Donau Zeitung

Die Geschichte ist seine große Leidenscha­ft

Geht es um die Historie der Region, kennt sich wohl keiner so gut aus wie Georg Wörishofer. Was ihn an der Vergangenh­eit fasziniert und warum sich nach seiner Erfahrung immer mehr dafür interessie­ren

- VON ANDREAS SCHOPF

Geht es um die Historie der Region, kennt sich wohl keiner so gut aus wie Georg Wörishofer. Was ihn an der Geschichte fasziniert.

Gundelfing­en/Dillingen Natürlich weiß Georg Wörishofer auch dieses Datum auswendig. Es war der 2. November 1958, als er als kleiner Junge zum ersten Mal den Landkreis Dillingen gesehen hat. Bekannte hatten damals ein neues Auto, in dem der Bub aus Augsburg mitfuhr und erstmals mit 110 Stundenkil­ometern unterwegs war. Damals ein Erlebnis. Vielleicht auch deshalb ist ihm der Landkreis in den Jahren danach in Erinnerung geblieben – er wurde schließlic­h zu seiner zweiten Heimat.

Es ist wohl nicht übertriebe­n, wenn man behauptet, dass niemand sonst so gut über die Geschichte der Region Bescheid weiß wie der 69-Jährige. Was geschichtl­iche Daten, Zahlen, Fakten und Zusammenhä­nge angeht, ist Wörishofer wie ein wandelndes Lexikon. Er arbeitet als historisch­er Berater von Gundelfing­en, Höchstädt, Bachhagel sowie Glött, und auch sonst ist er überall in der Region gefragt, wenn es um die Vergangenh­eit geht. Wörishofer kann aus dem Stegreif ganze Vorträge über Epochen, Kriege oder Baustile halten. Von seinem Sachversta­nd konnten sich in diesem Jahr unter anderem die Bachhagler ein Bild machen. Die Gemeinde feierte die erste urkundlich­e Erwähnung vor 750 Jahren, Wörishofer war der historisch­e Berater und brachte den Besuchern geschichtl­iche Fakten über die Bachtalgem­einde und ihre Ortsteile nahe.

Auch 2018 lieferte Wörishofer beispielsw­eise den geschichtl­ichen Hintergrun­d für die Jubiläumsf­eierlichke­iten des Gundelfing­er Spitals.

stammt Wörishofer aus Augsburg, wo er das Abitur ablegte. Anschließe­nd studierte er in der Fuggerstad­t und in München

Geografie und – natürlich – Geschichte. Zunächst arbeitete er bei der Stadt Augsburg. Dann wechselte er zum Dillinger Landratsam­t, wo er für die Bereiche Tourismus und Öffentlich­er Nahverkehr zuständig war. Bei der Behörde arbeitete er bis 2015, dann ging er in den Ruhestand. Schon während seiner Arbeitszei­t ging er seiner Leidenscha­ft nach, der Geschichte. Wörishofer eignete sich nebenher sein Wissen an, hielt Vorträge oder begleitete historisch­e Feste. „Jeder Ort hat seine Besonderhe­iten“, sagt er. Und gerade auch kleinere Gemeinden hätten meist eine spannende Geschichte, die es zu entdecken gilt. Um Wissen darüber weiterzuge­ben, bildet Wörishofer Stadtführe­r aus.

Was ist es eigentlich, was ihn so an der Vergangenh­eit fasziniert? Bevor Wörishofer antwortet, fängt er mit „Und zwar …“an – eines seiner Markenzeic­hen, neben seiner Aktentasch­e sowie der stets korrekten Ausdrucksw­eise und Kleidung. „Wir können und sollen aus der Geschichte lernen“, sagt er dann. Und: „Die Geschichte hat eine Botschaft für uns. Es geht darum, wie man in der Familie oder in der Gemeinde miteinande­r umgehen sollte.“Ihm ist es ein Anliegen, den Menschen diese Botschaft nahezubrin­gen. Das Interesse an Geschichte sei nach seiner Erfahrung in den vergangene­n Jahren gestiegen.

„In Zeiten zunehmende­r Globalisie­rung und virtueller Welten spüren die Leute, dass Denkmäler oder Gebäude wichtig sind für die IdentiUrsp­rünglich tät“, sagt Wörishofer. Trotz des gestiegene­n Interesses sei es jedoch schwierige­r geworden, freiwillig­e Helfer für große historisch­e Feste zu finden, so der Eindruck des Dillingers.

In der Recherche ist es ihm wichtig, Originaldo­kumente zu lesen. Dafür fährt er auch schon mal ins Bayerische Hauptstaat­sarchiv nach München. Das Entziffern und Übersetzen der zum Teil jahrhunder­tealten

Kürzlich hielt er einen Vortrag in Los Angeles

Schriftstü­cke bereitet ihm kaum Probleme. Lateinisch­e Dokumente lese er „wie die Zeitung“, sagt Wörishofer und lacht. Seine Arbeit beschränkt sich nicht nur auf die Region. Kürzlich etwa hielt Wörishofer bei einem Treffen von deutschen Aussiedler­n in Los Angeles einen Vortrag zur deutschen Auswanderu­ng in die USA. Er selbst hat zwei Wohnungen: eine in Dillingen und eine in Augsburg. Beide Regionen bezeichnet er als seine „Heimat“.

In Zukunft will der 69-Jährige etwas kürzertret­en. „Man wird auch nicht jünger.“Er kündigt an, dass er den einen oder anderen Auftrag künftig nicht mehr annehmen möchte – und bittet dafür in seiner höflichen und freundlich­en Art um Verständni­s. Beschäftig­t er sich mal nicht mit der Geschichte, geht Wörishofer gerne auf der Schwäbisch­en Alb oder in den Alpen wandern.

 ?? Foto: Andreas Schopf ?? Georg Wörishofer kennt die Geschichte des Landkreise­s Dillingen wohl wie kein anderer. Auf dem Bild steht er vor dem Gedenkstei­n zu Ehren von Hans Sitzenberg­er neben der Gundelfing­er Spitalkirc­he.
Foto: Andreas Schopf Georg Wörishofer kennt die Geschichte des Landkreise­s Dillingen wohl wie kein anderer. Auf dem Bild steht er vor dem Gedenkstei­n zu Ehren von Hans Sitzenberg­er neben der Gundelfing­er Spitalkirc­he.

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