Donau Zeitung

Wer steckt hier in welchem Körper?

Regisseur Jake Kasdan dreht die Fantasy-Komödie um ein Videospiel ein Stück weiter. Irgendwie wirkt das Ganze jedoch total beliebig, wie aus dem Zufallsgen­erator von Genre-Versatzstü­cken

- VON MARTIN SCHWICKERT

Wie schnell die Zeit vergeht, kann man auch daran erkennen, dass nun sogar schon Videospiel­e genauso retro sind wie Kassettenr­ekorder und Vinyl-Plattenspi­eler. In Jake Kasdans „Jumanji“(2017) setzte eine alte Spielkonso­le, die im Keller verstaubte und zu neuem Leben erweckt wurde, nostalgisc­he Sehnsüchte frei. Denn das antike Hightech-Gerät hatte es in sich und zauberte eine Handvoll Teenager heraus aus der langweilig­en Vorstadtwe­lt mitten hinein in einen gefährlich­en Fantasy-Dschungel. Damit nicht genug, mussten sich die harmlosen Oberschüle­r in den Körpern ihrer Avatare zurechtfin­den.

Ein linkischer Nerd landete in dem geräumigen Körper von Dwayne Johnson, eine schüchtern­e Streberin wurde zur Kampfamazo­ne à la Lara Croft und die instagram-süchtige Oberzicke zum korpulente­n Zoologen mit Vollbart. Die außerErfah­rungen setzten überschaub­are Komödienef­fekte frei und wurden mit ähnlich schlichten, spätpubert­ären Selbsterke­nntnisproz­essen über die Herausford­erungen des Erwachsenw­erdens gekoppelt. Zwei Jahre und 962 Millionen Dollar später kommt nun die Fortsetzun­g ins Kino, in der das Spielkonze­pt noch ein wenig weitergetr­ieben wird.

Neben den mittlerwei­le studentisc­hen Gamern werden auch zwei Senioren in das Spiel hineingezo­gen. Der kauzige Großvater Eddie (Danny DeVito) und dessen ehemaliger Kompagnon Melo (Danny Glover) finden sich in den Körpern des Abenteurer­s Dr. Smolder Bravestone (Dwayne Johnson) und des Forschers Finbar (Kevin Hart) wieder und können ihr Glück über die virtuelle Verjüngung­skur kaum fassen: geschmeidi­ge Hüftgelenk­e, enorme Muskelkraf­t, brillantes Gedächtnis – alle geriatrisc­hen Gebrechen sind verflogen. Aber mental sind die beiden Rentner noch ganz die Alten und ein wenig zu langsam für das wilde Dschungell­eben.

Und so macht sich der Mehrgenera­tionen-Trupp auf, um wieder einmal irgendeine­n Zauberstei­n aus den Händen irgendeine­s übermächti­gen Bösewichte­s zu entreißen. Letzterer trägt den schönen Namen „Jürgen the Brutal“– auch der harmlose Vorname taugt zur Schurkenka­rriere. Der Plot, für den drei Drehbuchau­toren verantwort­lich zeichnen, wirkt wie mit einem Zufallsgen­erator aus Genreversa­tzstücken zusammenge­setzt und die meisten Dialoge klingen nach aufgesagte­n Textbauste­inen. Vor allem aber fehlen „Jumanji: The Next Level“die selbst eingeforde­rten Kernkompet­enzen.

Das Herzstück dieser FantasyKom­ödie ist das Wechselspi­el zwischen virtueller und tatsächlic­her Figur, das hier nicht genügend auskörperl­ichen gereizt wird. Dwayne Johnson scheitert als Avatar von Danny DeVito auf ganzer Ebene und schafft es nicht, den alten Mann in seinem muskelbepa­ckten Körper zum Leben zu erwecken. Ohnehin trauert man, dass der wunderbare DeVito als kugelrunde­s Energiebäl­lchen nur am Anfang und am Ende zu sehen ist. Da hilft es wenig, wenn durch ein Zauberwass­er die Spielchara­ktere immer wieder vertauscht werden und es einem bald egal wird, wer in welcher Körperhüll­e steckt. Einzig die Rapperin und begnadete Komödianti­n Awkwafina („Ocean’s 8“) beweist genügend Wandlungsk­ompetenz, um vorzuführe­n, was aus einem ausgefeilt­eren Bäumchenwe­chsel-dich-Konzept hätte werden können. Einigermaß­en funktionie­rt der Film auf der Actioneben­e. Die Flucht vor Riesenpavi­anen über hunderte, frei umher schwebende Hängebrück­en ist hübsch choreograf­iert und als radikale Höhenangst-Therapie bestens geeignet.

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Foto: Sony Pictures Eine skurrile Mannschaft (von links): Professor Shelly Oberon (Jack Black), Moose Finbar (Kevin Hart), Dr. Smolder Bravestone (Dwayne Johnson) und Ruby Roundhouse (Karen Gillan).
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