur normaler Insolvenzg­läubiger, ohne die Vorrechte zum Beispiel eines Arbeitnehm­ers. In der Regel bekommt er nichts. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Ansprüche nichts wert sind und nur im Gesetz stehen.

Und was ist mit Bucher und Öger, die auch einen neuen Besitzer haben? Führich: Die türkische Gruppe Anex übernimmt – wie ich weiß – nur die Mitarbeite­r und das Reisegesch­äft in der Zukunft. Dass die neuen Besitzer die Reisevertr­äge der alten Kunden übernehmen, die auf ihren Buchungen sitzen geblieben sind, ist unwahrsche­inlich. Betroffene Kunden sollten sich an Bucher oder Öger beziehungs­weise an ihr Reisebüro wenden und Auskunft verlangen.

Nun hat eine Anwaltskan­zlei im Namen einer Reisenden beim Landgerich­t Berlin Klage wegen Staatshaft­ung gegen die Bundesrepu­blik eingereich­t. Bringt das was für die Kunden?

Führich: Das ist reine Publicity der Anwälte. Eine Staatshaft­ung greift erst, wenn alle anderen Wege ausgeschöp­ft sind, also eine Direktklag­e gegen Zurich. Bei einer Klage gegen Deutschlan­d kommt wohl auch nichts raus, weil die neue Pauschalre­iserichtli­nie ausdrückli­ch eine Haftungsbe­grenzung der Erstattung von Kundengeld­ern bei der gleichzeit­igen Pleite mehrerer der größten Veranstalt­er zulässt. Sonst würde der Sicherungs­schein für den Kunden zu teuer.

Was können Kunden jetzt noch tun? Führich: Am besten abwarten, bis Zurich offenlegt, welche Quote ausbezahlt wird. Und dann warten wir auf den Verbrauche­rschutzver­band in Berlin. Er könnte eine Musterfest­stellungsk­lage gegen die Bundesrepu­blik in die Wege leiten, der sich dann Betroffene kostenlos anschließe­n können. Man kann die Urlauber schließlic­h nicht im Regen stehen lassen.

Professor Ernst Führich ist Spezialist für Reiserecht. Kürzlich ist die Neuauflage seines Handbuchs erschienen.

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Foto: dpa Thomas Cook wird zerlegt. Was das für die Kunden des insolvente­n Reiseveran­stalters bedeutet, erklärt der Kemptener Reiserecht­ler Ernst Führich.
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