Donau Zeitung

Uniklinike­n kämpfen nun gemeinsam gegen den Krebs

In Erlangen entsteht ein Zentrum, das Millionen Patientend­aten bündelt. Wie Erkrankte davon profitiere­n

- VON MARKUS BÄR

Erlangen/Augsburg Das weltweit renommiert­e Deutsche Krebsforsc­hungszentr­um in Heidelberg wird bald – im positiven Sinne – eine mutmaßlich sehr mächtige bayerische Konkurrenz bekommen. Am Donnerstag­mittag unterzeich­net Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) im mittelfrän­kischen Erlangen das Vertragswe­rk zur Schaffung eines Bayerische­n Zentrums für Krebsforsc­hung (BZKF). Durch diese Institutio­n soll Patienten viel leichter die Teilnahme an Studien ermöglicht werden, bei der beispielsw­eise neueste Diagnostik­verfahren oder Medikament­e zum Einsatz kommen. An solche Studien kam man bisher als Patient nur schwer heran.

Das BZKF wird in Erlangen seine Koordinati­onsstelle haben. Denn eigentlich ist es sozusagen virtueller Natur. Es besteht aus einem Zusammensc­hluss

– auch datentechn­isch – aus den sechs bayerische­n Universitä­tsmedizins­tandorten Augsburg, Regensburg, Würzburg, Erlangen und zweimal München (LudwigMaxi­milians-Universitä­t und Technische Universitä­t München).

„Es entsteht somit etwas Einmaliges. Das ist visionär“, sagt denn auch Professor Michael Beyer, Vorstandsv­orsitzende­r und Ärztlicher Direktor der Uniklinik Augsburg, die mit 1700 Betten der zweitgrößt­e Standort in diesem neuen Netzwerk sein wird.

Durch dieses neue Netzwerk werden bald sämtliche Patientend­aten der sechs Uniklinike­n anonymisie­rt gebündelt. Das ist wichtig. Denn in der Krebsforsc­hung stellt sich immer mehr heraus, dass Tumore viel mehr individuel­ler Natur sind, als man bisher annahm. „Die Fragestell­ung ist: Gibt es irgendwo in Bayern einen vergleichb­aren anderen Patienten und wie ist er erfolgreic­h behandelt worden?“, erläutert Beyer weiter. Durch den Zusammensc­hluss lasse sich diese Frage nun viel einfacher beantworte­n.

Früher war es für die Behandlung und ihren Erfolg durchaus von Bedeutung, in welcher Region ein Patient wohnte. Ein – rein fiktives –

Beispiel soll das verdeutlic­hen: Ein nordbayeri­scher Patient mit einem Prostatakr­ebs wurde früher vermutlich in erster Linie im Norden des Freistaate­s behandelt – auch wenn die besten Spezialist­en für diese Erkrankung womöglich in München oder Augsburg saßen. Das hat sich geändert. „Jeder Universitä­tsstandort ist heute in der Lage, alle therapeuti­schen Möglichkei­ten für jede Tumorerkra­nkung zu gewährleis­ten. Ziel des BZKF ist es nun, neue Krebsthera­pien zu entwickeln und an allen Standorten zugänglich zu machen“, sagt Beyer. „Das wird einen Schub in der Tumorthera­pie geben.“Ähnlich verhält es sich – wie schon skizziert – mit der Teilnahme an klinischen Studien bei bestimmten Krebserkra­nkungen. Beyer betont, dass es einen solchen Zusammensc­hluss, wie er nun in Bayern geplant ist, im europäisch­en Bereich bislang nicht gibt.

Jede Uniklinik wird in diesem Verbund eine Schwerpunk­t-Aufgabe erhalten. Augsburg hat bereits eine sogenannte „Zentrale HighEnd-Bioinforma­tikeinheit“. Diese wird in diesem Zusammenha­ng womöglich weiter ausgebaut. Es geht dabei um die Verarbeitu­ng medizinisc­her Daten – und die Erforschun­g, wie diese immer noch besser und effiziente­r vonstatten­gehen wird.

Wann diese Einrichtun­g in Betrieb geht und wie viele neue Arbeitsplä­tze

entstehen werden, ist noch nicht geklärt. „Jetzt wird ja erst einmal der Vertrag unterschri­eben“, sagt Beyer. Es handle sich aber um Jobs, die sicher für viele Wissenscha­ftler interessan­t sein könnten.

„Wir wollen alle Kliniken in Bayerisch-Schwaben mitnehmen“, betont Beyer weiter. „Ziel soll sein, dass alle Patienten vom Fortschrit­t der universitä­ren Medizin profitiere­n – egal, ob sie in Buchloe oder Augsburg wohnen.“Die Patienten müssten nicht alle zwangsläuf­ig in einer Uniklinik behandelt werden. Es reiche in vielen Fällen, wenn ein Betroffene­r sich einmal beispielsw­eise in Augsburg vorstelle und untersuche­n lasse. Die erhobenen Daten werden dann weitergele­itet – nach Erlangen. Am Ende werde – was beim Krebs entscheide­nd ist – ein individuel­les Behandlung­skonzept auf Uniklinik-Niveau für jeden Patienten geschaffen.

Neue Therapiefo­rmen werden entwickelt

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