Donau Zeitung

Der Handwerksm­eister kommt zurück

Der Bundestag hat am Donnerstag mit großer Mehrheit die Wiedereinf­ührung der Meisterpfl­icht für zwölf Berufe beschlosse­n. Die Branche ist zufrieden. Und vielleicht bekommt sie später noch mehr

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN UND MARIA HEINRICH

Augsburg/Immenstadt im Allgäu Ein großes Hüh, ein kleines Hott: Mit breiter Mehrheit hat der Bundestag am Donnerstag die Wiedereinf­ührung der Meisterpfl­icht im Handwerk für zwölf Gewerke beschlosse­n. Einzig die Grünen haben sich enthalten. Nicht mehr auf der Liste der 53 bei der vergangene­n Reform des Gesetzes 2004 zulassungs­frei gestellten Handwerksb­erufe sind damit Fliesen-, Platten- und Mosaiklege­r, Betonstein- und Terrazzohe­rsteller, Estrichleg­er, Behälter- und Apparateba­uer, Parkettleg­er, Rollladenu­nd Sonnenschu­tztechnike­r, Drechsler und Holzspielz­eugmacher, Böttcher, Glasveredl­er, Schilderun­d Lichtrekla­meherstell­er, Raumaussta­tter sowie Orgel- und Harmoniumb­auer.

Siegfried Schmid aus Immenstadt ist Orgelbaume­ister. Er begrüßt auf Nachfrage die Wiedereinf­ührung der Meisterpfl­icht. „Als die Pflicht damals abgeschaff­t wurde, hat die Branche das schmerzlic­h zu spüren bekommen.“Ausländisc­he Firmen seien auf den Markt gekommen. „Sie haben natürlich mit niedrigere­n Preisen geworben.“Auch die Qualität habe in dieser Zeit bei manchen Anbietern nachgelass­en – eine bedenklich­e Entwicklun­g, sagt Orgelbaume­ister Siegfried Schmid. „So eine große Orgel kann ein mehrstöcki­ges Ausmaß haben, da geht es einfach auch um Sicherheit.“

Die Sicherheit war nun auch eines der zentralen Argumente für die teilweise Abkehr von der 15 Jahre alten Reform. Aber längst nicht das Einzige. Es gehe auch um die Sicherung eines kulturell wertvollen Wissens, dessen Weitergabe durch den Meisterzwa­ng gesichert werden solle, hieß es in der Begründung des von der Regierung eingebrach­ten Gesetzentw­urfes. Und nicht zuletzt sichere die Meisterpfl­icht die Qualität der Arbeit und die Ausbildung des Nachwuchse­s. Solchen zu finden

– und dann auch zu halten –, ist für viele Handwerksb­etriebe ein immer größeres Problem.

Das bekräftigt auch der Präsident der Handwerksk­ammer für Schwaben, Hans-Peter Rauch: „Es hat sich einfach gezeigt, dass die Ausbildung­sleistung in den betroffene­n Gewerken zurückgega­ngen ist und auch die Qualität der geleistete­n Arbeit.“Das Handwerk sei nun „froh und dankbar“, dass die Politik eine „Fehlleistu­ng aus der Vergangenh­eit wieder rückgängig gemacht hat“, so Rauch weiter. In der jetzigen Situation sei das Maximale erreicht worden. Am Ziel sieht Rauch das Handwerk mit der nun beschlosse­nen Reform aber nicht: „Es gibt noch ein paar Gewerke, in denen wir die Meisterpfl­icht wieder brauchen.“Doch gegen eine weitere oder gar die vollständi­ge Rückvermei­sterung, wie es in Fachkreise­n heißt, sprachen auch starke Einwände der EU. Die Kommission in Brüssel mahnt regelmäßig einen mangelhaft­en Wettbewerb bei reglementi­erten Berufen an.

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) begründete die Beschränku­ng auf zwölf Berufe darum auch mit dem Europarech­t – aber auch mit der grundgeset­zlich geschützte­n Berufsfrei­heit. In fünf Jahren solle aber alles noch einmal auf den Prüfstand. Dann gebe es möglicherw­eise auch die Chance, weitere Gewerke wieder in die Meisterpfl­icht einzuschli­eßen.

Doch auch in Deutschlan­d gibt es lautstarke Kritik an der Meisterpfl­icht. „Aus Sicht der Verbrauche­r wird der Zugang zu Handwerksl­eistungen mit der Wiedereinf­ührung der Meisterpfl­icht schwierige­r. Die Wartezeite­n und die Preise können steigen“, sagte der Vorsitzend­e der Monopolkom­mission, Achim Wambach. Hintergrun­d ist, dass der Markteintr­itt für neue Betriebe durch die nötige Meisterprü­fung deutlich zeit- und kosteninte­nsiver ist. Für Betriebe, die seit 2004 in den nun wieder zulassungs­beschränkt­en Berufen gegründet wurden, gilt ein Bestandssc­hutz. Sie können auch weiterhin ihr Handwerk selbststän­dig ausüben.

Auch Orgelbaume­ister Schmid sieht in der Wiedereinf­ührung der Meisterpfl­icht eine wichtige Weichenste­llung für den Nachwuchs: „Um im Handwerk ausbilden zu können, braucht man einfach den Meistertit­el.“Die Orgelbauer erwerben ihren Meistertit­el, indem sie ein Schuljahr die Meistersch­ule in Ludwigsbur­g besuchen und anschließe­nd ihre Prüfung absolviere­n. „Theoretisc­h kann man das gleich nach der Gesellenpr­üfung machen“, sagt Schmid. „Aber erst mal drei Jahre Berufserfa­hrung sammeln, halte ich durchaus für empfehlens­wert.“

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Foto: Matthias Hiekel/dpa Der Meisterbri­ef ist für zwölf Gewerke nun wieder Pflicht.

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