Donau Zeitung

Greta und die Deutsche Bahn

Klima-Aktivistin sitzt längere Zeit am Boden

- VON STEFAN STAHL

Augsburg Das Bild auf Twitter scheint eine eindeutige Sprache zu sprechen, für Fahrgäste der Bahn ohnehin: Die Klima-Aktivistin Greta Thunberg sitzt auf ihrer Rückreise von der Klimakonfe­renz in Madrid in die schwedisch­e Heimat unverkennb­ar in einem deutschen Zug – und zwar nicht entspannt auf einem regulären Platz, sondern auf dem Boden hinter den Toiletten in einem Durchgangs­bereich. Sofort kommt Mitleid mit der 16-Jährigen auf, hat sie doch viel Gepäck dabei, eben mehrere Koffer, zwei Rucksäcke und einen Jutebeutel.

Zumindest wirkt die junge Heldin nicht hungrig, wie eine kleine gelbe und offensicht­lich leere Pappschach­tel neben ihren Füßen verrät. Versonnen und ein wenig müde schaut Greta Thunberg aus dem Fenster in der Zugtür. Hinter der Reisenden hängt ein Plakat, auf dem das Wort „Komfort“auftaucht. All das könnte ein klares Bild zum Nachteil der Bahn ergeben. Und Greta Thunberg schreibt auf Twitter: „Auf Reisen in überfüllte­n Zügen durch Deutschlan­d. Und nun bin ich auf dem Weg nach Hause.“

Musste die Klimaschüt­zerin also wirklich auf ihrer ganzen Zugfahrt durch Deutschlan­d auf dem Boden kauern, wie das anderen Gästen der Bahn schon mal widerfährt? Nachdem das Greta-Bild in einem deutschen Zug im Netz schnell mit allerlei Häme gegen den Konzern kommentier­t wird, fühlt sich die Bahn zu einer Reaktion bemüßigt: „Liebe Greta, danke, dass Du uns Eisenbahne­r im Kampf gegen den Klimawande­l unterstütz­t! Wir haben uns gefreut, dass Du am Samstag mit uns im ICE 74 unterwegs warst.“Nun folgt aber ein durchaus belehrende­r Satz der Bahn-Verantwort­lichen an die prominente ICE-Reisende: „Noch schöner wäre es gewesen, wenn Du zusätzlich auch berichtet hättest, wie freundlich und kompetent Du von unserem Team an Deinem Sitzplatz in der Ersten Klasse betreut worden bist.“

Die Verwirrung ist groß: Was hat es mit dem Twitter-Bild von Greta Thunberg auf sich? Saß sie auf dem Boden oder doch bequem und umsorgt in der Ersten Klasse?

Wie immer lohnt Recherche, ehe voller Häme losgetwitt­ert wird. Eine Nachfrage bei der Bahn ergibt: Zumindest zwischen Kassel und Hamburg habe sich das Idol vieler Klimaschüt­zer nicht mit einem Lager auf dem Teppich im Durchgangs­bereich begnügen müssen, sondern konnte wirklich erstklassi­g sitzen. Doch zur Wahrheit gehört eben auch: Wie im ganz normalen Bahnleben lief am Samstag für die Fahrgäste nicht alles glatt. So fiel Greta Thunbergs Zug von Basel Richtung Deutschlan­d aus. Sie musste daher umdisponie­ren und in zwei verschiede­nen nachfolgen­den Zügen so lange mit Bodenplätz­en vorliebneh­men, bis doch ein Platz in der Ersten Klasse zur Verfügung stand. Das alles machte Greta Thunberg nach eigenem Bekunden nichts aus. Die Klimaschüt­zerin freute sich sogar über die überfüllte­n Züge. Schließlic­h fährt die Deutsche Bahn mit 100 Prozent Ökostrom.

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Foto: Twitter Klima-Aktivistin Thunberg sitzt am Boden eines deutschen Zugs.

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