Alte Meister, neu entdeckt?
Der spektakuläre DDR-Gemäldediebstahl von 1979 könnte bald aufgeklärt sein. In Berlin werden zurzeit fünf Bilder untersucht, die ein Anwalt diskret vermittelte
Gotha Nachdem in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass fünf hochkarätige Bilder, die vor 40 Jahren auf mysteriöse Weise aus der Sammlung von Schloss Friedenstein in Gotha gestohlen worden waren, wiederaufgetaucht sein könnten, prüfen Experten im Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen Berlin, ob es sich bei den Objekten tatsächlich um die einst gestohlenen Gemälde handelt. Die Ergebnisse der Echtheitsprüfung des möglichen Diebesguts aus einem der größten DDR-Kunstdiebstähle werden aber erst im kommenden Frühjahr erwartet. Dies erklärte der Sprecher der Stiftung Schloss Friedenstein, Marco Karthe. Es sei angedacht, das Resultat der aufwendigen Untersuchungen in einer gemeinsamen Aktion aller Beteiligten in Gotha oder Berlin vorzustellen.
Die Werke waren in der Nacht zum 14. Dezember 1979 verschwunden. Dabei handelt es sich um Arbeiten alter Meister: „Heilige Katharina“von Hans Holbein dem Älteren, „Brustbild eines jungen Mannes“von Frans Hals, „Landstraße mit Bauernwagen und Kühen“von Jan Brueghel dem Älteren, „Selbstbildnis mit Sonnenblume“von Anthonis van Dyck sowie „Alter Mann“von Jan Lievens. Über Jahre hinweg fehlte von den Bildern jede Spur.
2018 dann wurde die Stiftung Schloss Friedenstein nach eigenen Angaben von einer unbekannten Personengruppe über einen Anwalt mit der Aussage konfrontiert, sie sei im Besitz der Werke. Gothas Oberbürgermeister und damaliger Stiftungsratsvorsitzender Knut Kreuch (SPD) verhandelte, unterstützt durch die Ernst von Siemens
Kunststiftung, und erreichte eine Übergabe der Bilder Ende September 2019.
Im Zusammenhang mit dem Diebstahl ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft nach Angaben der Behörde gegen zwei Männer wegen versuchter Erpressung und Hehlerei. Die Verdächtigen stammten aus Heidelberg und Jena. „Unser Interesse ist nach wie vor eine gütliche Einigung“, sagt Stiftungssprecher Karthe mit Blick auf die anonymen zwischenzeitlichen Besitzer. Voraussetzung dafür sei natürlich, dass es sich bei den Bildern wirklich um das Diebesgut von 1979 handele.
Eben dies überprüfen nun die Experten in Berlin. Die Aufgabe koste Zeit, erklärt Karthe: „Es geht um fünf Bilder von fünf verschiedenen Künstlern aus fünf verschiedenen Epochen.“Der Stiftungssprecher weist darauf hin, dass unterschiedliche Methoden bei den Untersuchungen zum Einsatz kämen. Beispielsweise könne überprüft werden, ob das verwendete Material, etwa die Farbe, aus der Schaffenszeit stammt. Mit Röntgen- und Infrarottechnik könnten die Werke auf eventuelle Unterzeichnungen überprüft werden. Zu klären sei auch, ob es sich möglicherweise um zeitgenössische oder historische Kopien handle. Experten für die jeweiligen Maler seien eingebunden.
Sollten die Gemälde die Originale sein, sei das eine Sensation, betont Karthe: „In den ganzen 40 Jahren ist kein einziges Bild aufgetaucht und jetzt sind offenbar alle fünf wieder da.“Handle es sich um das Diebesgut, sei das Ziel, die Werke idealerweise im kommenden Jahr zurück nach Gotha zu holen und zu präsentieren.