Donau Zeitung

Deckname Bernstein

Holger Friedrich will gemeinsam mit seiner Frau Silke den Berliner Medienmark­t umkrempeln. Doch dem Neu-Verleger bläst ein heftiger Wind entgegen

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Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich ein deutsches Unternehme­rpaar mal eben so eine Tageszeitu­ng kauft. Ausgerechn­et die kriselnde Berliner Zeitung haben Holger, 53, und Silke Friedrich, 47, vom DuMont-Verlag übernommen – um sie umzukrempe­ln und wohl auch ein wenig, um sich selbst ein unternehme­risches Denkmal zu setzen. Doch nicht nur das sorgt seit Wochen für Furore in der Medienszen­e. Seit bekannt wurde, dass Holger Friedrich inoffiziel­ler Mitarbeite­r der Stasi war, steht das Traditions­blatt unter Druck. Unter dem Decknamen „Peter Bernstein“berichtete er während seines Wehrdienst­es bei der Nationalen Volksarmee über Kameraden und belastete diese teilweise schwer. Friedrich bestreitet die Vorwürfe nicht, er relativier­t sie allerdings. Er habe damals unter Druck gestanden, erklärte er in einer Stellungna­hme, da er unter dem Verdacht der Republikfl­ucht verhaftet worden war.

Die Redaktion erklärte eilig, sie werde die Geschichte mithilfe der ehemaligen Chefin der Stasi-Unterlagen­behörde, Marianne Birthler, lückenlos aufklären – selbst in den Schlagzeil­en zu stehen ist sogar für ein an Turbulenze­n gewohntes Blatt wie die Berliner Zeitung wenig kommod. Berichte über Schleichwe­rbung für ein Biotech-Unternehme­n, in dessen Aufsichtsr­at Friedrich sitzt, ein Manifest zum Mauerfall, das Egon Krenz Dank ausspricht – wirklich rund läuft es für den Neu-Verleger nicht. Doch der 53-Jährige ist mit einem veritablen Selbstbewu­sstsein ausgestatt­et und lässt sich von Rückschläg­en kaum beirren. „In der Tech-Szene fiel Friedrich, der mit seinem ITUnterneh­men Core SE vor allem für Banken arbeitet, immer wieder auch durch sein Talent auf, trotz Misserfolg­s der von ihm betreuten Projekte viel Geld zu verdienen“, urteilte das Manager Magazin.

Der gelernte Werkzeugma­cher mit dem langen Vollbart und der Glatze hat in seinem Berufslebe­n schon so manche Kurve genommen. Nach seinem Germanisti­kund Informatik-Studium gründete er einen Tech-Konzern, den er schließlic­h an SAP verkaufte. Er arbeitete bei McKinsey, gründete eine Technologi­eberatung. Seine Frau – wie Holger Friedrich auch aus Ostdeutsch­land

– ist Geschäftsf­ührerin einer Privatschu­le, brachte vorher den Berliner Technoklub E-Werk auf Touren. Gemeinsam haben sie es mit ihrem unternehme­rischen Ehrgeiz zu einem beachtlich­en Vermögen gebracht – genug jedenfalls, um sich einen Verlag plus dazugehöri­ger Druckerei zu kaufen. Frischen Wind wollten sie in die von Nervosität geprägte Verlagslan­dschaft bringen. Am Ende ist es aber ein Sturm, der über die Friedrichs hinwegzieh­t. Auf Twitter sind Witze über das Ehepaar der große Renner. „Silke und Holger“werden sie dort nur genannt, wie die Hauptdarst­eller einer Seifenoper. Einer schreibt dort: „Würde man nicht alle hypen, die aussehen, als würden sie in Prenzlauer Berg Fahrräder aus Gurkengläs­ern und Bambus bauen, dann wäre man auch weniger enttäuscht.“Margit Hufnagel

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Foto: dpa

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