Enkeltauglich
Nicht alles, was alltagstauglich ist, ist auch enkeltauglich. Das Dieselauto zum Beispiel, Plastikspielzeug, Kohleöfen und der alte Gefrierschrank. Zu gefährlich? Ja. Aber weniger, weil ein Kind überfahren werden, an Kleinteilen ersticken, sich verbrühen oder ins Eisfach klettern könnte. Sondern gefährlich und schädlich fürs Weltklima. Eine neue Bewegung geht durchs Land: In Kursen, die wie Selbsthilfegruppen aufgezogen sind, lernen immer mehr Menschen ein „enkeltaugliches Leben“.
Erwachsene werden ertüchtigt, der Umwelt der Zukunft ein guter Vorfahr zu sein, ein Urahn mit sanftem ökologischem Fußabdruck statt ein rücksichtsloser Trampel, der die Natur plattmacht. Anders ausgedrückt: Wenn Greta mal Oma und Uroma ist, soll die Menschheit noch einen Planeten bevölkern können, der was taugt.
Das Etikett „enkeltauglich“hat rasend schnell einen gesellschaftlichen Riesen-Fußabdruck hinterlassen. Fährtenleser stoßen auf ein „Bündnis für enkeltaugliche Landwirtschaft“oder ein „Manifest für enkeltaugliche Unternehmen“. Versuchte man früher, klimafreundlich, ressourcenschonend oder nachhaltig, jedenfalls irgendwie „bio“zu leben, so heißt das neue Mantra der Umweltbewussten: enkeltauglich. Auch zwei Generationen vorausschauend soll die Erde noch bewohnbar und „lebenstauglich“sein. Und zwar mit Tauglichkeitsgrad 1, ohne Einschränkungen.
Das großväterlich klingende Credo der Bewegung lautet: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“Ob in der Kolpingfamilie Berchtesgaden oder der Volkshochschule Rupertiwinkel: Überall versammeln sich der Zukunft verpflichtete Menschen unter Anleitung von zertifizierten „Spielleiterinnen und Spielleitern“zu Lernrunden, in denen sie „konkrete Schritte in Richtung ,Enkeltauglichkeit‘ setzen“. Enkeltauglich ist auch nur ein anderes Wort für das Wissen darum, dass wir die Erde von unseren Kindern nur geborgt haben. Und mit Ausgeliehenem, egal ob Buch, Bohrmaschine oder Erde, sollte man achtsam umgehen. Das ist gleichsam eine Art „Green Deal“.
Bislang war die Tauglichkeit eher praktisch gedacht. Ob ein Geschirr spülmaschinentauglich, ein Bollerwagen geländetauglich, ein Verteidiger bundesligatauglich und man selbst nach der Weihnachtsfeier noch fahrtauglich ist – solche Fragen, mit denen man im übrigen Enkel nicht behelligen wollte. Und jetzt, ihr letzten noch zögernden Klima-Taugenichtse: Geht in euch, stoßt den SUV ab und macht die Zukunft zu einem brauchbaren Ort.