Was bringt die Klimakonferenz?
Warum das Gipfeltreffen trotz der Proteste viele hohe Erwartungen nicht erfüllen wird
Wer die vergangenen knapp zwei Wochen die Nachrichten über die internationale Klimakonferenz verfolgt hat, fragt sich vermutlich: Alles Greta oder was? Außer den Protesten der von der schwedischen Schülerin angeführten jungen Klimaschutzbewegung taugt die Mammutkonferenz der 193 Staaten der Vereinten Nationen für wenig griffige Schlagzeilen. Obwohl die diesjährige Klimakonferenz das Motto „Zeit zu handeln“trägt, stehen vor allem viele kleine Schritte auf dem Programm, wenngleich außer Greta Thunberg auch viele andere Prominente dem UN-Treffen die Ehre geben. Sogar aus dem Weltall meldete sich ein Gastredner zu Wort.
„Unser Planet ist unglaublich schön und gleichzeitig unglaublich fragil – und es macht Angst und ist sehr traurig, die schrecklichen Auswirkungen des Klimawandels von hier aus zu sehen“, sagte der italienische Kommandant der Internationalen Raumstation ISS, Luca Parmitano, in einer Live-Übertragung. Die Folgen verheerender Hurrikans oder Überflutungen seien mit bloßem Auge von Jahr zu Jahr mehr sichtbar, berichtete der Astronaut im Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres. „Wir haben nur einen Planeten – und wir sind alle irgendwie Astronauten“, betonte der 43-jährige Italiener. „Die Erde ist ja wie ein Raumschiff, auf dem wir im All schweben.“Es sei deshalb die Verantwortung der Menschheit, für sie Sorge zu tragen, sagte er und fügte mahnend hinzu: Das Leben auf dem Planeten werde ohnehin weitergehen – mit den Menschen oder ohne sie. „Wir können nicht so weitermachen, nur an heute und morgen zu denken und nicht an die Zukunft.“
Ähnlich äußerte sich der Hollywood-Star Harrison Ford. Wenn die Weltgemeinschaft jetzt nicht beherzt Initiativen ergreife, „dann wird die Erde unbewohnbar, und dann wird nichts anderes mehr zählen“. Wie der nach Madrid gereiste US-Milliardär Michael Bloomberg und US-Demokratin Nancy Pelosi kam auch der 77-jährige Ford zur Klimakonferenz, als Signal, dass auch viele in den USA, ihrem schrillen Präsidenten Donald Trump zum Trotz, sich dem Kampf für den Klimaschutz verschreiben – „Wir sind weiter dabei“, so die Losung.
Doch abseits solcher Auftritte und der farbenfrohen Proteste vor dem Tagungszentrum geht es auf der Klimakonferenz eher grau zu, wie im winterlich kühlen Madrid.
Tausende Delegierte ringen – was bei der riesigen Zahl der Staaten extrem schwierig ist – um einvernehmliche Kompromisse. Und vor allem um Geld und wirtschaftliche Folgen der vereinbarten Schritte.
Dazu kommt, dass diese Klimakonferenz von Haus aus lange zuvor als reines Arbeitstreffen geplant worden war; auf dem es kein spektakuläres Feilschen um große politische Ziele gibt, wie es zuletzt auf der Klimakonferenz von Paris der Fall war und wie es nächstes Jahr im schottischen Glasgow voraussichtlich wieder passieren wird.
Zwar beraten die Politiker in Madrid auch über ehrgeizigere Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung. Sie sollen sie aber erst in Glasgow vereinbaren. So wäre es eine Überraschung, wenn die Konferenzteilnehmer
Auch Deutschland leidet sehr unter Extremwetter
schon zum Wochenende konkrete Pläne vorlegen würden. Die hohen Erwartungen dürften enttäuscht werden, denn zunächst geht es darum, wie man überhaupt die Ziele des Pariser Klimavertrages erfüllen will – auch in Deutschland.
Doch auch die Deutschen spüren den Klimawandel immer mehr: Zum ersten Mal gehört die Bundesrepublik in dem in Madrid vorgestellten Klima-Risiko-Index zu den drei am stärksten von Extremwetter betroffenen Staaten weltweit. Demnach forderten die Hitzewellen im Jahr 2018 mehr als 1200 Todesopfer und verursachten in Kombination mit der Rekorddürre Schäden in Milliardenhöhe. Die Gesamtschäden durch Wetterextreme werden allein 2018 für Deutschland auf 4,5 Milliarden Euro geschätzt. Nur Japan und die Philippinen waren noch stärker von Extremwettern betroffen.
Das Ziel der Konferenz lautet, das Regelwerk zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens abzuschließen. Dabei geht es um Marktmechanismen, nach denen Länder beim Klimaschutz zusammenarbeiten können sollen – sodass ein Land, aber auch Städte oder Unternehmen sich Treibhausgas-Minderungen anrechnen können, die sie in einem anderen Land finanzieren. „Gerade dieses Thema muss absolut sorgfältig und wasserdicht ausverhandelt sein“, sagt der deutsche Chefverhandler Jochen Flasbarth. Es dürften keine Schlupflöcher entstehen, sonst funktioniere der Markt für Klimaschutz nicht. Man wolle zwar zum Abschluss kommen, „aber nicht um jeden Preis“.