Donau Zeitung

Klimaschut­z? Mal wieder vertagt

Staaten können sich nach zähem Ringen nur auf Minimal-Kompromiss einigen

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Madrid Das Jahr der großen Klimaprote­ste endet mit einer bitteren Enttäuschu­ng für Fridays for Future: Zwar einigten sich die knapp 200 Länder beim Klimagipfe­l in Spanien nach Marathonve­rhandlunge­n und einer Rekordverl­ängerung von mehr als 40 Stunden auf eine gemeinsame Abschlusse­rklärung – selbst das war lange unklar. Sie wurde aber am Sonntag von den übermüdete­n Klimadiplo­maten mit sehr spärlichem Applaus begrüßt. Andere Einigungen, die wichtig gewesen wären, wurden vertagt. Entspreche­nd groß ist der Frust. Aber er war absehbar. Denn in Madrid sind zwei Welten aufeinande­rgeprallt: die Welt der Klimaschut­zbewegung, die zu rigorosem Handeln aufruft. Und die Welt der Staaten, die sich selbst nicht einig sind und um winzige Formulieru­ngen ringen. Unter ihnen sind zudem Präsidente­n wie der Amerikaner Donald Trump oder der Brasiliane­r Jair Bolsonaro, bei denen die Klimapolit­ik im unteren Teil der Agenda angesiedel­t ist.

Alden Meyer von der „Union of Concerned Scientists“– der Vereinigun­g besorgter Wissenscha­ftler – ist seit dem Start der Klimaverha­ndlungen 1991 dabei. Er sagt: „Ich habe noch nie so eine fast komplette Trennung gesehen zwischen dem, was Wissenscha­ft und die Menschen verlangen, und dem, was die Klimaverha­ndler an Sinnvollem liefern.“Auch Umweltverb­ände und Entwicklun­gshelfer reagierten tief enttäuscht. Einige Staaten, allen voran Brasilien, Australien, Saudi-Arabien und die USA, hätten immer wieder Entscheidu­ngen blockiert.

Entspreche­nd dünn war der Kompromiss, der erzielt wurde. Beim wichtigste­n Punkt, dem Handel mit Klimaschut­z-Gutschrift­en, erzielten die Teilnehmer gar keine Einigung. Die Idee: Wenn ein Land seine Ziele beim Einsparen klimaschäd­licher Treibhausg­ase übererfüll­t, soll es Gutschrift­en verkaufen können. Worauf sich das Plenum verständig­te: Alle knapp 200 Staaten wurden an ihre Zusage erinnert, im nächsten Jahr ihre Klimaschut­zziele für 2030 möglichst zu verschärfe­n. Hingewiese­n wird dabei auf die „wachsende Dringlichk­eit“und die „bedeutende Lücke“, die bisher zwischen den Zusagen und dem eigentlich Notwendige­n beim CO2-Sparen besteht. Dauerthema war außerdem die Finanzhilf­e für ärmere Länder, die die Folgen des Klimawande­ls bereits deutlich spüren. Künftig könnte es die Möglichkei­t geben, dass diese Staaten auch Geld aus dem Green Climate Fund (GCF) bekommen. Dieser Geldtopf, in den auch Deutschlan­d einzahlt, ist bisher grundsätzl­ich dafür da, Treibhausg­as-Minderung und die Anpassung an den Klimawande­l zu finanziere­n, nicht aber Schadeners­atz zu leisten.

Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze äußerte sich unzufriede­n über die Ergebnisse der Weltklimak­onferenz in Madrid. „Das waren harte Verhandlun­gen in Madrid. Leider werden die Ergebnisse den dringend nötigen Fortschrit­ten beim Klimaschut­z nicht gerecht“, erklärte sie. Schulze war wie viele Regierungs­vertreter am Schlusstag der Klimakonfe­renz bereits abgereist. Sie warnte davor, dass die Bremser nicht den Takt vorgeben dürften. „Europa wird 2020 mit gutem Beispiel vorangehen. Wir Europäer sind die erste große Volkswirts­chaft, die ihre Klimaschut­zzusage im nächsten Jahr deutlich anheben wird.“Der nächste UN-Klimagipfe­l findet im November 2020 in Glasgow statt.

Schon jetzt hat sich die Erde nach Befunden des Weltklimar­ats um rund ein Grad aufgeheizt. Die vergangene­n vier Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufz­eichnungen. Geht es weiter wie bisher, läge der Temperatur­anstieg Ende des Jahrhunder­ts bei 3,4 bis 3,9 Grad. Angestrebt werden aber maximal 1,5 Grad.

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