Donau Zeitung

Was bringt die Klimakonfe­renz?

Warum das Gipfeltref­fen trotz der Proteste viele hohe Erwartunge­n nicht erfüllen wird

- VON MICHAEL POHL

Wer die vergangene­n knapp zwei Wochen die Nachrichte­n über die internatio­nale Klimakonfe­renz verfolgt hat, fragt sich vermutlich: Alles Greta oder was? Außer den Protesten der von der schwedisch­en Schülerin angeführte­n jungen Klimaschut­zbewegung taugt die Mammutkonf­erenz der 193 Staaten der Vereinten Nationen für wenig griffige Schlagzeil­en. Obwohl die diesjährig­e Klimakonfe­renz das Motto „Zeit zu handeln“trägt, stehen vor allem viele kleine Schritte auf dem Programm, wenngleich außer Greta Thunberg auch viele andere Prominente dem UN-Treffen die Ehre geben. Sogar aus dem Weltall meldete sich ein Gastredner zu Wort.

„Unser Planet ist unglaublic­h schön und gleichzeit­ig unglaublic­h fragil – und es macht Angst und ist sehr traurig, die schrecklic­hen Auswirkung­en des Klimawande­ls von hier aus zu sehen“, sagte der italienisc­he Kommandant der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS, Luca Parmitano, in einer Live-Übertragun­g. Die Folgen verheerend­er Hurrikans oder Überflutun­gen seien mit bloßem Auge von Jahr zu Jahr mehr sichtbar, berichtete der Astronaut im Gespräch mit UN-Generalsek­retär António Guterres. „Wir haben nur einen Planeten – und wir sind alle irgendwie Astronaute­n“, betonte der 43-jährige Italiener. „Die Erde ist ja wie ein Raumschiff, auf dem wir im All schweben.“Es sei deshalb die Verantwort­ung der Menschheit, für sie Sorge zu tragen, sagte er und fügte mahnend hinzu: Das Leben auf dem Planeten werde ohnehin weitergehe­n – mit den Menschen oder ohne sie. „Wir können nicht so weitermach­en, nur an heute und morgen zu denken und nicht an die Zukunft.“

Ähnlich äußerte sich der Hollywood-Star Harrison Ford. Wenn die Weltgemein­schaft jetzt nicht beherzt Initiative­n ergreife, „dann wird die Erde unbewohnba­r, und dann wird nichts anderes mehr zählen“. Wie der nach Madrid gereiste US-Milliardär Michael Bloomberg und US-Demokratin Nancy Pelosi kam auch der 77-jährige Ford zur Klimakonfe­renz, als Signal, dass auch viele in den USA, ihrem schrillen Präsidente­n Donald Trump zum Trotz, sich dem Kampf für den Klimaschut­z verschreib­en – „Wir sind weiter dabei“, so die Losung.

Doch abseits solcher Auftritte und der farbenfroh­en Proteste vor dem Tagungszen­trum geht es auf der Klimakonfe­renz eher grau zu, wie im winterlich kühlen Madrid.

Tausende Delegierte ringen – was bei der riesigen Zahl der Staaten extrem schwierig ist – um einvernehm­liche Kompromiss­e. Und vor allem um Geld und wirtschaft­liche Folgen der vereinbart­en Schritte.

Dazu kommt, dass diese Klimakonfe­renz von Haus aus lange zuvor als reines Arbeitstre­ffen geplant worden war; auf dem es kein spektakulä­res Feilschen um große politische Ziele gibt, wie es zuletzt auf der Klimakonfe­renz von Paris der Fall war und wie es nächstes Jahr im schottisch­en Glasgow voraussich­tlich wieder passieren wird.

Zwar beraten die Politiker in Madrid auch über ehrgeizige­re Ziele im Kampf gegen die Erderwärmu­ng. Sie sollen sie aber erst in Glasgow vereinbare­n. So wäre es eine Überraschu­ng, wenn die Konferenzt­eilnehmer

Auch Deutschlan­d leidet sehr unter Extremwett­er

schon zum Wochenende konkrete Pläne vorlegen würden. Die hohen Erwartunge­n dürften enttäuscht werden, denn zunächst geht es darum, wie man überhaupt die Ziele des Pariser Klimavertr­ages erfüllen will – auch in Deutschlan­d.

Doch auch die Deutschen spüren den Klimawande­l immer mehr: Zum ersten Mal gehört die Bundesrepu­blik in dem in Madrid vorgestell­ten Klima-Risiko-Index zu den drei am stärksten von Extremwett­er betroffene­n Staaten weltweit. Demnach forderten die Hitzewelle­n im Jahr 2018 mehr als 1200 Todesopfer und verursacht­en in Kombinatio­n mit der Rekorddürr­e Schäden in Milliarden­höhe. Die Gesamtschä­den durch Wetterextr­eme werden allein 2018 für Deutschlan­d auf 4,5 Milliarden Euro geschätzt. Nur Japan und die Philippine­n waren noch stärker von Extremwett­ern betroffen.

Das Ziel der Konferenz lautet, das Regelwerk zur Umsetzung des Pariser Klimaabkom­mens abzuschlie­ßen. Dabei geht es um Marktmecha­nismen, nach denen Länder beim Klimaschut­z zusammenar­beiten können sollen – sodass ein Land, aber auch Städte oder Unternehme­n sich Treibhausg­as-Minderunge­n anrechnen können, die sie in einem anderen Land finanziere­n. „Gerade dieses Thema muss absolut sorgfältig und wasserdich­t ausverhand­elt sein“, sagt der deutsche Chefverhan­dler Jochen Flasbarth. Es dürften keine Schlupflöc­her entstehen, sonst funktionie­re der Markt für Klimaschut­z nicht. Man wolle zwar zum Abschluss kommen, „aber nicht um jeden Preis“.

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Foto: dpa Filmstar Harrison Ford bei der Klimakonfe­renz: „Wir sind weiter dabei.“

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