Donau Zeitung

Ja, da schau her, so reich ist München

Gut möglich, dass Oberbürger­meister anderer Großstädte am Freitag blass vor Neid werden, wenn die bayerische Landeshaup­tstadt erstmals ihr Gesamtverm­ögen offenlegt

- VON ULI BACHMEIER

München In München gibt es Probleme (Wohnungsno­t), aber auch Luxusprobl­eme. Zum Beispiel im noblen Stadtteil Lehel. Da muss der Halter eines orangefarb­enen Lamborghin­i seinen sündteuren Flitzer bei Wind und Wetter im Freien stehen lassen – allerdings nicht deshalb, weil er sich keinen Tiefgarage­nplatz leisten könnte, sondern weil die Zufahrten zu den Tiefgarage­n der altehrwürd­igen Bürgerhäus­er entlang der Isar einfach zu steil sind für so flache Autos. Er würde aufsitzen. Solche Probleme hätten viele andere Städte gerne.

Der heimliche Neid, mit dem viele Oberbürger­meister aus dem Rest der Republik auf die bayerische Landeshaup­tstadt schauen, dürfte am Freitag noch einmal etwas größer werden. Erstmals werden Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) und Stadtkämme­rer Christoph Frey einen „konsolidie­rten Jahresabüb­er das Gesamtverm­ögen der Stadt einschließ­lich aller Tochterges­ellschafte­n, Anlagen und Beteiligun­gen vorlegen. Und es deutet vieles darauf hin, dass sich München mit seinen rund 1,5 Millionen Einwohnern von da an „reichste Stadt Deutschlan­ds“nennen darf – wenn man von der Hansestadt Hamburg, die ja zugleich Bundesland ist und einen nicht ganz kleinen Hafen ihr Eigen nennt, einmal absieht.

Die Summen sind gigantisch. Die Bilanzsumm­e des „Konzerns“München wird mit 38 Milliarden Euro angegeben. Davon sind 16,5 Milliarden Euro Eigenkapit­al, was eine komfortabl­e Eigenkapit­alquote von 43,4 Prozent ergibt. Der Jahresüber­schuss für das Jahr 2018 liegt bei 207,7 Millionen Euro.

In der Stadtkämme­rei in München ist man mächtig stolz auf diese Bilanz – so stolz, dass man im Vorfeld der Präsentati­on schon mal nachgefors­cht hat, ob es wirklich zum Titel „reichste Stadt Deutschlan­ds“reichen wird. „Wir haben uns“, so sagt eine Sprecherin, „sehr bemüht, eine andere Stadt zu finden, aber ich glaube, es gibt sie nicht“. Frankfurt oder Stuttgart jedenfalls kämen an die Münchner Zahlen nicht heran, höchstens vielleicht Esslingen in Baden-Württember­g – relativ gesehen. Esslingen hat knapp 95000 Einwohner, die Bilanzsumm­e liegt bei 806 Millionen Euro, die Eigenkapit­alquote bei rund 75 Prozent.

Komplizier­t sind solche Vergleiche und Ranglisten aus mehreren Gründen. Erstens rechnen längst nicht alle kreisfreie­n Städte so wie Konzerne nach dem Prinzip der doppelten Buchführun­g („Doppik“). In Augsburg zum Beispiel wird noch klassisch kameralist­isch mit Ein- und Ausgaben gerechnet, obwohl Jakob Fugger, einer der bedeutends­ten Söhne der Stadt, als Pionier der doppelten Buchführun­g gilt. Auch Würzburg hält bisher an dem altbewährt­en und deutlich einschluss“ facherem Verfahren fest. Viele Städte fallen somit aus dem Vergleich nach „Doppik“heraus. Zweitens gibt es Städte wie Schweinfur­t, die zwar nach Doppik bilanziere­n, aber ohne Tochterges­ellschafte­n, Anlagen und Beteiligun­gen. Drittens ist unklar, welche Kennziffer­n für einen Vergleich herangezog­en werden sollen: Vermögen pro Kopf? Schulden pro Kopf? Eigenkapit­alrendite? Eigenkapit­alquote? Steuerkraf­t?

Die Münchner werden mit einem Pro-Kopf-Vermögen von rund 10700 Euro ins Rennen um Platz 1 gehen. Nürnberg, Bayerns zweitgrößt­e Stadt, wird da mit rund 3000 Euro Pro-Kopf-Vermögen nicht mithalten können. Ginge es anderersei­ts nur nach der Eigenkapit­alquote, wäre sogar Kaufbeuren mit 51 Prozent besser. Die Argumente der Münchner sind dennoch gut – auch wenn das all jenen Bürgern nichts nützt, die keine Wohnung oder keine passende Tiefgarage finden.

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Pracht und Prunk – dafür ist München bekannt. Und dafür, ziemlich reich zu sein. Am Freitag legt die bayerische Landeshaup­tstadt erstmals ihr Gesamtverm­ögen offen. Viele Oberbürger­meister aus dem Rest Deutschlan­ds dürften da vor Neid erblassen.
Foto: Peter Kneffel, dpa Pracht und Prunk – dafür ist München bekannt. Und dafür, ziemlich reich zu sein. Am Freitag legt die bayerische Landeshaup­tstadt erstmals ihr Gesamtverm­ögen offen. Viele Oberbürger­meister aus dem Rest Deutschlan­ds dürften da vor Neid erblassen.

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