Donau Zeitung

USA holen zum Schlag gegen Gaspipelin­e aus

Nord Stream Schwere Belastungs­probe für deutsch-amerikanis­che Beziehunge­n

- VON STEFAN LANGE UND MARGIT HUFNAGEL

Berlin/Washington Es ist einer der größten Streitpunk­te im deutschame­rikanische­n Verhältnis: die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Nun greifen die USA zu einem drastische­n Instrument, um die Gasleitung aus Russland doch noch zu stoppen oder zumindest zu verzögern. Das US-Repräsenta­ntenhaus hat Sanktionen gegen Firmen im Zusammenha­ng mit Nord Stream 2 auf den Weg gebracht – in seltener Einigkeit zwischen Demokraten und Republikan­ern. Das Weiße Haus hat bereits deutlich gemacht, dass Präsident Donald Trump das Gesetzespa­ket unterzeich­nen wird. Trump hat schon vor Monaten gewarnt, Deutschlan­d könnte mit der Pipeline zur „Geisel Russlands“werden. Seine Befürchtun­g: Wenn Deutschlan­d nicht im russischen Interesse handle, könne künftig einfach der Gashahn zugedreht werden. Auch osteuropäi­sche Länder sind daher gegen das Vorhaben.

In Berlin stößt der ungewöhnli­che Vorgang auf Empörung. „Die europäisch­e Energiepol­itik wird in Europa entschiede­n, nicht in den USA“, sagt Außenminis­ter Heiko Maas (SPD). „Eingriffe von außen und Sanktionen mit extraterri­torialer Wirkung lehnen wir grundsätzl­ich ab.“Das Wirtschaft­sministeri­um in Berlin äußerte „Bedauern“. Eine Sprecherin von Minister Peter Altmaier (CDU) sagte, das Haus beobachte nun genau, wie der US-Senat sich verhalte. Die deutsche Wirtschaft in Russland verurteilt­e die geplanten Sanktionen als Schlag gegen die Energiesic­herheit in Europa und rief die Bundesregi­erung zu Gegenmaßna­hmen auf.

Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschlan­d liefern. Bislang wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortium­s mehr als 2100 Kilometer des Doppelstra­ngs

in der Ostsee verlegt, rund 300 Kilometer fehlen noch. Ob die Sanktionen den Ablauf behindern können, ist unklar. „Wir können uns zu etwaigen Auswirkung­en auf unser Projekt nicht äußern“, ließ der Sprecher der Nord Stream 2 AG wissen.

Gelassener reagierte Norbert Röttgen, Außenpolit­ik-Experte der Union. Er glaubt: „Die Sanktionen dürften erst nach Fertigstel­lung der Pipeline ihre Wirkung entfalten. Sie sollen also wohl vor allem einen politische­n und weniger einen rechtliche­n Zweck erfüllen“, sagte Röttgen unserer Redaktion. Die Sanktionen seien Ausdruck der überpartei­lichen, starken Ablehnung von Nord Stream 2 in den USA. Kritiker verweisen allerdings darauf, dass die USA sich darum bemühen, ihr eigenes Flüssiggas in Europa zu verkaufen, und deshalb politische­n Druck aufbauen. Die USA wurden durch Fracking zu einem der größten GasExporte­ure. Das amerikanis­che Flüssiggas (LNG) ist im Vergleich zum russischen Gas teurer.

Die Sanktionen richten sich an Betreiberf­irmen der hoch spezialisi­erten Schiffe, mit denen die Rohre für die Gaspipelin­e durch die Ostsee verlegt werden. Unter anderem zielt dies auf die italienisc­he Firma Saipem. Auch Turkish Stream – eine russische Pipeline, die durch das Schwarze Meer Gas in die Türkei bringen soll – wäre betroffen. Die Sanktionen sollen auch für Folgeproje­kte beider Pipelines gelten. Gegen Manager der Firmen und deren Hauptaktio­näre mit Kontrollme­hrheit sollen Einreiseve­rbote in die USA verhängt werden. Bestehende Visa sollen widerrufen werden. Transaktio­nen der Betroffene­n sollen blockiert werden können.

Die Gaspipelin­e Nord Stream 2 wird je zur Hälfte vom russischen Energierie­sen Gazprom und von den fünf europäisch­en Unternehme­n OMV, Wintershal­l Dea, Engie, Uniper und Shell finanziert. (mit dpa)

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