Erkenntnisse aus schwarzen Löchern
Wenn Erscheinungen beobachtet werden, die es eigentlich nicht geben dürfte
Wieder mal lehren Schwarze Löcher Neues über das Universum.
Im ersten Fall hat ein internationales Team rund 15000 Lichtjahre tief in der Milchstraße ein unerwartet schweres schwarzes Loch aufgespürt: Das Objekt mit der Katalognummer LB-1 besitzt etwa 70 Mal so viel Masse wie unsere Sonne. Das ist mehr als das Doppelte der Obergrenze, die Astronomen bislang für sogenannte stellare schwarze Löcher angenommen haben, die aus einem sterbenden Stern entstehen. Das Team um Jifeng Liu von Chinas Akademie der Wissenschaften stellt seine überraschende Entdeckung in Nature vor.
Im Zentrum unserer Heimatgalaxie haust – wie in den meisten Galaxien – ein supermassereiches schwarzes Loch mit der millionenfachen Masse unserer Sonne. Zusätzlich enthält die Milchstraße Schätzungen zufolge rund 100 Millionen stellare schwarze Löcher. Sie entstehen, wenn ein sehr massereicher Stern am Ende seiner Existenz unter dem eigenen Gewicht zusammenstürzt, weil der Gegendruck durch die Kernfusion im Inneren versiegt. Dabei sollten Sterne mit der für unsere Galaxie typischen chemischen Zusammensetzung allerdings den größten Teil ihrer Masse in Form gewaltiger Sternwinde ins All blasen, bevor sie schließlich kollabieren. Derart massereiche Reste wie der jetzt beobachtete sollten nicht zurückbleiben. „Schwarze Löcher dieser Masse dürften gemäß der meisten aktuellen Modelle der Sternentwicklung in unserer Galaxie gar nicht existieren“, betont Liu in einer Mitteilung der Akademie. „LB-1 ist doppelt so massereich, wie wir für möglich gehalten haben. Nun müssen sich Theoretiker der Herausforderung stellen, seine Entstehung zu erklären.“
Im zweiten Fall entdeckten Forscher eine Galaxie mit drei supermassereichen Schwarzen Löchern im Kern. Sie besitzen je eine Masse von mehr als 90 Millionen Sonnen, wie das internationale Entdeckerteam
in berichtet. Die Beobachtung zeige, dass die größten Galaxien im Universum durch das gleichzeitige Verschmelzen mehrerer kleinerer Galaxien entstanden sein könnten, teilten die führend beteiligten Universität in Göttingen und Potsdam mit.
Die Beobachtung in der Galaxie NGC 6240 könnte Astronomen aus einem Dilemma helfen. Denn nach den gängigen Vorstellungen von der Galaxienentwicklung ist das Universum für die Entstehung der größten Galaxien eigentlich noch gar nicht alt genug. „Wenn es jedoch auch zu simultanen Verschmelzungsprozessen mehrerer Galaxien kam, konnten sich die größten Galaxien mit ihren zentralen supermassereichen schwarzen Löchern wesentlich schneller entwickeln“, so die Forscher. „Unsere Beobachtungen liefern den ersten Hinweis auf dieses Szenario.“Im Fall von NGC 6240 ist die Verschmelzung der Galaxien noch nicht abgeschlossen, und auch die zentralen schwarzen Löcher werden sich in wenigen Millionen Jahren vereinen und dabei starke Gravitationswellen erzeugen.