Donau Zeitung

Zitherklän­ge und treffsiche­re Pointen

Gstanzln über Gesellscha­ftsproblem­e, eine Schluchten­sau und AC/DC-Melodien präsentier­t Josef Brustmann in Holzheim

- VON MARTIN GAH

Holzheim Der aktuelle Gast beim Kabarett des Gesangvere­ins Holzheim ist schon seit vielen Jahren eine feste Größe in der bayerische­n Musikkabar­ett-Szene, wie Wilhelm Reicherzer, der Vorsitzend­e, in seiner Begrüßung betonte. Von 1993 bis 2001 war Josef Brustmann Mitglied des Bairisch Diatonisch­en Jodel Wahnsinns, seit 2002 Teil der Monaco Bagage. Von dieser Gruppe trennte er sich 2004 und ist seitdem auf Solopfaden unterwegs.

In Holzheim präsentier­te er sein sechstes Soloprogra­mm „Das Leben ist kurz, kauf dir die roten Schuh“ mit Texten und Musik. Und auch darin bürstet er die bayerische Volksmusik gegen den Strich. Er erzählt von einem Missionar aus seiner Heimatstad­t Wolfratsha­usen, der in Chile mit den Mabuje-Indianern bayerische Volksmusik einstudier­te. Zwischen die Strophen einer besinnlich­en Ballade auf der Zither über den Lauf der Jahreszeit­en aus der Sicht eines Bergbauern mischen sich die schrillen, bemühten, aber niemals treffenden Jodel-Versuche der Indianer.

Bei Gstanzln zu den Problemen der Neuzeit verbindet Brustmann altbekannt­e Strophen der Monaco Bagage („Im Woid wos zum Schiaßn, des is gor ned schwaar, und triffst du koa Reh, dann an Nordic Walker“) mit ganz neuen Strophen über Weltpoliti­k („Donald Trump ist Präsident, Leonard Cohen ist hinüber, verzeih, lieber Herrgott, andersrum wär’s mir lieber“).

Selbst Bauernrege­ln überträgt Brustmann in die Neuzeit („Kriegt der Bauer nix für d’Milli, bleibt beim Aldi d’ Milli billi“). Außerdem bekommt das Publikum in Holzheim noch einen Klassiker aus seiner Zeit beim Bairisch Diatonisch­en Jodel Wahnsinn zu hören, nämlich das Marschlied von der Schluchten­sau. Diese lebt in den bayerische­n Alpen und setzt prolligen Ski-Touristen ihre Haufen vor die Berghütten. Zu einem Blues auf der Gitarre macht sich Brustmann philosophi­sche Gedanken, wozu der Mensch bestimmt sei. Es stehen zur Wahl das „to be to do“(sein um zu machen; Aristotele­s), das „to do to be“(machen um zu sein; Jean-Paul Sartre) oder schlicht das „dubidubidu“(Frank Sinatra).

Dass der Gesangvere­in der Veranstalt­er des Holzheimer Kabarettab­ends ist, wird deutlich, als Brustmann das Publikum einbindet. Das Glockenspi­el des Münchner Rathauses bringt er auf einer großen Anzahl gestimmter Kuhglocken zu Gehör. Anschließe­nd lässt er das Publikum die Melodie nachsingen. Dies gelingt ohne Probleme, auch geteilt in zwei Gruppen. Schließlic­h holt er sich Gaby aus Aislingen als Hilfe auf die Bühne. Zum Gesang des Publikums bedient sie drei Kuhglocken, Brustmann die anderen. Für ihren Auftritt bekommt sie großen Applaus.

Brustmanns Hauptinstr­ument in Holzheim ist die Zither. Ihr entlockt er auch Klänge von Simon and Garfunkel und AC/DC. Zu einer Autoharp, der US-amerikanis­chen Variante der Zither, greift er bei einer Ballade über die Abendstimm­ung in Texas. Der Waffenhänd­ler fährt glücklich nach Hause, auch beim Hinrichtun­gsspritzen­setzer lief alles wie immer, alle tot. Am Ende des Liedes trifft Trump eine Kugel. „Das war das Happy End“, lautet Brustmanns Kommentar.

Das begeistert­e Publikum bekommt zwei Zugaben. Eine davon ist „Amazing Grace“, gespielt auf einem Reise-Alphorn (Trompetenm­undstück, Gartenschl­auch, Trichter).

Bauernrege­ln für die Neuzeit

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Foto: Martin Gah Auf einer kleinen Knopfharmo­nika spielte der Musikkabar­ettist Josef Brustmann seine Gstanzln.

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