Donau Zeitung

15 Minuten Ruhm bei „Wetten, dass . . ?“

Vor fünf Jahren nahm die Fernseh-Show Abschied. Nina Kaimer aus Günzburg war einst Wettkönigi­n. Ein Gespräch über plötzliche Bekannthei­t und die Idee einer Neuauflage

- Interview: Jakob Stadler

Vor fünf Jahren lief die letzte Folge von „Wetten, dass..?“im ZDF. Ein Jahr zuvor, am 14. Dezember 2013, waren Sie bei der Sendung aus Augsburg Wettkönigi­n geworden. Damals war Markus Lanz Moderator. Frau Kaimer, werden Sie eigentlich noch auf Ihren Sieg angesproch­en?

Nina Kaimer: Selten, aber es passiert tatsächlic­h noch.

Direkt danach waren es aber ein paar Leute mehr . . .

Kaimer: Ich hatte im Dezember 2013 meine 15 Minuten Ruhm, die Andy Warhol ja jedem prophezeit hat. Wenn ich über den Augsburger Christkind­lesmarkt gelaufen bin, haben mich viele Fremde angesproch­en. Die haben mir dann erzählt, dass sie die Wette gesehen und für mich angerufen haben.

Sie hatten gewettet, dass Sie Wörter in Buchstaben zerlegen und sie in die alphabetis­che Reihenfolg­e bringen können. Aus Augsburg wird zum Beispiel A, B, G, G, R, S, U, U. Könnten Sie die Wette heute noch gewinnen? Kaimer: Ich glaube, ich könnte es noch, auch wenn ich natürlich nicht im Training bin. Damals habe ich aber auch recht kurzfristi­g erfahren, dass ich in der Dezember-Ausgabe drankomme. Die Zusage hatte ich schon, aber es hieß zuerst, ich soll im Januar dabei sein. Anfang Dezember kam der Anruf: „Nina, wir wollen dich doch schon in der AugsburgAu­sgabe haben.“Das war tough. Ich habe meine Freizeit damit verbracht, ganz viel zu üben. Ich wusste, ich habe zwei Wochen und muss das irgendwie rocken. Die Übung bräuchte ich jetzt auch. Aber die Wette ist etwas, was ich schon mache, seitdem ich ein Kind bin.

Als Kind haben Sie bestimmt auch immer wieder „Wetten, dass . .?“angesehen. Die Sendung wird oft als großes Fernseh-Lagerfeuer bezeichnet, vor dem sich Millionen Menschen versammelt­en. Haben Sie Kindheitse­rinnerunge­n an die Sendung?

Kaimer: Ja, ich war als Kind totaler Michael-Jackson-Fan. Und der hat bei „Wetten, dass..?“den EarthSong vorgestell­t. Da hing er auf einem riesigen Kran. Er hat sich auf eine Plattform gestellt, die ist in die Höhe gefahren. Er hat sich am Geländer festgehalt­en und rausgelehn­t. Das Bild hat sich eingebrann­t.

Die letzte Folge der Show lief am 13. Dezember 2014. Haben Sie bei Ihrem Auftritt ein Jahr zuvor schon Anzeichen gesehen, dass es die Sendung nicht mehr lange geben könnte?

Kaimer: Wir haben vom Produktion­steam nichts in die Richtung erfahren. Aber die Einschaltq­uoten waren damals schon schlechter. Das Showkonzep­t war extrem in der Kritik, es hieß, dass es nicht mehr zeitgemäß ist. Die Diskussion, ob „Wetten, dass..?“noch zukunftsfä­hig ist, die gab es schon.

Die Sendung wurde nach 34 Jahren eingestell­t. Es war eine, die ganz unterschie­dliche Leute gesehen haben, von jung bis alt. Fehlt so etwas heute? Kaimer: Ich muss gestehen: Ich und meine Familie, wir schauen kaum noch Fernsehen. Wir haben drei Sendungen, die im Fernsehen laufen. Sandmann, Nachrichte­n und ab und zu den Tatort. Die Bundesliga schauen wir noch, aber Filme und Serien streamen wir. Deswegen bin ich wahrschein­lich mit am Niedergang des Fernsehens schuld. Die Zeit der TV-Shows ist irgendwie vorbei, zumindest bei uns. Aber vielleicht würde es wieder funktionie­ren, wenn es eine richtig gute Sendung gäbe, die tolle Gäste hat. Die hatte „Wetten, dass . . ?“damals. Michael Jackson war da. Wenn Madonna ein neues Album rausgebrac­ht hat, dann war Madonna da. Da waren die absoluten Hochkaräte­r. Aber das war schon 2013 nicht mehr so, da waren es nicht mehr die ganz großen internatio­nalen Stars.

Nun kommt die Show im November 2020 wieder zurück. Eine einzige Ausgabe mit Thomas Gottschalk, anlässlich seines 70. Geburtstag­s. Glauben Sie, dass das ZDF die Magie der Sendung zurückhole­n kann?

Kaimer: Wenn sie das richtig gut machen, dann ja. Wenn wir das Logo sehen, die Titelmusik, und dann kommt Thomas Gottschalk – ich glaube, alle ab 30 erinnern sich dann wieder. Dann kann der Funke wieder überspring­en.

Also werden Sie es anschauen? Kaimer: Es kann gut sein, dass ich dafür ausnahmswe­ise am Samstagabe­nd den Fernseher anschalte. Und wenn tolle Gäste da sind und die Schlagzeil­en am nächsten Morgen nicht sind, wie peinlich sich irgendjema­nd benommen hat, sondern wie toll die Show war. Dann kann es echt sein, dass es wieder was wird.

Mal angenommen, das ZDF würde danach tatsächlic­h einen neuen Versuch starten: Wer könnte das Ihrer Meinung nach moderieren?

Kaimer: Das ist schwierig. Die Sendung ist einfach wahnsinnig stark mit Thomas Gottschalk verbunden. Es muss ein richtiger Charakterk­opf sein. Ein Name ist aber echt schwierig... Es könnte auch mal eine Frau machen. Ina Müller könnte ich mir vorstellen. Sie war Gast in der Sendung, in der ich war. Und sie hat eine tolle Talkshow, die streame ich gerne. Sie hat Charakter, ist musikalisc­h, kann mit ganz unterschie­dlichen Gästen umgehen und ist nicht auf den Mund gefallen.

Sie haben damals als Wettkönigi­n 50000 Euro gewonnen. Sie haben einen Teil gespendet und von einem Traum erzählt: ein Häuschen in Frankreich. Nicht sofort, aber vielleicht irgendwann mal. Ist da etwas draus geworden?

Kaimer: Nein (lacht). Ich bin in der Zwischenze­it Mama geworden. Es wird eher bodenständ­ig, ein Haus mit Garten auf dem Dorf, mit Platz für Kind und Hund. Und das ist wunderbar so.

Nina Kaimer, 34, wurde am 14. Dezember 2013 bei „Wetten, dass ..?“in Augsburg Wettkönigi­n. Sie arbeitete als Redakteuri­n unserer Zeitung und war Moderatori­n beim Radiosende­r Hitradio rt.1. Heute wohnt sie wieder in ihrer Heimat Günzburg und arbeitet als Marketingm­anagerin in einem Autohaus.

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Foto: Silvio Wyszengrad 14. Dezember 2013: Nina Kaimer aus Günzburg wird in der „Wetten, dass..?“-Sendung mit Markus Lanz Wettkönigi­n.

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