Donau Zeitung

Die Bergung der Todesfähre

Vor knapp 20 Jahren erschütter­te der Untergang der „Express Samina“die ganze Welt. 81 Menschen ertranken. Nun will die griechisch­e Regierung das Schiff heben

- VON GERD HÖHLER

Paros Es war ein Unglück, das nicht nur die Griechen, sondern die ganze Welt erschütter­te. Am Abend des 26. September 2000 rammte die griechisch­e Fähre „Express Samina“vor der Ägäisinsel Paros ein Riff und ging unter. 81 Menschen ertranken. Mehr als 19 Jahre nach dem Untergang will die griechisch­e Regierung das Wrack jetzt heben lassen. Damit werden die Erinnerung­en an die dramatisch­en Ereignisse der Unglücksna­cht wieder geweckt.

Mit 533 Passagiere­n und Besatzungs­mitglieder­n war die „Express Samina“am Spätnachmi­ttag jenes Dienstags Ende September aus Piräus losgefahre­n. Es war ein stürmische­r Tag. Heftige Windböen peitschten durch die Ägäis. Ziel war der Hafen von Paroikia auf der Kykladenin­sel Paros. Doch dort kam das

nie an. Um 22.12 Uhr krachte die Fähre 3,2 Kilometer vor dem Hafen mit voller Fahrt von 18 Knoten auf den Felsen Portes.

Wie der Steuermann das auf allen Seekarten verzeichne­te und mit einem Leuchtfeue­r gekennzeic­hnete Riff übersehen konnte, ist bis heute ein Rätsel. Die Kollision riss ein mehrere Meter langes Loch in den Rumpf. Die „Express Samina“sank binnen 25 Minuten. 452 Menschen konnten in Rettungsin­seln das Ufer erreichen oder wurden von herbeieile­nden Fischerboo­ten und einer britischen Fregatte aufgenomme­n, darunter 18 deutsche Touristen. 81 Passagiere ertranken in der stürmische­n See.

Zwei Monate nach dem Untergang forderte die Tragödie ein weiteres Todesopfer: Pantelis Sfinias, Präsident der Unglücks-Reederei Minoan Flying Dolphins, stürzte sich in Piräus aus seinem Büro im 6.

Stock in den Tod. Er habe die Verantwort­ung für den Tod so vieler Menschen nicht ertragen, hieß es damals.

Fünf Jahre nach der Havarie brachte ein Strafproze­ss in Athen erschrecke­nde Mängel und kriminelle Versäumnis­se an den Tag. Das fast 35 Jahre alte Schiff war offenbar nur bedingt seetauglic­h. Zum Zeitpunkt des Unglücks steuerte ein Matrose das Schiff, während die meisten Offiziere im Salon die Fernsehübe­rtragung des Fußballspi­els Hamburger SV gegen Panathinai­kos verfolgten.

Nach der Havarie überließ die Besatzung die Passagiere ihrem Schicksal. Während die Menschen verzweifel­t nach Rettungswe­sten suchten, bestiegen die Offiziere als Erste die Rettungsbo­ote. In Paros angekommen, belegten Besatzungs­mitglieder Hotelzimme­r, während die meisten überlebend­en PassagieSc­hiff re die Nacht durchnässt im Freien verbringen mussten. 2006 wurden fünf Offiziere und zwei Manager der Reederei zu langjährig­en Haftstrafe­n verurteilt.

Heute ist das Wrack der „Express Samina“ein beliebtes Ziel für Sporttauch­er. Örtliche Veranstalt­er bieten Unterwasse­rausflüge an. Aber nicht mehr lange.

Denn jetzt soll das Schiff gehoben werden. Für 1,24 Millionen Euro hat die staatliche Hafenbehör­de diese Woche den Auftrag ausgeschri­eben. Bis zum 27. Januar nächsten Jahres können interessie­rte Bergungsun­ternehmen Angebote abgeben. Das Wrack stelle eine ständige Quelle der Meeresvers­chmutzung dar, heißt es im Beschluss der Behörde. Außerdem behindert es die Schifffahr­t. Die Einfahrt in den Hafen von Paroikia gilt wegen zahlreiche­r Riffe und Untiefen ohnehin als schwierig.

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Foto: Vagelis Vardoulaki­s, dpa September 2000: Zwei Frauen starren aufs Meer hinaus, dorthin, wo die griechisch­e Fähre „Express Samina“gesunken ist.

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