Die große Lust auf Panettone
Zu Weihnachten stapelt sich der italienische Festtagskuchen auch in vielen deutschen Supermärkten. In seiner Heimat schmeckt das vielen nicht
Rom Plätzchen, Christstollen, Lebkuchen und Spekulatius: Wer in der Adventszeit durch Supermärkte läuft, mag durchaus daran zweifeln, dass der Kunde noch nach weiterem süßen Weihnachtsgebäck verlangt. Doch immer häufiger stolpert der Verbraucher nun auch an großen Kisten mit runden Kuchen vorbei: Panettone, ein fluffiger italienischer Kuchen aus Sauerteig und Rosinen.
Doch mit einem richtigen Panettone hat es manchmal wenig zu tun, was in deutschen Supermärkten steht. Dieser Meinung sind zumindest viele in seiner Heimat Italien, wo man den Panettone gerne so liebevoll umsorgt wie ein Kind. „Man muss unterscheiden zwischen industriell hergestelltem Panettone und handgemachtem“, sagt Amerigo Martucciello, Präsident des italienischen Panettone-Konsortiums. Das Herzstück sei die Mutterhefe, ein gehätschelter Sauerteigansatz, der dem Kuchen seine Lockerheit gibt.
Weitere Zutaten sind Zucker, frische Eier, Milch, viel Butter, Rosinen, Orangeat, Zitronat, Salz und Wasser – basta. Emulgatoren, Konservierungsstoffe und Bierhefe hätten in einem wahren Panettone nichts zu suchen, meint Martucciello. Panettone aus der Fabrik hält länger als 60 Tage, manchmal gar sechs Monate – ein von Hand hergestellter wesentlich kürzer.
Handwerksbäckereien könnten den weltweiten Hunger nach „abertausenden“Panettone nicht stillen, sagt Martucciello. „Es gibt wirklich einen Boom, nicht nur in Deutschland. In Großbritannien wurde letztes Jahr mehr Panettone als traditioneller Christmas Pudding verkauft.“
Dario Loison hat in Costabissara bei Vicenza sogar ein kleines Panettone-Museum gegründet. Er beliefert Feinkostläden in Deutschland wie Käfer in München oder an Kaufhof. „Das Geschäft wächst, nicht nur in Deutschland“, sagt er. Weil Discounter Billig-Panettone schon für drei Euro das Kilo anbieten, sei das Kuchenwerk nun noch viel bekannter geworden. „Aber für drei Euro kaufe ich noch nicht mal die Grundzutaten.“So kann ein besonders feiner Panettone aus seiner Backstube bis zu 30 Euro kosten.
Italien verfällt schon Wochen vor Weihnachten in einen regelrechten Panettone-Rausch. Es gibt Panettone-Messen, Panettone-Werbefilme, Panettone-Zeitungsartikel, Panettone-Kreationen mit Alkohol, Schokolade oder Trockenfrüchten und Panettone-Wettbacken. Dazu reisten in diesem Jahr auch Bäcker aus Tokio, New York und Sydney an. Gewonnen hat ihn dann zwar ein Italiener. Aber dem PanettoneBoom rund um den Globus tut das keinen Abbruch.
Der Panettone stammt ursprünglich aus Mailand, wo sich immer noch unzählige Konditoreien der Backkunst verschrieben haben. Der Legende nach soll er von einem Küchenjungen namens Toni geschaffen worden sein. Der soll einem Koch aus der Patsche geholfen haben, dem das Dessert für die Festtagsgesellschaft seines Herren im Ofen verkohlt war. Mit Mutterhefe und den Resten aus der Speisekammer soll Toni das Mahl gerettet haben. Fertig war „il pane di Toni“(Tonis Brot), heute Panettone.